Beispiel aus Marzahn-Hellersdorf: Wie in Berlin Schulbauprojekte blockiert werden
Berlin muss dringend Schulen bauen. Der aktuelle Fall der Fuchsberg-Schule in Biesdorf zeigt, was alles schief gehen kann.
Für einen vermasselten Start ins Schuljahr möchte keiner verantwortlich sein – schon gar nicht, wenn es um eine Grundschule mit 500 Plätzen geht, die seit 26 Jahren im Provisorium haust. Das könnte der Grund für die harsche Ansage von Senatsbaudirektorin Regula Lüscher an das Bezirksamt Marzahn-Hellersdorfs sein: Sollte es nicht „unverzüglich“ die fehlenden 1,8 Millionen Euro für die Schule am Fuchsberg bereitstellen, „muss die Baumaßnahme eingestellt werden“, warnte Lüscher nach Tagesspiegel-Informationen vor wenigen Tagen. Es könnten „Aufträge nicht gebucht, Rechnungen zum Teil nicht beglichen werden“. Das ist aber nicht alles.
Die Senatsbaudirektorin schlägt nach Kritik zurück
Im selben Schreiben, das dem Tagesspiegel vorliegt, weist Lüscher, deren Behörde im konkreten Fall Bauherr ist, die Verantwortung für die vom Bezirk beklagte Bauverzögerung dem Bezirk selbst zu, denn der habe 2017 plötzlich eine neue Küchenplanung mit „gravierendem Eingriff in die bereits vorhandene Bausubstanz“ gefordert. Darin liege der Hauptgrund für die Verzögerung und dafür, dass die neue Schule erst am 13. August fertig werde. Somit werde die Zeit für den Umzug zum Schuljahresbeginn am 20. August „knapp“: Die gesamte Schule muss aus den alten mobilen Unterrichtsräumen vom Standort am Fuchsberg in Biesdorf-Süd zur Straße am Habichtshorst verlagert werden.
Der harsche Ton ist umso überraschender, als Lüschers Behörde der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung untersteht. Die ist mit Katrin Lompscher von den Linken geführt – ebenso wie der Bezirk Marzahn-Hellersdorf mit Bürgermeisterin Dagmar Pohle, die für die Finanzen zuständig ist und damit auch für die fehlenden Gelder auf der Fuchsberg-Baustelle.
Die CDU fordert in Zukunft "bessere Absprachen"
Hingegen geht die zu spät geänderte Küchenplanung ausgerechnet auf das Konto des Schulamts von Bildungsstadtrat Gordon Lemm (SPD), der sich vor drei Wochen öffentlich darüber beklagt hatte, dass Lompschers Behörde die pünktliche Fertigstellung der Biesdorfer Schule abgesagt hatte.
Überraschend ist aber nicht nur der Ton, sondern auch die Tatsache, dass Lüscher ihre Schuldzuweisungen nicht intern platziert, sondern in einem Brief an einen Oppositionspolitiker und zwar an den Biesdorfer Abgeordneten Christian Gräff (CDU). Der hatte Lüscher um Aufklärung gebeten. Und die wurde geliefert – ohne Rücksicht auf Parteizugehörigkeiten.
Gräff ist „alarmiert“ darüber, dass es bereits jetzt zwischen Senat und Bezirken zu solchen Reibungsverlusten kommt – obwohl das ganz große Bauen im Schulbereich noch gar nicht angefangen hat. „Was soll erst werden, wenn es richtig losgeht und zudem in ein paar Jahren 40 Prozent der jetzigen Mitarbeiter im Ruhestand sind und der Nachwuchs fehlt“, fragt Gräff. „Ohne bessere Absprachen und radikale Aufgabenkritik“ werde es nicht möglich sein, die Herausforderungen zu stemmen, mahnt er, wobei ihm als ehemaligem Wirtschafts- und Baustadtrat beim Thema „Aufgabenkritik“ zuerst die Grünflächenämter einfallen.
Stadtrat übernimmt "einen Teil der Verantwortung"
Für die Fuchsberg-Schule kann aber noch alles gut werden: Am Dienstag teilte Lompschers Behörde auf Anfrage mit, „dass die erforderlichen Mittel vom Bezirk freigegeben wurden“. Auch Lemm meldete sich. Die Einwände bei der Küchenplanung habe mit neuen Standards der Bildungsverwaltung zu tun gehabt, deren rasche Umsetzung zumindest geprüft werden sollte, so Lemm. Dass dieser Prozess zu einer sechswöchigen Verzögerung geführt haben soll, nehme er zur Kenntnis, aber er fügt noch an, dass er sich dies "ehrlich gesagt nicht erklären kann".
Abgesehen davon laute aber die Erfahrung aus dem Ablauf, so Lemm, dass alle Anfragen und Anforderungen an bauende Ämter, die auch nur potenziell zu Verzögerungen im Bauablauf führen könnten, zukünftig von mir genehmigt werden müssen“. Da dies bislang nicht festgelegt war, wollte er „an dieser Stelle auch einen Teil der Verantwortung mit übernehmen“. Im Übrigen gebe es ein „sehr kollegiales und produktives Verhältnis“ zu Lompschers Verwaltung.
Fertigstellung sollte schon 2017 erfolgen
Eine Debatte über Schuldzuweisungen sei für die zukünftige Zusammenarbeit nicht sinnvoll „und vor allem hilft das weder Schülern noch Schule“, betonte Lemm gegenüber dem Tagesspiegel.
Dass der Ton auf beiden Seiten zunehmend gereizt wird, hat möglicherweise nicht nur damit zu tun, dass die vielen Bauvorhaben die Ämter überfordern, sondern auch damit, dass bei der Fuchsberg-Grundsteinlegung im Juli 2016 die Fertigstellung bereits für 2017 angekündigt worden war.