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Viele Eltern wollen ihre Kinder nicht über Nacht in die Kita geben. Da hilft das Projekt „MoKiS“ des Senats.
© Kitty Kleist-Heinrich

Flexible Kinderbetreuung in Berlin: Wenn die Kita Pause macht

Abends und nachts hat die Kita zu – trotzdem müssen manche Eltern arbeiten. Für sie gibt es nun Hilfe.

Um neun Uhr morgens endet Dorina Wegners Schicht im Krankenhaus. Dann kann die alleinerziehende Intensiv-Krankenschwester endlich zu ihrem Sohn nach Hause gehen. Der ist fünf Jahre alt und kann natürlich noch nicht alleine bleiben. Die Kitas aber haben geschlossen, wenn Wegner Spätschicht hat. Also musste die Mutter bisher privat – und teuer – jemanden bezahlen, um selbst arbeiten gehen zu können, und das von ihrem ohnehin nicht üppigen Gehalt.

Wenn keine Großeltern da sind

Wie Wegner geht es vielen Eltern. Vor allem Alleinerziehende, die im Schichtbetrieb arbeiten, haben es schwer: Pfleger, Busfahrer, Flughafenpersonal. Alles Jobs mit ungewöhnlichen Arbeitszeiten, alle nicht übermäßig gut bezahlt.

Versuche, in Berlin 24-Stunden-Kitas zu etablieren, in denen die Kinder übernachten können, liefen nicht gut. Viele Eltern möchten ihre Kinder nicht über Nacht weggeben. Erzieher gibt es ohnehin schon zu wenige, auch für die regulären Öffnungszeiten tagsüber. Viele Kita-Plätze, die da wären, können mangels Fachkräften nicht besetzt werden.

Berufstätige Eltern sind aber meist auf Kinderbetreuung angewiesen – vor allem, wenn keine Großeltern da sind, wenn es kein Netzwerk gibt aus Menschen, die sich kümmern können. Das kommt in Berlin wegen der vielen zugezogenen Menschen besonders oft vor. Auch leben mehr als 100 000 Alleinerziehende in der Hauptstadt.

Kinderbetreuung zu Hause

Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie unter Senatorin Sandra Scheeres (SPD) hat daher Ende letzten Jahres das Projekt MoKiS gestartet: „Mobiler Kinderbetreuungsservice für Eltern mit besonderen Arbeitszeiten“. Um Müttern und Vätern wie Wegner den (Wieder-)Einstieg in den Beruf zu ermöglichen. Die Krankenschwester nimmt das Angebot seit Kurzem in Anspruch und ist zufrieden. Bei der mobilen Kinderbetreuung kommen die Betreuerinnen zu den Familien nach Hause. Das ermögliche den Kindern einen ganz normalen Alltag, ohne aus ihrer gewohnten Umgebung herausgerissen zu werden, sagt Scheeres.

Die Beratung läuft über die telefonische Servicestelle von MoKiS, letztlich ist es das Jugendamt, das Familie und Betreuer zueinander vermittelt. Zurzeit fehlt es aber noch an Betreuerinnen. Die müssen nicht zwangsläufig Erzieherinnen sein. Viele sind Rentnerinnen, wollen sich einfach ein wenig dazuverdienen und ihre Zeit mit Kindern verbringen – ähnlich dem Konzept der ehrenamtlichen „Leihomi“. Marianne Richter, 59 Jahre alt, betreute zunächst ehrenamtlich ein Kind, dann erfuhr die ehemalige Pflegerin vom MoKiS-Projekt und qualifizierte sich in einem viertägigen Kurs.

Wirtschaft soll sich engagieren

Das Angebot kann ergänzend zum regulären Bedarf über die Kita-Gutscheine in Anspruch genommen werden. Wegners Sohn besucht tagsüber eine normale Kita und wird, wenn die Mutter Spätdienst hat, von der Betreuerin dort abgeholt und zu Hause weiter betreut. Wie viele Stunden der Extra-Betreuung in Anspruch genommen werden können, richtet sich nach dem Bedarf.

Finanziert wird das Ganze vom Jugendamt. Scheeres sieht aber auch Firmen in der Pflicht, sich für flexible Kinderbetreuung für ihre Angestellten zu engagieren. „Die Wirtschaft profitiert schließlich von den Fachkräften, die trotz Kindern zurück in den Beruf kommen“, sagt die Senatorin.

Schlechte Bezahlung für Betreuerinnen

Ein Vorzeigeprojekt also? Elisabeth Küppers, Projektleiterin des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter Berlin, ist da kritisch. Natürlich finde sie es toll, dass der Bedarf für flexible Kinderbetreuung endlich anerkannt und ein solches Projekt gefördert werde. „Aber die schlechte Bezahlung der Betreuungspersonen und der langwierige Verwaltungsaufwand führen dazu, dass hier weder flexibel noch kurzfristig reagiert werden kann.“

Das Projekt müsste regionaler aufgezogen werden, mit Ansprechpartnern und Personal in den Bezirken, findet sie. Es müsste auch Möglichkeiten geben, schneller Betreuer einzusetzen. Bisher haben über MoKiS nur neun Eltern eine Betreuerin für ihr Kind gefunden – und umgekehrt, denn passen soll es ja für beide Seiten. Das immerhin ist ein Vorteil gegenüber Familie: Die kann man sich nicht aussuchen.

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