Senat berät über Lockerung der Corona-Maßnahmen: Was in Berlin wieder erlaubt werden soll
Streit um Maskenpflicht, Einigkeit bei Museen und Friseuren. Der Senat muss sich Dienstag über Lockerungen einig werden. CDU und FDP kritisieren das Vorgehen.
- Ronja Ringelstein
- Sabine Beikler
- Alexander Fröhlich
Bereits vor der Senatssitzung am Dienstag ist koalitionsinterner Streit über das weitere Vorgehen des Senats in der Coronavirus-Krise entbrannt.
Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) plädiert nach Tagesspiegel-Informationen für eine Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr. Unterstützt wird er dabei von der FDP.
Kritik an diesen Plänen kommt von den Grünen: "Wer eine Maskenpflicht fordert, muss der Bevölkerung auch Masken bereitstellen können", sagte die Fraktionsvorsitzende der Grünen Antje Kapek. Das sei noch immer nicht möglich, die Grünen empfehlen deshalb die Nutzung sogenannter Communitymasken - also auch Schals und Tüchern - und wollen auf Freiwilligkeit setzten.
Ein Nasen-Mund-Schutz kann nach Auskunft von Virologen verhindern, dass der Träger das Coronavirus auf andere überträgt. Nicht zu verwechseln ist ein solcher Schutz mit medizinischen Masken, mit der sich auch der Träger vor Ansteckung schützen kann.
Berlin will sich eng an Brandenburg orientieren
Der Berliner Senat will die Eindämmungsverordnung am Dienstag entsprechend ändern, nachdem andere Bundesländer bereits Entscheidungen getroffen haben. So viel ist schon klar: Ab Mittwoch dürfen Einzelhandelsgeschäfte mit einer Verkaufsfläche bis zu 800 Quadratmetern in Berlin unter strengen hygienischen Auflagen wieder öffnen. Auch Warenhäuser und Malls sollen nach Tagesspiegel-Informationen für den Publikumsverkehr wieder zugänglich sein, sofern sie ihre Verkaufsfläche auf bis zu 800 Quadratmeter reduzieren. Die Geschäfte müssen einen Mindestabstand von 1,50 Metern zwischen den Kunden gewährleisten.
Berlin will sich eng an Brandenburg orientieren. Im Nachbarland gelten ebenfalls ab Mittwoch Lockerungen. In Berlin sind Versammlungen unter freiem Himmel mit bis zu 20 Teilnehmern bereits erlaubt. Die zuständige Behörde entscheidet im Einzelfall, ob eine Versammlung im Sinne des Infektionsschutzes unter Auflagen erlaubt werden kann.
Ab dem 4. Mai dürfen auch in Berlin Friseure wieder öffnen. Darüber will der Senat aber erst in einer weiteren Runde debattieren. Es ist sehr wahrscheinlich, dass eine Maskenpflicht für Friseure und Kunden sowie eine Schutzkleidung für Friseure eingeführt wird.
Tennis und Golf soll erlaubt werden
Weiterhin bleiben Fitnesscenter, Wellnesszentren und ähnliche Einrichtungen geschlossen. Der Senat will jedoch die Ausübung einzelner Sportarten wie zum Beispiel Leichtathletik, Golf oder Tennis erlauben. Mannschaftssportarten sind bis auf Weiteres untersagt. In Berlin gelten zunächst bis einschließlich 26. April Ausgangsbeschränkungen. Treffen von mehr als zwei Menschen, die nicht zur Familie gehören oder in einem Haushalt zusammenleben, sind nicht erlaubt. Ob der Senat am Dienstag eine Lockerung etwa für private Besuche in begrenzter Personenzahl beschließt, ist noch offen.
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Die Neuregelungen, die der Senat am Dienstag beschließen will, sollen zunächst auf knapp zwei Wochen bis 8. Mai befristet sein. Weitere Schritte für Lockerungen sind aber bereits absehbar. Anfang Mai soll die Eindämmungsverordnung grundlegend überarbeitet werden, hieß es aus Senatskreisen.
