Urteil in Berlin: Ex-BER-Chef Rainer Schwarz erhält noch eine Million
Das Berliner Landgericht hat dem früheren BER-Chef Rainer Schwarz Recht gegeben: Seine Kündigung im Juni 2013 war nicht rechtmäßig, so das heutige Urteil. Damit muss ihm sein Gehalt weiter gezahlt werden.
Die Kündigung von Rainer Schwarz als Geschäftsführer der Flughafengesellschaft war nicht rechtmäßig. Das gab das Landgericht Berlin am Donnerstagmittag bekannt. Es sah keine schwerwiegende Pflichtverletzung von Rainer Schwarz. Dementsprechend erhält er nun für die Monate seit seiner Kündigung 234.000 Euro plus Zinsen. Bis zum Ende seines Vertrages im Mai 2016 werden ihm monatlich 29.000 Euro gezahlt. Zudem müssen einmalig 139.000 Euro für seine Altersvorsorge an die Versorgungskasse gezahlt werden. Damit entstehen Ansprüche in Höhe von rund einer Million Euro. Gegen das Urteil kann Berufung eingelegt werden.
Der Vorsitzende Richter Björn Retzlaff stellte klar, dass damit nicht über das Desaster beim geplanten Hauptstadtflughafen BER geurteilt worden sei, sondern lediglich darüber, ob Rainer Schwarz seine Pflichten als Geschäftsführer verletzt habe. Denn die Kündigung habe vor allem darauf gefußt, ob der Geschäftsführer seiner Informationspflicht gegenüber dem Aufsichtsrat nachgekommen ist. "Er hat seine Informationspflicht nicht schwerwiegend verletzt", sagte der Richter in der mündlichen Urteilsbegründung.
Schwarz muss jetzt alle Unterlagen herausgeben
Bereits ab Februar sei auch dem Aufsichtsrat klar gewesen, dass die Eröffnung des Flughafens fraglich sei und es Probleme mit einem ordnungsgemäßen Brandschutz gebe. Zu dem Zeitpunkt seien über Behelfslösungen diskutiert worden. "Man wusste, dass die Lage kritisch war und eine Eröffnung nur mit der Brechstange möglich", sagte Retzlaff. Die Eröffnung war für Juni 2012 vorgesehen und wurde drei Wochen vorher im Mai abgesagt. "Im März gab es aber noch die Hoffnung, den Termin zu retten", sagte Retzlaff. Deswegen sei es auch rückblickend nicht als Pflichtverletzung zu werten, dass der Geschäftsführer den "Kampf noch nicht verloren" gegeben habe.
Auch dass Schwarz wichtige Geschäftsunterlagen behalten hat, war für das Gericht kein Kündigungsgrund. Die Papiere habe Schwarz auch benötigt, um vor Gericht seine Interessen vertreten zu können, sagte Richter Retzlaff. Jetzt muss Schwarz allerdings alle Unterlagen herausgeben.
Matuschek: "Ohrfeige für den Aufsichtsrat"
Der Regierende Bürgermeister und BER-Aufsichtsratsvorsitzende Klaus Wowereit sagte nach dem Urteilsspruch: "Die Flughafengesellschaft ist aufgefordert zu prüfen, ob das Urteil akzeptiert werden muss. Diese Prüfung bleibt abzuwarten." Auch die Flughafengesellschaft wollte das Urteil noch nicht kommentieren; erst müsse die schriftliche Urteilsbegründung vorliegen.
Jutta Matuschek von der Linken sprach von einer "Ohrfeige für den Aufsichtsrat". Dieser könne sich nicht mehr dahinter verstecken, dass er es nicht gewusst habe, wie kritisch es um die Eröffnung stand.
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende im Abgeordnetenhaus Antje Kapek sieht in dem Urteil einen Handlungsauftrag an den künftigen Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD), nach dem „Chaos und der Stümperei“ der vergangenen Jahre müssten vernünftige Strukturen und Ordnung geschaffen werden, zudem müsste endlich externe Experten in den Aufsichtsrat berufen werden. Auch die Brandenburger CDU-Fraktion fordert Sachverstand von außen. „Der Aufsichtsrat ist seiner Kontrollfunktion nicht ausreichend nachgekommen“, sagte der verkehrspolitische Sprecher Rainer Genilke.
Schwarz war im Juni 2013 wegen des BER-Desasters fristlos entlassen worden. Bereits Anfang Januar des Jahres war er zunächst bei vollen Bezügen suspendiert worden. Im September vergangenen Jahres legte er Klage beim Landgericht Berlin ein. Mit seiner Klage hatte er erreichen wollen, seine Bezüge bis zum Ende der ursprünglichen Vertragslaufzeit im Mai 2016 zu erhalten. Die vermeintlichen Ansprüche sollten sich auf maximal 1,6 Millionen Euro belaufen. Mit der fristlosen Kündigung vom Juni war die Einstellung der Gehaltszahlungen verbunden. Im Jahr 2012 hatte der Flughafenchef noch insgesamt 569 000 Euro erhalten; darunter waren 209 000 Euro für die Altersversorgung. Die Gesellschafter hatten Schwarz vorgeworfen, den Aufsichtsrat unzureichend und zu spät über das drohende Desaster informiert zu haben.
In der vergangenen Woche wurde bekannt, dass Schwarz inzwischen einen neuen Job gefunden hat. Er wird Geschäftsführer des Flughafens Rostock-Laage.