Nach Insolvenz des Eulenspiegel-Verlags: Was von der DDR blieb: gute Witze
Was ist sozialistische Disziplin? Die Antwort ist eine Pointe, die in der DDR nie gedruckt worden wäre. Das Regime verlangte "aufbauende Kritik".
Mit dem Eulenspiegel-Verlag verband der DDR-Mensch stets etwas Positives, Aufmunterndes und auch ein wenig Aufmüpfiges. Das lag an der wichtigsten Publikation des Verlages – der wöchentlich erscheinenden Satirezeitschrift, die nicht nur „Eulenspiegel“ hieß, sondern sich auch als Nachfahre eines gewitzten Bänkelsängers und Lästerers unter der Narrenkappe verstand.
Das wurde dem volkseigenen sozialistischen Frechdachs oft nicht leicht gemacht, aber die Staatspartei duldete die Eulenspiegeleien als „positive, aufbauende Kritik“, so lange das Staatwesen nicht in Frage gestellt wurde. „Die Eule“ war am Kiosk stets schnell vergriffen, sie hatte eine relativ hohe Auflage und gehörte in die Kategorie Bückware.
Im neuen Staat musste Kritik nicht mehr "aufbauend" sein
Das lag natürlich an den republikweit geschätzten Autoren und Karikaturisten wie Lothar Kusche, der mutigen Filmkritikerin Renate Holland-Moritz oder der frechen Karikaturistin Barbara Henniger, die auch nach der Wende mit ihrer Zeichenkunst für den gesunden Menschenverstand, die Rechte der Frau und den Weltfrieden wirbt.
„Die Eule“ bekam nach der Wende Konkurrenz („Titanic“), und sie stand plötzlich im Regen, denn im neuen Staat konnte jeder so viel motzen wie er wollte. Aber nicht nur nostalgische Gewohnheitsbedürfnisse werden dabei befriedigt. Auch der neue Staat bietet ein reiches Betätigungsfeld für Kritik jeder Art. Und die muss ja nicht immer „aufbauend“ sein, wie es einst vom „Eulenspiegel“-Kollektiv verlangt wurde.
So lachte man in der DDR
Die Satire-Zeitschrift wurde schon zu DDR-Zeiten vom Buchverlag, der jetzt von der Insolvenz bedroht ist, unabhängig. Der Verlag behielt den Namen des Schelms – Eulenpiegel hatte noch immer einen guten Klang und konnte sich auch nach dem Ende des SED-Staats am Markt behaupten. Humor blieb Verlagsprogramm. So kam man 1999 auf die Idee, Witze über die DDR, die im Volke kursierten, aber bis ’89 nie gedruckt worden wären, in einem Buch („So lachte man in der DDR“) zu veröffentlichen.
Beispiele: Was ist sozialistische Disziplin? Jeder macht, was er will, keiner macht, was er soll, alle machen mit. Oder: Was hat ein HO-Verkaufsstellenleiter mit einem Kosmonauten gemeinsam? Beide kennen sich aus im leeren Raum. Oder: Als Willy Brandt und Willi Stoph in Erfurt zusammentreffen, unterhalten sie sich über ihre Hobbys. Brandt: „Ich sammle Witze, die man über mich macht.“ Darauf Stoph: „Und ich sammle die, die Witze über mich gemacht haben.“