Museen sollen am 11. Mai wieder öffnen
Perspektivisch gibt es bereits Verabredungen, die Museen am 11. Mai wieder öffnen zu lassen, ebenso Bibliotheken – diese aber nur für die Ausleihe. Die Bibliotheken der Hochschulen sollen bereits in einer Wochen, ab 27. April, wieder öffnen dürfen. Die Bildungsverwaltung wurden zudem beauftragt, einen Zeit- und Stufenplan für die Wiederaufnahme des Schulbetriebes und der Betreuung in den Kindertagesstätten zu erarbeiten. Für die Senatssitzung am Dienstag ist auch im Gespräch, der Bildungsverwaltung eine Ermächtigung zu erteilen, um die Eindämmungsverordnung nicht mit Detailfragen für Schulen und Kitas zu überfrachten.
Die Berliner CDU fordert, Ladenöffnungen an Sonntagen bis Ende 2020 zu gestatten, damit der Berliner Einzelhandel Nachholeffekte erzielen kann. Außerdem sollen gastronomische Einrichtungen stufenweise wieder öffnen können, unter strikter Wahrung der Abstands- und Hygieneregeln. Gerade die Gastronomie sei für Berlin von besonderer Bedeutung und könne lange Schließungen wirtschaftlich nicht verkraften, heißt es in einem am Montag veröffentlichten Strategiepapier von CDU-Landeschef Kai Wegner und Fraktionschef Burkard Dregger.
Auch Hotels sollten wieder öffnen dürfen, die Zeit der Krise genutzt werden, um Berlin als Messestandort auszubauen. Zudem sollten alle Läden unabhängig von ihrer Größe bei Einhaltung der Verhaltensregeln öffnen dürfen. In Geschäften soll Maskenpflicht gelten.
CDU-Fraktionsvorsitzender Dregger kritisierte, der Senat reagiere immer nur und denke nicht weiter als zwei Wochen im Voraus. Die CDU wolle vor der Lage agieren – „dass wir uns bereits heute die Gedanken machen, wie Unternehmer nach der Krise wieder zur Normalität kommen“. Alle Normalisierungsschritte seien aber nur möglich, wenn die Menschen weiterhin die Regelungen zum Infektionsschutz einhielten. Das schlimmste Szenario wäre ein erneuter Shutdown nach einer Öffnung.
Kalayci: Sind "mitnichten über den Berg"
Nach Ansicht des Senats ist die Strategie zur Virus-Eindämmung bislang aufgegangen, Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) warnte aber am Montag im Gesundheitsausschuss des Abgeordnetenhauses eindringlich vor Rückschlägen. Es gebe nach einem „Kraftakt für die gesamte Stadt“ noch keinen Grund zur Entwarnung,. Passe man nicht auf, stiegen die Zahlen schneller wieder an. In der Pandemie sei man „mitnichten über den Berg“, Lockerungen würden daher schrittweise angestrebt.
Der FDP-Politiker Florian Kluckert bezweifelt, ob die Stadt auf die Lockerungen vorbereitet sei: So dürften bald viele Fahrgäste in Busse und Bahnen drängen. Unklar sei, wie Infektionen vermieden werden könnten. Kluckert sprach von „Salamitaktik“, das könne „nicht der Anspruch von politischer Führung sein“. Auch der SPD-Abgeordnete Lars Düsterhöft kritisiert den Senat: Den Ankündigungen zufolge wolle die rot-rot-grüne Landesregierung viele Geschäfte wieder öffnen lassen, während Freizeiteinrichtungen geschlossen blieben.
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Kalayci war auch zu den 4500 Klinikmitarbeitern befragt worden, die einen Corona-Krankenhaus-Pakt fordern. Am Wochenende hatte eine Initiative von Charité- und Vivantes-Beschäftigten von Rot-Rot-Grün bessere Schutzausrüstung, 500 Euro Risikozuschlag pro Pandemiemonat und eine vorsorgeorientierte Krankenhausfinanzierung verlangt. Die Initiative sei „genau richtig“, sagte Kalayci.
Sie selbst wolle sich um bundeseinheitliche Risikoboni bemühen und auch die Lage in den Töchterfirmen der landeseigenen Klinikkonzerne klären lassen. Insbesondere im „Labor Berlin“ – dessen Mitarbeiter derzeit massenhaft Proben auf das Coronavirus testen – liegen die Monatslöhne Hunderte Euro unter dem Niveau des im Charité-Stammhaus üblichen Tarifs.
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