zum Hauptinhalt
Baugefahr. Der Autobahn-Stadtring A 100 soll nur noch bis zum Treptower Park führen. Auf den anschließenden Weiterbau bis zur Frankfurter Allee/Storkower Straße will die Koalitions-Verhandlungsrunde Mobilität dagegen verzichten.
© dpa/Arno Burgi

Verkehrspolitik der rot-rot-grünen Koalition: Weniger fahren, mehr zahlen in Berlin

Eine rot-rot-grüne Koalition in Berlin will auf den Weiterbau der Autobahn verzichten und in der kompletten City Parkgebühren kassieren. Das Straßenbahn-Netz soll schnell ausgebaut werden.

Bisher waren die Türen bei den Verhandlungen der Fachgruppe von SPD, Linken und Grünen zur künftigen Verkehrspolitik absolut dicht. Inzwischen gibt es aber Informationen, wohin die Reise in der möglichen rot-rot-grünen Koalition gehen könnte.

Autobahn

Was vor fünf Jahren noch ein Grund gewesen sein soll, dass damals eine SPD/Grüne-Koalition scheiterte, lässt sich jetzt elegant lösen: der Weiter- oder Nichtweiterbau der Stadtautobahn A 100. Was angefangen ist, soll auch beendet werden – der Abschnitt vom Dreieck Neukölln zum Treptower Park. Aber weiter geht es nicht. Auf den 17. Bauabschnitt bis zur Frankfurter Allee/Storkower Straße will die Fachgruppe verzichten. Die Einigung scheint nicht schwer gewesen zu sein, denn Linke und Grüne hatten ihn schon vor dem Wahlkampf vehement abgelehnt, und die SPD war gespalten. Verkehrssenator Andreas Geisel (SPD) hatte sich bei seinem Amtsantritt Ende 2014 mit seinem Wunsch, den Autobahn-Ring schließen zu wollen, weit aus dem Fenster gelehnt.

Sollte Berlin den Weiterbau auch in der nächsten Legislaturperiode stoppen, könnte es Probleme mit dem Bund geben – abhängig davon, wer dann dort gerade regiert. Bisher betrachtet das Bundesverkehrsministerium unter Leitung von Alexander Dobrindt (CSU) beide Abschnitte als einheitlichen Bau. Nur unter der Voraussetzung, dass es bis zur Frankfurter Allee/Storkower Straße weitergeht, hat der Bund das Geld für den 16. Bauabschnitt herausgerückt, der knapp 500 Millionen Euro kosten soll. Ob der Bund dann dieses Geld zurückfordert, ist ungewiss. Mit einer angedrohten Rückforderung hatte der Bund einst Berlin auch zum Weiterbau der U-Bahn-Linie U 5 gezwungen, die das Land aufgeben wollte.

Straßenbahn

Dass für die drei wahrscheinlichen Regierungsparteien der Ausbau des Straßenbahnnetzes Priorität hat, war zu erwarten. Die U-Bahn hat nach Tagesspiegel-Informationen eine klare Absage in der Fachgruppe erhalten. Zu teuer sei ein Weiterbau. Bei den neuen Strecken greift die Fachgruppe auf alte Vorhaben zurück: Auf den Anschluss des Ostkreuzes über die Sonntagstraße, auf die Verbindung von der Wissenschaftsstadt Adlershof zum Bahnhof Schöneweide, auf die Verlängerung vom Hauptbahnhof zur Turmstraße sowie auf ein Heranführen der Gleise an den Bahnhof Mahlsdorf.

Neu ist das Tempo, das man einschlagen will. Alle Projekte sollen innerhalb der Legislaturperiode in den nächsten fünf Jahren verwirklicht werden. Bisher erfolgte der Bau in Berlin im Schneckentempo. Allerdings sind einige Vorhaben wie am Ostkreuz und in Adlershof planerisch schon weit vorangekommen.

Nach dem Willen der Fachgruppe sollen weitere alte Bekannte vorbereitet werden: die Verbindungen vom Alexanderplatz zunächst zum Kulturforum und später weiter zum Rathaus Steglitz, von der Warschauer Straße zum Hermannplatz, von der Turmstraße zum Mierendorffplatz sowie in die Neubaugebiete auf dem früheren Rangierbahnhof Pankow und der Elisabeth-Aue in Pankow.

Parken

Innerhalb des S-Bahn-Rings soll es nach dem Willen der Fachgruppe nur noch gebührenpflichtige Stellplätze geben. Große Teile von Mitte, Friedrichshain, Prenzlauer Berg und Charlottenburg-Wilmersdorf sind es bereits. Wo gezahlt werden muss, entscheiden allerdings bisher die Bezirke. Und in Abstimmungen haben sich schon mehrfach Anwohner gegen die Gebührenpflicht ausgesprochen, obwohl die Vignette fürs Parken relativ günstig ist. Die bisherigen Gebühren sollen nach den Vorstellungen der Fachgruppe zumindest vorläufig konstant bleiben.

Fußgänger und Radfahrer

Die Fachgruppe will Fußgänger und Radfahrer nicht gegeneinander ausspielen. Deshalb solle es auch kein Extra-Gesetz für Radfahrer geben, wie es die Initiatoren für den Volksentscheid Fahrrad fordern. Für die Stärkung des Fußgänger- und Radverkehrs soll es ein gemeinsames Gesetz geben, will die Fachgruppe.

Für den Ausbau der Radfahrer-Infrastruktur wollen die drei Parteien die im Volksentscheid geforderten 40 Millionen Euro pro Jahr aufbringen. Allerdings gibt es sogar in der Fachgruppe Zweifel, ob die Baufirmen in der Lage wären, eine solche Summe abzuarbeiten.

Stammbahn

Der Wiederaufbau der Stammbahn zwischen Potsdam, Kleinmachnow, Zehlendorf und dem Potsdamer Platz, auf der 1838 die ersten Züge in Preußen unterwegs waren, ist in den Verhandlungen dem Vernehmen nach weit nach hinten gerutscht. Aber auch der erwogene Bau eines Radschnellwegs spielt wohl keine Rolle. Festgezurrt sind die Pläne der Fachgruppe noch lange nicht. Entschieden wird erst in den letzten Haupt-Runden.

Der Tagesspiegel kooperiert mit dem Umfrageinstitut Civey. Wenn Sie sich registrieren, tragen Sie zu besseren Ergebnissen bei. Mehr Informationen hier.

Zur Startseite