Mord im Tiergarten: "Wir haben tiefes Verständnis für ihn"
Klaus Rasch, der Mann der ermordeten Kunsthistorikerin Susanne Fontaine, hat die Polizei kritisiert. Nun rechtfertigen sich die Behörden.
Es sind schwere Vorwürfe. In einem Interview mit dem Tagesspiegel hat der Ehemann der ermordeten Kunsthistorikerin Susanne Fontaine, Klaus Rasch, kürzlich die Berliner Polizei scharf kritisiert. Fontaine war am 5. September im Tiergarten überfallen und ermordet worden, als sie abends auf dem Heimweg vom Restaurant „Schleusenkrug“ zum Bahnhof Zoo war. Ihre Leiche wurde drei Tage später in einem Gebüsch neben dem Weg gefunden, nachdem die Polizei vorher erfolglos das Gebiet durchsucht hatte. Als mutmaßlicher Täter wurde der 18-jährige Ilyas A. aus Tschetschenien ermittelt. Er sitzt derzeit in Untersuchungshaft. Rasch hatte sowohl die Kommunikation der Beamten als auch den Ablauf der Ermittlungen kritisiert. Einer seiner Hauptvorwürfe ist, dass die Leiche seiner Frau erst drei Tage nach ihrem Verschwinden zufällig von einem Passanten gefunden wurde, obwohl die Polizei in den Tagen zuvor mit Hunden das Gebiet durchkämmt hatte.
Warum Susanne Fontaine trotz der intensiven Suche so spät gefunden wurde, vermag auch Polizeisprecher Thomas Neuendorf nicht zu sagen. „Noch am Tag der Vermisstmeldung wurden Maßnahmen eingeleitet. Wir haben das Gebiet auch unter Einsatz der Wasserschutzpolizei intensiv abgesucht“, sagt Neuendorf. Außerdem seien Suchhunde vom Deutschen Roten Kreuz angefordert worden. Dabei habe es sich allerdings um sogenannte Mantrailer gehandelt. Diese Hunde sind spezialisiert auf die Suche nach lebenden Personen. „Unser Fokus war das Auffinden einer vermissten lebenden Person, das war unsere erste Priorität“, sagt Neuendorf. Dabei hätte durchaus die Option bestanden, auch Leichenspürhunde einzusetzen. Davon machte die Polizei aus unerfindlichen Gründen jedoch auch im weiteren Verlauf keinen Gebrauch, sodass schließlich ein Passant die Leiche fand.
Mangelnde Empathie für Angehörige?
Außerdem äußerte Rasch, dass er sich bei der Kriminalpolizei schlecht aufgehoben und nicht ernst genommen gefühlt habe. So prangerte er etwa mangelnde Empathie für ihn als Angehörigen an. Als er etwa am Morgen, nachdem seine Frau verschwunden war, diese als vermisst meldete, habe man ihn nach seinen Angaben für einen Kontrollfreak gehalten. „Als Betroffener in so einer Situation ist man kritischer und bewertet die notwendige Ermittlungsarbeit unter Umständen als persönlichen Angriff“, sagt Neuendorf. So seien Klaus Rasch vermutlich Fragen nach der Qualität seiner Beziehung gestellt worden, ob seine Frau eine Affäre haben könnte oder ob sie depressiv sei. „Solche Fragen erscheinen natürlich im Nachhinein zynisch, aber beim Verschwinden einer erwachsenen Person sind sie Teil der normalen Ermittlungsarbeit“, erklärt Neuendorf. Natürlich kommt es gerade in solchen Extremsituationen für Angehörige wesentlich auf die Art der Kommunikation an. Ein psychologisches Training für den Umgang mit Angehörigen gebe es laut Neuendorf bei der Berliner Polizei allerdings nicht: „Die Beamten können sich bei Bedarf an Polizeipsychologen wenden.“ Auch religiöser Beistand könne hinzugezogen werden. „Das meiste lässt sich aber mit dem Erfahrungswissen der Polizisten regeln“, so der Sprecher. Auf Nachfrage erklärte er, eine entsprechende psychologische Ausbildung der Beamten sei auch in Zukunft seines Wissens nicht geplant.
Fragen bleiben offen
Klaus Rasch habe laut eigener Aussage vom Fund der Leiche seiner Frau erst aus den Medien erfahren. Laut Polizei sei die Mordkommission am 8. September um 14.30 Uhr am Fundort gewesen. Noch während der Tatortarbeit seien dann zwei Beamte mit persönlichen Gegenständen zu Rasch geschickt worden, damit dieser sie identifizieren könne. Um 15.25 Uhr haben die Polizisten Rasch angetroffen und ihn vom Fund unterrichtet. „Da der Fall in den Medien sehr präsent war, kann man nicht ausschließen, dass die Medien aus der Anwesenheit der Beamten am Fundort ihr Schlüsse gezogen und die Information veröffentlicht haben. Aber wir haben unsererseits sofort alles getan, um Herrn Rasch die Nachricht zu überbringen“, so Neuendorf. Im gesamten Verlauf der Ermittlungen habe die Mordkommission Rasch über die wichtigsten Schritte informiert, jedoch könne nicht jedes Detail aus dem Ermittlungsverfahren zugänglich gemacht werden. Trotzdem verstehe Neuendorf die Betroffenheit von Klaus Rasch sehr gut: „Wir haben tiefes Verständnis für ihn. Unbefriedigend ist, dass wir Frau Fontaine nicht gefunden haben“, ansonsten gebe es am Vorgehen der Polizei aber nichts auszusetzen. Hätte Susanne Fontaine durch den Einsatz von Leichenspürhunden eher gefunden werden können? Ist eine psychologische Ausbildung der Beamten im Umgang mit Angehörigen nicht längst überfällig? Nach der Erklärung der Polizei dürften nicht nur für Klaus Rasch einige Fragen offen bleiben.
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