Muslime und Flüchtlinge in Berlin: Willkommenskultur mit Hürden
Die Sehitlik-Moschee liegt neben den Hangars des ehemaligen Flughafens Tempelhof und kümmert sich um Flüchtlinge. Doch dabei gibt es ein paar Herausforderungen.
Die Stimme des Imams dröhnt aus den Lautsprechern der Moschee, sie ist bis ins Büro von Ender Cetin zu hören. „Das ist die Predigt des Freitagsgebets“, sagt Cetin, „heute geht es um Frömmigkeit.“ Ansonsten geht es in der DITIB-Sehitlik-Moschee in Neukölln in letzter Zeit bei den religiösen Ansprachen vor allem um Willkommenskultur, um die Möglichkeiten, als Muslim in Deutschland zufrieden und friedlich zu leben. Cetin, der Vorsitzende des Moscheevereins, legt großen Wert darauf. Denn viele der Zuhörer wohnen nur ein paar Meter weiter. In den Hangars des Tempelhofer Felds leben rund 2000 Flüchtlinge.
Die Sehitlik-Moschee, sagt Cetin, fühle sich verpflichtet, diesen Menschen nicht bloß eine religiöse Heimat anzubieten, sie will auch ihre Integration fördern. Und sie erzählt den Flüchtlingen, nicht bloß in Predigten, auch in Gesprächskreisen in der Moschee, dass Religionsfreiheit Teil des Lebens in diesem Land ist.
Das ist in einigen Fällen dringend nötig. Es gibt Muslime, die andere Flüchtlinge, die etwa zum Christentum konvertiert sind, bedrohen und beleidigen. Cetin kennt solche Fälle noch nicht persönlich, aber drei-, vier Mal haben sich Heimleiter hilfesuchend an ihn gewandt. Sie wollten Rat von ihm, sie suchten Antworten auf die Frage, wie sie diese Probleme in den Griff bekommen können. Cetin hat dann Ratschläge gegeben. „Ich habe gesagt, dass der Koran betont, dass jeder seinen Glauben selber bestimmen kann.“ Es ist die Aussage eines Vereinsvorsitzenden einer Moschee. Cetin hofft, dass seine Worte dadurch Gewicht erhalten und er betroffene Muslime beeindruckt hat. Ob seine Worte Autorität entfaltet und Wirkung gezeigt haben, weiß er nicht. Rückmeldungen hat er nicht erhalten.
„Wir helfen dann Menschen, die wegen ihres Glaubens gemobbt werden"
Aber die Moschee ist auch selber zum Vermitteln bereit. „Wenn uns ein Heimleiter ruft, kommen wir“, sagt Cetin. „Wir helfen dann Menschen, die wegen ihres Glaubens gemobbt werden. Wir zeigen, wir stehen hinter dir.“ Bis jetzt allerdings gab es so einen Einsatz nicht.
Cetin schätzt, dass nur 100 Flüchtlinge aus den Hangars regelmäßig zur Moschee kommen. Die Gemeinde ist als tolerant und liberal bekannt. Es ist keine arabische Moschee, gepredigt wird vor allem auf Türkisch und Deutsch. Durch die Tür dringt immer noch die Stimme des Imams, er redet türkisch. Inzwischen aber werden Predigten auch auf Arabisch gehalten. In den Hangars gibt es es keinen Gebetsraum, nur eine Art Ort der Stille.
Die Moschee hat in den Hangars auch einen speziellen Gesprächskreis organisiert, für Frauen und Kinder vom Tempelhofer Feld. Der Heimleiter hatte Cetin darum gebeten, „weil er an diese Personen nicht herankam“. Aber Gülhanem Cerkes kam an sie heran. Sie ist im Vorstand des Vereins für Flüchtlingsfragen zuständig, sie moderierte einen Gesprächskreis mit Frauen und Kindern. Cetin tippt auf seinem Smartphone, dann zeigt er Bilder von dem Treffen. Gülhanem Cerkes, stehend, umringt von Erwachsenen und Kindern. Die Menschen erzählten aus ihrem Leben „Es war ein Treffen zum Kennenlernen“, sagt Cetin. Cerkes ist einmal pro Woche in den Hangars, ehrenamtlich. „Wenn wir eine finanzielle Unterstützung bekommen würden, könnte sie dreimal pro Woche rüber gehen“, sagt Cetin.
Aber jetzt will er sich erst mal um die Leute kümmern, die rüberkommen, von den Hangars zur Moschee. Unerwartet viele Afghanen tauchen seit einiger Zeit auf. Cetin möchte auch sie willkommen heißen, mit Predigten in ihrer Heimatsprache. Die Idee hat bloß einen kleinen Haken. „Es ist sehr schwer, dafür Dolmetscher zu finden.“