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Altbauten in Berlin-Friedrichshain.
© Jens Kalaene/dpa

„Uns geht es nicht um Reichtum“: Was kleine Vermieter vom Berliner Mietendeckel halten

Sozialgesinnte Vermieter fühlen sich durch den Mietendeckel um ihr Engagement betrogen. Ein SPD-Mitglied, eine Familienunternehmerin und ein Ehepaar erzählen.

Wer dieser Tage mit kleinen Hausverwaltungen und Eigentümern spricht, bekommt vor allem eines zu hören: Der Mietendeckel wird nicht funktionieren, vorsorglich wollen einige Eigentümer nun die Mieten anheben. Das empfiehlt auch der Verband „Haus und Grund“ seinen Mitgliedern. Es sind Vermieter, denen es nicht um maximalen Profit geht, die Mieten teils deutlich unterhalb der Grenzen des Mietspiegels nehmen – die sich von der Politik missverstanden und als böse Kapitalisten gebrandmarkt sehen. Namentlich will niemand genannt werden: Weil es um Mieterhöhungen geht, gibt es Angst vor Bedrohungen, vor Angriffen aus der linksextremen Szene. Drei Beispiele aus Berlin:

Das SPD-Mitglied

„Ich und mein Mann haben eine gute Kreuzberger Mischung an Mietern, leben selbst im Haus und wollen keine Airbnb-ler. Und die Mieten sind unter dem Mietspiegel. Mit dem Mietendeckel werden wir zukünftig nicht mehr kostendeckend wirtschaften können. Das Finanzamt sitzt uns jetzt schon im Nacken und unterstellt uns, wir hätten keine Gewinnerzielungsabsicht. Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne) genehmigt keine Sanierungen, weil die Mieten steigen könnten. Etliche Hausbesitzer im Kiez haben deshalb schon entnervt an einen Investor verkauft. Und jetzt sollen wir nicht mal mehr bei steigenden Kosten Mieten moderat anheben dürfen.

Die Sanierung einer Wohnung frisst den Jahresgewinn auf. Mir und meinem Lebenspartner geht es nur um die eigene Altersvorsorge, wenn der Kredit abgezahlt ist, nicht um Reichtum. Ich habe bei SPD-Abgeordneten nachgefragt. Einzige Antwort: Das muss jetzt durchgezogen werden. Und wer Hausbesitzer ist, dürfe sich doch nicht beklagen, ich könne doch an das Land Berlin verkaufen.

Damit wird aber doch keine einzige zusätzliche bezahlbare Wohnung gebaut. Ich finde es absurd, dass meine eigene Partei jenen das Leben schwer macht, die mit unternehmerischem Risiko dieselben Ziele verfolgen: Mietern langfristig ein bezahlbares Zuhause zu bieten. Ich überlege, ob ich mir den Mitgliedsbeitrag bei der SPD spare und lieber an ,Haus und Grund‘ zahle.“

Die Familienunternehmerin

„Unser Haus im Osten Berlins ist seit 140 Jahren im Familienbesitz, war in der DDR zwangsverwaltet und wurde in den Jahren auch mit Zwangshypotheken belastet. Wir haben nach der Wende sehr viel Zeit und Geld investiert, Kredite aufgenommen, saniert. Da das Haus denkmalgeschützt ist, ist die Kostenbelastung deutlich höher, als für nicht dem Denkmalschutz unterliegende Gebäude. Dennoch vermieten wir unterhalb des Mietspiegels, haben die Modernisierungskosten nur moderat umgelegt. Viele Mieter leben seit Jahrzehnten in dem Haus. Für uns ist die Immobilie eine Altersvorsorge. Es geht nicht darum, reich zu werden.

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Im Gegenteil: Bei der Verantwortung, die wir mit dem Haus tragen, was wir an Arbeit investiert haben, da liegen wir deutlich unterhalb des Mindestlohns. Uns ging es nur um sichere Einkünfte, wenn wir in Rente sind. Dafür haben wir hart gearbeitet. Selbstständig zu sein ist ein 24-Stunden-Job. Wenn der Mietendeckel kommt, sind unsere Pläne für die Rente dahin.

Unsere Mieten bewegen sich auch nach den umfangreichen Modernisierungsmaßnahmen unterhalb der möglichen Mietspiegelmiete, da wir – in Anerkennung des jahrzehntelangen guten gemeinsamen Auskommens – nur wenige Kosten auf die Bestandsmieter umgelegt haben. Im Zuge einer Neuvermietung diese nach wie vor niedrigen Mieten nicht erhöhen zu dürfen, zerstört unsere Kalkulation: aufgenommene Kredite müssen refinanziert und Rücklagen gebildet werden für den Erhalt der Immobilie und künftige Modernisierungen. Die Immobilie ist unsere Altersversorgung. Dafür sind wir mit Arbeit, Zeit und Geld jahrzehntelang in Vorleistung gegangen.“

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Das Unternehmerpaar

„Wir haben elf Häuser in Berlin mit ein bisschen Gewerbe, vor allem aber mit 175 Mietwohnungen in verschiedenen Bezirken. Wir verwalten alles selbst, die Mieter kennen mich und meine Frau persönlich. Uns liegt es an mittel- und langfristigen Mietern, wir vermieten eher an Familien, an junge Leute, die eine Chance brauchen, als an Bewerber mit dem höchsten Einkommen. Die Mieten liegen deutlich unter dem, was laut Mietspiegel möglich wäre.

Wir haben uns jetzt den neuen Mietspiegel angeschaut, natürlich müssen wir hier und da die Mieten anpassen, wenn zum Beispiel bei Langzeitmietern noch sechs Euro pro Quadratmeter kalt gezahlt werden und die Miete seit sieben bis neun Jahren nicht erhöht worden ist. Wenn der Mietendeckel kommen würde, hätten wir bei einigen Wohnungen mit niedrigen Mieten natürlich ein Problem.

Ich habe den Eindruck, dass die Politik völlig plan- und ahnungslos agiert – und schlecht beraten wird. Durch den Mietendeckel wird keine einzige neue Wohnung gebaut. Diejenigen, die sich große Wohnungen leisten können, die sie gar nicht brauchen, bleiben einfach drin. Oder diese Wohnungen werden dann vornehmlich an Pärchen mit höherem Einkommen vermietet. Und Familien, die dringend eine Wohnung suchen, gehen leer aus.

Der Mietendeckel schafft genau das Gegenteil von dem, was die Politik will: Er trifft die sozial Schwächeren.“

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