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In der Rigaer Straße flogen zuletzt immer wieder Steine auf Polizisten.
© Maurizio Gambarini/dpa

Berlin-Friedrichshain: Was beruhigt die Rigaer Straße?

Der Bezirk begutachtet das Straßenpflaster und ein Gerichtstermin ist geplatzt. Die Rigaer Straße träumt weiter von etwas Ruhe.

Innensenator Andreas Geisel (SPD) sehnt sich nach Entspannung in der Rigaer Straße. Dazu hätte möglicherweise die Räumung des Lokals „Kadterschmiede“ im Hinterhof der Rigaer 94 beitragen können, die von der Eigentümergesellschaft des Hauses betrieben wird. Am 29. Juni sollte die erneut verhandelt werden. Doch weil der Geschäftsführer gestorben ist, muss der Termin verschoben werden, bestätigte Rechtsanwalt Markus Bernau.

Die Lage ist verzwickt: Einige Wohnungen in dem Haus sind normal vermietet, andere besetzt. Die Unverletzlichkeit der Wohnung gehört zu den Prinzipien des Rechtsstaates. Eine unüberlegte Räumung wie unter Geisels Vorgänger Henkel wurde vom Gericht gerügt, das Urteil stellte die alte Gemengelage im Haus wieder her. Das hat der neue Innensenator im Blick, wenn er nach „rechtssicheren“ Maßnahmen zur Befriedung des Hauses sucht.

Maßnahmen gegen die Steine-Schmeißer

Die Asphaltierung der Straße soll jetzt kurzfristige Abhilfe gegen die sich häufenden Steinwürfe auf Polizisten schaffen. Mitarbeiter der Bezirksverwaltung von Friedrichshain-Kreuzberg wollten den Nutzen einer solchen Maßnahme prüfen, nachdem Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne) in einer spontanen Reaktion die Asphaltierung des Straßenlandes angeregt hatte.

Vor Ort trifft, wie berichtet, die angekündigte Reaktion auf die Krawalle am vergangenen Wochenende auf ein geteiltes Echo. Der Ärger um die dauernde Wiederkehr der Gewalt hatte aber auch im Abgeordnetenhaus den Ruf nach mehr Polizei ausgelöst. Klärt das vielleicht die Probleme?

 Rigaer94 als Rückzugsort der Gewalt

Innensenator Geisel ist da skeptisch: „Polizei allein wird das Problem in der Rigaer Straße nicht lösen können“, sagt er. Andererseits würden die Ordnungshüter „entschlossen und hart durchgreifen“. Und das hätten sie auch am Wochenende getan, meint Geisels Sprecher Martin Pallgen: „Die Reaktionszeit war hervorragend.“ Die Polizei sei „in kürzester Zeit“ vor Ort gewesen und habe dem Spuk innerhalb von 45 bis 60 Minuten ein Ende bereitet.

Für die Innenverwaltung „funktioniert“ die Polizeiarbeit. Zumal es auch vier Verhaftungen mutmaßlicher Randalierer gegeben habe. Ein Signal an die Szene, dass solche Gewaltexzesse eben nicht unbedingt folgenlos bleiben. Gibt es aber konkrete Maßnahmen, um der Rückkehr des Spuks vorzubeugen? Ja, heißt es bei der Innenverwaltung weiter, es gelte Lösungen zu finden, damit „die Rigaer 94“ nicht mehr „als Rückzugsraum“ für Gewalttäter dienen kann.

 Asphalt vertreibt keine Chaoten

„Pflastersteine wegzunehmen wird keine Chaoten vertreiben“, sagte der Generalsekretär der CDU Stefan Evers. Umgekehrt sei es richtig: „Wo die Chaoten vertrieben sind, da fliegen auch keine Pflastersteine.“ Auch mit einem Dialogverfahren seien die Probleme in der Rigaer Straße nicht zu lösen – weil gewaltbereite Linksextreme nicht für Gespräche offen seien. Kurzum, der Staat müsse sein Gewaltmonopol durchsetzen, um dem Chaos ein Ende zu setzen.

Konkret heißt das für die CDU: Durch Erlass einer „Gefahrenabwehrverordnung“ könne die Vermummung, das Horten von Pflastersteinen oder anderen gefährlichen Werkzeugen unter Strafe gestellt werden. Außerdem brauche es politische Rückendeckung für die Verfolgung von Straftätern durch die Polizei. Notfalls müssten sich die Beamten auch gewaltsam Zugang zu Wohnräumen verschaffen dürfen, in die sich Verdächtige zurückziehen – jedenfalls wenn diese zuvor durch gezielte Angriffe das Leben von Beamten in Gefahr gebracht hätten.

Dass solche Vorschläge in der Koalition keinen Anklang finden, ist Evers bewusst: „In Berlin sind wir leider wieder bei der Klärung von Grundsatzfragen angelangt“.

Ohne Gespräche geht gar nichts

In der Rigaer prallen die Gegensätze von Designer-Architektur und abgerockten Altbauten mit anarchistischen Parolen auf bunten Transparenten unvermittelt aufeinander. Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) hat dem Senat die Zusage gegeben, hier Gespräche aufzunehmen und zu moderieren zwischen alten und neuen Bewohnern. „Uns geht es nicht um die Nivellierung alternativer Lebensformen“, heißt es bei der Innenverwaltung.

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