Gewonnene Klage von EX-BER-Chef Rainer Schwarz: Wer zu spät kündigt, den bestraft das Gericht
So ist es der Berliner Flughafengesellschaft mit ihrem Ex-BER-Chef Rainer Schwarz passiert. Offenbar gab es vor der fristlosen Kündigung, die jetzt vor Gericht keinen Bestand hatte, Verhandlungen um einen Aufhebungsvertrag. Doch diese scheiterten – am Aufsichtsrat?
Es klingt paradox: Die Flughafengesellschaft muss nach dem Urteil des Landgerichts ihren geschassten Geschäftsführer Rainer Schwarz weiter bezahlen und dafür bis zum Vertragsende im Mai 2016 insgesamt 1 026 860,37 Euro aufbringen. Trotzdem ist man beim Flughafen zufrieden. Denn weil das Gericht keine grobe Pflichtverletzung durch Schwarz festgestellt habe, seien die Chancen für größere Klagen auf Schadenersatz wegen der Nichteröffnung des BER geringer geworden, sagen Juristen, die vom Urteil nicht überrascht worden sind.
Ein Rauswurf ist bei solchen Projekten höchst selten
Die fristlose Kündigung eines Geschäftsführers ist nämlich äußerst selten. Wenn sich ein Aufsichtsrat von einem Vorstandsmitglied trennen will, finden in der Regel Gespräche statt, mit dem Ziel, den Vertrag „einvernehmlich“ aufzulösen. Auch mit Schwarz hat es nach Tagesspiegel-Informationen solche Verhandlungen gegeben. Zur Frage, warum sie gescheitert sind, gibt es zwei Versionen: Entweder war Schwarz nicht bereit zu einem Vergleich – oder der Aufsichtsrat selbst hatte kein Interesse daran, weil er sich mit einem „Sündenbock“ selbst aus der Schusslinie bringen konnte.
Schwarz reagierte "wie eine beleidigte Leberwurst"
Der Flughafen-Mann habe nie eingesehen, dass er Fehler gemacht habe, sagte ein Insider dem Tagesspiegel. Schwarz, der am Freitag nicht zu erreichen war, habe auf Vorwürfe „wie eine beleidigte Leberwurst“ reagiert und sei nicht bereit gewesen, vom Chefsessel zu steigen. Und der Aufsichtsrat hatte es abgelehnt, Schwarz eine Abfindung in Höhe seiner ausstehenden Bezüge zu zahlen. Muss ein Manager auf Druck des Aufsichtsgremiums das Unternehmen verlassen, handeln er – oder in der Regel seine Anwälte – ein Abfindung aus, die geringer ausfällt als die Summe, die er bis zum regulären Auslaufen des Vertrags erhalten hätte.
Wowereit und Platzeck hielten lange zu dem erfolglosen Geschäftsführer
Den Rausschmiss von Schwarz hatte der Bund als Mitgesellschafter schon Monate vorher vehement gefordert. Dagegen hatten sich aber der Aufsichtsratsvorsitzende und Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit sowie sein damaliger Kollege Matthias Platzeck (beide SPD), der noch Ministerpräsident in Brandenburg war, lange gewehrt und erst spät dem Drängen des Bundes nachgegeben. Wowereit hatte den Vertrag mit Schwarz sogar 2011 noch verlängert – nachdem der erste Eröffnungstermin, der 30. Oktober 2011, schon geplatzt war.
Die Absage des nächsten Termins – 3. Juni 2012 – wenige Wochen vor der geplanten Eröffnung, hatte Schwarz noch unbeschadet überstanden. Nur sein für den Bau zuständiger Kollege Manfred Körtgen hatte danach sofort gehen müssen – mit einer Abfindung in der Hand. Im Geschäftsbericht 2013 heißt es jetzt: „Die Gesamtbezüge eines ehemaligen Mitglieds der Geschäftsführung beliefen sich im Geschäftsjahr auf 260 000 Euro.“ Körtgen hatte zuletzt regulär 351 000 Euro im Jahr erhalten.
Gericht sah keinen groben Pflichtverstoß
Hätte mit Körtgen auch Schwarz gehen müssen, wäre der Flughafen Anfang 2012 ohne Geschäftsführer gewesen. Auch dies mag dazu beigetragen haben, Schwarz zunächst zu behalten.
Die fristlose Kündigung im Juni 2013 sei dann zu spät erfolgt, urteilte jetzt das Landgericht. Deshalb haben die Richter auch die Frage offen gelassen, ob Schwarz die Aufsichtsräte rechtzeitig über die drohende Absage des Eröffnungstermins im Juni 2012 unterrichtet habe. Mit mangelhafter Information hatte das Gremium die fristlose Kündigung begründet. Der Vorsitzende Richter Björn Retzlaff hatte im Verfahren aber deutlich gemacht, dass das Gericht hier keinen groben Pflichtverstoß von Schwarz sehe. Im Gegenteil: Der Aufsichtsrat habe längst gewusst, dass der Termin im Juni nur noch „mit der Brechstange“ zu halten sein werde.
Inzwischen hat Schwarz einen neuen Job. Am 1. Dezember wird er Geschäftsführer des kleinen – und defizitären – Flughafens Rostock-Laage. Sein Gehalt, das er dort bezieht, wird mit den Bezügen aus seinem Berliner Vertrag verrechnet, so dass die hiesige Flughafengesellschaft etwas weniger zahlen muss. Der Vertrag in Rostock läuft wie üblich fünf Jahre. Angaben zur Höhe des Geschäftsführergehaltes gibt es im Geschäftsbericht nicht. Einer von Schwarz’ Vorgängern in Rostock war übrigens von der Gesellschafterversammlung Ende April einstimmig abberufen worden.
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