Bürgermeisterkonferenz in Tokio: Weltstädte drängen Industrieländer zu mehr Klimaschutz
Spitzenpolitiker aus 30 Metropolen haben eine (fast) sofortige Umkehr beim Treibhausgasausstoß und gleiche Löhne gefordert. Berlin ist dabei.
Zum Abschluss einer dreitägigen Konferenz in Japans Hauptstadt Tokio präsentierten Vertreter der sogenannten „Urban 20“ am Mittwochmittag (Ortszeit) einen gemeinsamen Forderungskatalog, den sie am Nachmittag auch Japans Premierminister Shinzo Abe persönlich überreichen wollten. Abe ist in diesem Jahr Vorsitzender der G20, dem Zusammenschluss der 20 größten Industrie- und Schwellenländer, und Gastgeber des G20-Gipfels Ende Juni in der Hafenstadt Osaka.
An der Konferenz, an der auch Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) teilnahm, verständigten sich die Vertreter von insgesamt 30 großen Metropolen unter anderem auf die „Empfehlung“, bis zum kommenden Jahr die Kehrtwende beim Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxids einzuleiten. Die Ausstoßmenge solle dann nicht mehr steigen, bis zum Jahr 2030 solle sie „signifikant“ gesunken sein. Ab 2050 fordern die Metropolen völlige Klimaneutralität – ein Ziel, zu dem sich unlängst auch die Bundeskanzlerin bekannt hatte.
Es sollten Anstrengungen unternommen werden, damit der weltweite Temperaturanstieg auf 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter begrenzt bleibt, heißt es in dem Papier weiter. Zudem wollen die Städte Schritte einleiten, um den Plastikmüll deutlich reduzieren.
Weiteres Thema der insgesamt sechsseitigen Abschlusserklärung (englischsprachige Fassung hier zum Download) ist „Soziale Inklusion und Integration“. So wollen die Millionenstädte der U20-Initiative unter anderem den sozialen Wohnungsbau vorantreiben und sich für eine gleiche Bezahlung von Männern und Frauen einsetzen. Ein Kapitel befasst sich auch mit „nachhaltigem Wirtschaften“. Ein Ziel ist hier unter anderem die Versorgung der gesamten Bevölkerung mit bezahlbarem Internet.
„Wir werden Schritt für Schritt vorangehen“
Die U20 verstehen sich als „diplomatische Initiative“. Diese wurde erst im vergangenen Jahr im Umfeld der G20-Präsidentschaft in Argentinien vom Bürgermeister der Berliner Partnerstadt Buenos Aires angestoßen. Mittlerweile wird sie von 30 Städten unterstützt, wovon viele Bürgermeisterinnen und Bürgermeister oder wenigstens deren Stellvertreter nach Tokio geschickt haben: Unterstützer der U20 sind neben Berlin und Tokio unter anderem auch Hamburg (G20-Gipfeltagungsort 2017), Paris, Rom, Helsinki und Rotterdam in Europa sowie ungleich größere Weltmetropolen Los Angeles oder Indonesiens Hauptstadt Jakarta.
Müller sagte nach Abschluss der Konferenz und vor seiner Fahrt zum japanischen Premier im Tokioter Hilton Hotel, dass er sich sehr freue, dass zunehmend Bürgermeisterinnen und Bürgermeister persönlich zu diesen Treffen anreisen. „Das ist ein Zeichen für die wachsende politische Bedeutung der Metropolen, in denen mittlerweile die Mehrheit der Menschen lebt“. Natürlich hätten nicht alle Städte die gleichen Probleme im gleichen Ausmaß. „Wir in Berlin haben, anders als andere, zum Beispiel eine ausgezeichnete Wasserversorgung. Aber soziale Probleme oder Probleme mit dem Verkehr gibt es auch bei uns.“ Man könne viel voneinander lernen.
Auch würden nicht alle Beschlüsse der U20 überall und sofort umgesetzt werden können. Auch nicht in Berlin. „Wir werden Schritt für Schritt vorangehen“, kündigte Müller an. Er werde die Beschlüsse auch der Bundeskanzlerin übermitteln. Erfahrungsgemäß nehme Angela Merkel (CDU) Ergebnisse derartiger Beratungen sehr ernst, worüber er sich sehr freue.