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Ein Piks und fertig. Seit Montag hat das Impfzentrum in der Arena wieder geöffnet.
© Paul Zinken/dpa

Immunisierung gegen das Coronavirus: Warum in Berlins einzigem Impfzentrum so wenig geimpft wird

Das bisher einzige Impfzentrum in Berlin ist wieder offen – auch zehn über 90-Jährige sind am Montag gekommen. Läuft jetzt alles nach Plan? Ein Besuch.

Ab und zu kommen Geimpfte aus der Arena in Treptow, dem einzigen derzeit offenen Impfzentrum der Stadt. Eine Frau mit gelber Warnweste hält jedem einzeln die Tür auf und wünscht einen schönen Tag. Um die Augen der Heraustretenden sind Lachfalten zu sehen. Angelika Hohenhaus-Napoleon, Pflegefachkraft in einem Altenheim, nimmt schnell die FFP2-Maske ab.

Sie strahlt: „Die sind hier alle so freundlich. Wo gibt es das heutzutage noch?“ Sie ist mit zwei Kolleginnen gekommen, gleich am Montagmorgen, gemeinsam haben sie sich in der vergangenen Woche angemeldet.

Hohenhaus-Napoleon ist als Erste mit dem Parcours fertig. Sie beschreibt ihn vor der Tür: „Zuerst wird die Temperatur gemessen, danach weist man sich aus und wird aufgenommen – wie beim Arzt eigentlich.“

Überall würden Bundeswehrsoldatinnen und -soldaten zur Stelle stehen, die den Weg zur nächsten Station zeigen. In der Kabine angekommen, habe die Ärztin, „die übrigens sehr nett war“, über den Impfstoff aufgeklärt und bot an, offene Fragen zu beantworten.

Anschließend habe die Medizinerin die Spritzen geholt. „Pieks und fertig. Das war überhaupt nicht schlimm“, sagt die 60-Jährige. Danach gibt es noch einen Aufenthaltsbereich, da könne man sich für bis zu 30 Minuten setzen, ausruhen und auf Toilette gehen. Der sei aber vor allem für die Älteren gedacht, sagt Hohenhaus-Napoleon.

Auch Heiko Doberschütz kommt lächelnd aus der zum Impfzentrum umfunktionierten Veranstaltungshalle. „Das ist alles sehr strukturiert“, sagt er. Der 33-Jährige arbeitet in der Behindertenpflege. So langsam habe er die "Schnauze voll" von den Abstandsregeln. „Das ist der Beitrag, damit es endet“, sagt er.

Doch bislang hatten nicht viele die Gelegenheit dazu, den zu leisten: Die Schlange vor dem Einlass ist überschaubar. Ursprünglich sollte am 27. Dezember das große Massenimpfen starten, doch wegen Lieferengpässen beim Impfstoff ist die Arena das einzige von sechs Impfzentren, das in Berlin derzeit offen hat – und selbst das war drei Tage nach Öffnung wieder geschlossen, weil es um den Jahreswechsel zu wenig Nachfrage gab.

An diesem Montag ist also das erste Mal in diesem Jahr offen und der erste Tag, an dem auch über 90-Jährige zum Impfen kommen. Insgesamt zehn haben sich angemeldet. Die Erste kommt um 9 Uhr, sie wird im Rollstuhl an der Schlange vorbei in die Halle geschoben. Bei dem Ausfüllen der Papiere bekommt sie Hilfe. Später werden noch zwei Frauen erwartet, die über 100 Jahre alt sind, sowie eine 98-jährige und eine 99-jährige Person.

Das Problem: zu wenige Impfdosen

Auch der Impfzentren-Manager Albrecht Broemme ist zu diesem besonderen Anlass gekommen: „Wir haben geplant, dass wir jeden Tag 600 bis 800 Impfungen machen könnten. Heute sind wir nicht ganz auf diesem Niveau“, sagt er. Vom Deutschen Roten Kreuz heißt es: Bis zum späten Nachmittag seien etwa 500 Personen geimpft worden. Für die nächsten Tage stehen je 600 Dosen bereit.

Broemme bringt das Problem gleich auf den Punkt: „Impfdosen sind natürlich nicht genug vorhanden, denn sonst hätten wir mehr als ein Impfzentrum offen.“ Außerdem seien in den vergangenen Tagen nur die über 90-Jährigen eingeladen worden, eigentlich sollten auch die über 80-Jährigen in der ersten Phase geimpft werden.

Bei den Einladungen zum Impfen handle es sich um ein „sehr filigranes System“, sagt Broemme. „Wenn man zu viele Einladungen verschickt, haben zu viele Leute gleichzeitig den Brief und wollen sich dann einen Termin geben lassen.“ Das könne zu längeren Wartezeiten führen „und die wollen wir verhindern“. Laut Deutschem Roten Kreuz sind die Briefe vergangenen Mittwoch verschickt worden, wie viele und ob die schon bei den Empfängern angekommen sind, ist unklar.

Wer solch einen Brief bekommt, erhält dabei eine Nummer. Mit der könne man sich online oder am Telefon registrieren und einen Termin vereinbaren, erläutert Broemme. Er sei gespannt, wie viele sich zur Impfung in der Arena in den nächsten Tagen noch anmelden. Zusätzlich impften mobilen Teams am Montag ungefähr 2000 Menschen in Heimen.

Broemme ist der Star der Anti-Corona-Infrastruktur in Berlin

Insgesamt leben in der Hauptstadt rund 23.400 Personen, die 90 Jahre und älter sind. Wer möchte, könne kostenlos mit dem Taxi zum Impfzentrum fahren, sagt Broemme, dann wird er von einem der Taxifahrer abgelenkt. Der will unbedingt ein Foto mit dem Impfzentren-Manager neben einem der gelben Fahrzeuge machen. Der Taxiunternehmer Boto Töpfer koordiniert die Fahrten. Vor der Arena stehen verschieden Automodelle für die Mitnahme von Rollatoren und Rollstühlen. Töpfer sagt anerkennend in Richtung Broemme: „Es gibt Leute, die auch heute noch wirklich was bewegen.“

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Der 67-Jährige Broemme ist eigentlich schon pensioniert. Doch in der ersten Corona-Welle wurde er zurückgeholt, dann koordinierte er in Rekordzeit Berlins Corona-Krankenhaus. Es folgte die Einrichtung der Impfzentren. Jetzt ist er so was wie der Star der Anti-Corona-Infrastruktur in Berlin. Er trägt, wie so oft, eine dunkelblaue Jacke mit Reflektorstreifen, die er vom Technischen Hilfswerk als Abschiedsgeschenk zur Rente bekommen haben soll.

In Berlin sollten laut ursprünglicher Planung täglich 20.000 Menschen geimpft werden. Bei ausreichend Anmeldungen und Impfstoff könnten es alleine in der Arena täglich 5.000 sein. Broemme sagt dann noch: „Ich schätze mal, nächste Woche geht es mit den nächsten zwei Impfzentren weiter und dann in vielleicht vierzehn Tagen mit den anderen.“ Seine Prognose lautet außerdem: „Ende Januar gibt es Impfstoff in Hülle und Fülle.“ Einige Meter weiter machen sich Angelika Hohenhaus-Napoleon und ihre Kolleginnen auf den Rückweg – mit gutem Gefühl. Sie werden in drei Wochen wiederkommen. Am 25. Januar bekommen sie die zweite Impfung.

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