3. German Rum Festival in Berlin: Warum? Da, Rum.
Am Gleisdreieck treffen sich Fans und Produzenten des Hochprozentigen auf dem 3. German Rum Festival. Organisiert wird das Event von einem Schöneberger. Dirk Becker will Rum populär machen - und deutsche Vorurteile abbauen.
Als die schwarze Flasche auf dem Tresen steht, dunkel wie ein Opalith, geht es nicht mehr nur um Rum, es geht auch um Historie. Warum? Darum. Dirk Becker, Inhaber des Rum Depot in Schöneberg, zeigt auf die Flüssigkeit. Da, Rum. „Das ist flüssige Geschichte.“ Er meint: Black Tot, den Legendentrunk, 54,3 Prozent, 0,7 Liter für fast 800 Euro. Mehr als 300 Jahre hatte die königlich-britische Marine an ihre Matrosen Rum ausgeschenkt, er gehörte zur täglichen Ration wie das Brot. Dann endete die Tradition. Es hatte Beschwerden gegeben, wegen betrunkener Mannschaften, das sei nicht mehr zeitgemäß. Die diesbezügliche Debatte erregte über eine Stunde das britische Unterhaus. Am 31. Juli 1970 händigte man zum letzten Mal den marineeigenen Rum aus, der Tag ging als Black Tot Day in die Geschichte ein, die Matrosen trugen kollektiv Schwarz. Die Restbestände ließ die Navy abfüllen und verkorken. Etwa 6000 Flaschen, so genau weiß das niemand. Eine davon steht, in schwarzer Walnusskiste, in Beckers Laden. Wie eine Trophäe.
Mehr als 600 verschiedene Sorten sind in dem Laden in der Apostel-Paulus-Straße versammelt. 2010 hat Becker eröffnet, aber er und Rum, diese Ehe währt schon länger. Becker hat sich 25 Jahre durch die Gastronomie gearbeitet, war Barkeeper, Koch, Kellner. In anderem Gewerbe: Goldschmied, Messeveranstalter. Ein Ausloter, ein Vielprobierer. Nun also Rum. „Whisky und Gin haben mir nie geschmeckt. Für Rum habe ich mich hobbymäßig interessiert und dann wurde die Sammlung immer größer.“ Zu Beginn 20, dann 70, dann 100 Flaschen.
Das erste Mal? Becker lacht. In den USA, an der Kreuzung ein Liquor Store, rein mit Durst, raus mit Rum, natürlich in Papier getütet, öffentliches Trinken ist in den Staaten verpönt. Becker schaut sich um. Das durch die Fenster flutende Sonnenlicht lässt die Flaschen in den Regalen, auf dem Fass, am Boden, glitzern. Viel Mahagoni. Geschnitzte Meerjungfrauen. Kolonialstil. Der Mann in dem blauen Jackett und dem feinen Hemd hat sich ein karibisches Refugium errichtet. Er kennt die Produzenten. Besucht sie, besucht ihre Messen. Und lädt sie ein, seine eigene Messe zu besuchen.
Das German Rum Festival organisiert der 47-Jährige in Eigenregie. Zum dritten Mal kommen am Gleisdreieck Produzenten, Abnehmer, Kenner und Juroren zusammen, um sich auszutauschen und den besten Rum zu küren. „Es gibt Messen für Wein und für Whisky, also warum nicht auch für Rum?“ Becker glaubt, dass Rum immer noch unterschätzt wird in Deutschland. „Viele Leute denken doch, Rum gehört in den Tee oder mit Cola gepanscht.“ Dabei ist das Produkt aus Melasse, Zuckerrohrsaft und Wasser aromareich und vielfältig, an die 16 000 Rumsorten gibt es weltweit. Hochprozentigen Original, Eichenfassrum, Portweinfassrum. Dunklen, hellen, klaren. „Ich appelliere ja immer an die Leute, auch beim Rum auf Qualität zu achten.“ Also vor allem auf die Reifung, nicht nur auf den Preis und nicht nur auf Supermarktware. Langsam, glaubt Becker, dringt seine Botschaft durch. Die von ihm angebotenen Verkostungen, zu denen er Käse und Schokolade reicht, werden voller. Auf der Messe erwartet er 3000 Besucher. Mittlerweile versuchen sich sogar drei deutsche Mikrodestillen am eigenen Erzeugnis. Rum erlebt, nach den harten Jahren des Destillensterbens und der Prägung durch den Massengeschmack, eine kleine Renaissance.
Becker freut das. Er verstaut den Black Tot hinter der Theke, dann ruft schon der nächste Termin. Längst kann der deutsche Rumbotschafter vom Geschäft mit der Spirituose leben.
Am 5. und 6. Oktober 2013 findet das 3. GERMAN RUM FESTIVAL in der "Station Berlin" statt. Besucher können am Samstag und Sonntag von 12 bis 21 Uhr über die Messe flanieren und allerlei entdecken. Mehr als 65 Hersteller präsentieren über 320 Sorten, es gibt Blindtastings, Masterclasses und Vorträge. Im Rahmen des Festivals vergibt eine Jury den Award für den besten Rum. Anfahrt: Luckenwalder Straße 4-6, U-Bahn bis Gleisdreieck.
Moritz Herrmann