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Das Rohmaterial für Fleischersatz von Mushlabs: Pilze
© Philotheus Nisch

Mushlabs: Wie ein Berliner Unternehmen Fleischersatz aus Pilzen züchtet

Die Ökobilanz von Fleisch ist katastrophal. Das Start-up Mushlabs arbeitet an einer Alternative.

Ein Rindersteak ist einfach nicht effizient. Tiere zu mästen verbraucht große Mengen an Wasser. Außerdem werden nicht nur immense Flächen benötigt, um die Tiere zu halten - sondern auch, um deren Futter anzubauen. Die Produktion von 1000 Kilokalorien aus Kartoffeln benötigt etwa 0,3 Quadratmeter Acker - für Hühnerfleisch braucht man zehnmal so viel, bei Rindfleisch sogar 45-mal mehr. Ganz davon abgesehen, dass durch die Masttiere klimaschädliche Gase wie Methan und Kohlenstoffdioxid ausgestoßen werden.

Wenn es nach Mazen Rizk geht - der aus dem Libanon stammt und in Hamburg eine Doktorarbeit in Biotechnologie über organische Treibstoffe schrieb - gibt es dazu eine klügere und in jeder Hinsicht bessere Alternative: Pilze. Genauer: Zu einer Art Hack verdichtete Pilzwurzelmasse. Wie tierische Produkte enthalten Pilze nämlich von Natur aus viel Eiweiß, außerdem Kohlenhydrate, Ballaststoffe, Vitamine und Mineralien. Ein vollwertiges Nahrungsmittel.

„Wir arbeiten mit Pilzen, die die Leute kennen und im Wald identifizieren könnten“, sagt Rizk. Dieser Punkt ist ihm wichtig. Menschen denken da an Champignons, und das ist gut, denn vor Champignons fürchtet sich niemand. Aber natürlich werden die Pilzfasern von Mushlabs nicht im Wald gesammelt, sondern im Labor gezüchtet.

„Wir nehmen ein Stück Pilz und werfen es in Bioreaktoren, die ein bisschen wie Brauereisilos aussehen“, erklärt Rizk. „Je nach eingesetztem Rohstoff ändern sich Geschmack und Textur der Masse komplett. Das eröffnet viele Möglichkeiten.“

Mazen Rizk, Mushlabs-Gründer
Mazen Rizk, Mushlabs-Gründer
© Alena Schmick

Um die Lebensmittel effizienter zu erzeugen, will Rizk organische Abfallprodukte nutzen, die in der Lebensmittelindustrie sowieso anfallen. „Die enden auf der Deponie oder im besten Fall im Tierfutter“, sagt er. Beim Züchten von Pilzwurzeln werden Obstschalen aus der Saftfabrik, Reishülsen oder auch Kaffeesatz als Nährstoffe für die Produktion von Lebensmitteln verwertbar.

In den Silos breitet sich dann ein Geflecht aus Pilzfäden aus, denen Wasser entzogen wird, um sie weiterzuverarbeiten: „Das sieht dann ein bisschen aus wie ein Teig“, sagt Rizk.

Genau diese amorphe, farblose Paste ist das Rohmaterial für die Mushlabs-Produkte. Sie könnte schon bald anstatt passierten Hühnchen oder Schweinchen in Würsten, Nuggets oder Cordon Bleus stecken.

Wobei es Rizk eigentlich nicht darum geht, Fleisch geschmacklich zu ersetzen. Der Nährwert muss stimmen. „Es muss nicht exakt wie Fleisch schmecken, Hauptsache, es schmeckt gut und die Textur ist nicht seltsam“, sagt Rizk. „Wichtig ist, dass Leute das Produkt verstehen können. Wir wollen nicht etwas aus 30, 40 Zutaten basteln, das am Ende nur zu 80 Prozent wie Fleisch schmeckt und außerdem ungesund ist. Es muss so naturbelassen wie möglich bleiben.“

In diesem Jahr hat Rizk sein Produkt schon mit den ersten Köchen getestet, er ist zufrieden.

Die entscheidende Frage ist die Energiebilanz: Ein Problem ist, dass die Bioreaktoren noch so viel davon brauchen. Aber Rizk ist zuversichtlich, dass er weiter optimieren kann: „Der Prozess dauert jetzt nur noch halb so lange wie am Anfang.“

Und es gibt noch einen Vorteil: Anders als die Hühner oder Rinder im Stall kann Rizk immer effizienter werden.Im Frühjahr 2020 wollen Mushlabs erste Geschmackstests für ausgewählte Kund*innen anbieten.

Jonas Bickelmann

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