DDR-Traditionsverlag: Der Eulenspiegel-Verlag ist insolvent
Der zwölf Mann starke Traditionsbetrieb hat vorläufige Insolvenz angemeldet – wegen einer Forderung der VG Wort.
Eine Eulenspiegelei ist es nicht, dafür ist eine „vorläufige Insolvenz“ und die finanzielle Forderung der „Verwertungsgesellschaft Wort“ doch eine zu ernste Sache: Eine der letzten verbliebenen verlegerischen Institutionen aus DDR-Zeiten, der Eulenspiegel-Verlag, ist pleite.
Genau genommen kann der zwölf Mann starke Traditionsbetrieb eine unerwartete Rechnung der VG Wort nicht bezahlen. Sie fordert eine Rückzahlung von Geld, das der Eulenspiegel-Verlag nie bekommen hat – insoweit hat der Fall dann doch etwas von einem Schelmenstück.
„Wir gehen ganz heftig davon aus, dass es weitergeht“
Die strittige Forderung betrifft die vor Jahren geschlossene „Neue Berlin Verlagsgesellschaft“. Die Firma war insolvent. Weil aber das Programm passte, kaufte der Eulenspiegel Rechte und Lizenzen, Buchbestände und Kundenkartei, um wenigstens das zu retten. Und ausgerechnet die Schutzpatronin des geistigen Eigentums, die VG Wort, macht nun diese Forderungen aus früheren Zeiten gegen den Eulenspiegel geltend und stürzt damit auch noch diese in die Insolvenz, vorläufig jedenfalls.
„Wir gehen ganz heftig davon aus, dass es weitergeht“, sagt Verleger Matthias Oehme. Die Eulenspiegel-Verlagsgruppe behaupte sich in ihrer „literarisch-thematischen Umsatzecke“. Wer das Ostalgie, DDR-Nostalgie oder – fairer – Kunst und Literatur aus der DDR-Zeit nennt, löst nicht eben Kopfschütteln bei Oehme aus.
Als besonders gut laufendes Verlagsprodukt nennt er die 560 Seiten starken Memoiren des früheren DDR-Kulturfunktionärs Hartmut König.„Wir dachten, das würde keinen interessieren“, sagt Oehme. Das Gegenteil ist der Fall: König liest in München, das Buch verkauft sich.
Jüngere Leute zeigen „Reste von Ost-Identität“
Die Eulenspiegel-(Wieder-)Entdeckungen liefen eine Zeitlang sogar beim großen Westverlag Heyne als eigene Reihe. Gewiss habe man ein „größeres Standing im Osten“, sagt Oehme, „obwohl wir schon lange kein Ostprogramm mehr haben.“ Alles gleiche sich halt an, obwohl auch Oehme sogar bei jüngeren Leuten noch „Reste von Ost-Identität“ ausmacht. Familie und Umfeld wirken halt nach, nicht zuletzt in der Sprache.
Das gleichnamige Satiremagazin „Eulenspiegel“ gehört übrigens seit Jahrzehnten nicht mehr zur gleichnamigen Verlagsgruppe, die aber nahm andere DDR-Buchverlage unter ihre Obhut, etwa das „Neue Leben“ und „Das Neue Berlin“. Genau genommen rettete der Eulenspiegel deren Namen und Programm.
Dass dies einmal existenzgefährdend für den Eulenspiegel werden könnte, ahnte der Verleger nicht – und ist auch nicht Zweck des deutschen Insolvenzrechts, das Schaden begrenzen und wirtschaftlichen Werte bewahren soll. Ob es noch Rettung gibt für den Eulenspiegel, entscheiden nun die Gerichte.