zum Hauptinhalt
Das Pergamon Museum sprengt den Kostenplan, wie viele Bundesbauten.
© dpa

Kostenexplosion in Berlin: Warum Bundesbauten immer teurer werden

In Berlin reihen sich die Problembaustellen aneinander: Museumsinsel, Regierungsviertel, BND. Die Extrakosten gehen aufs Konto von Schlamperei, mangelhafter Kontrolle sowie später Sonderwünsche.

Pergamon-Museum, BND-Neubau an der Chausseestraße, das ewig unvollendete Lüders-Haus und das absaufende Kanzleramt, die Liste der Problembauten des Bundes, die Kosten- und Zeitplan sprengen, ist bekannt. Auf knapp eine Milliarde Euro kommt, wer die geschätzten zusätzlichen Kosten zusammen rechnet, die Bundesbauministerin Barbara Hendricks (SPD) zur Fertigstellung dieser 40 Vorhaben aufwenden muss. An diesem Donnerstag wird Hendricks deshalb auf der Problembaustelle Museumsinsel das „Reformprogramm Bundesbau“ vorstellen, mit der die Kontrolle über die Problemfälle zurückgewonnen werden soll.

Schon wabern Gerüchte, wonach das Bundesamt für Bauen und Raumordnung (BBR), das viele öffentliche Vorhaben verantwortet, vor der Abwicklung stehe. Anderen geben den Nutzern die Schuld, weil diese nach Abschluss der Planung Änderungen verlangen, was Kosten- und Zeitplan sprengt. Wieder andere nennen führen schwierigen Baugrund an: Märkischer Sand und Grundwasser machten Bauvorhaben in Berlin zum Abenteuer.

Ein Aus für das BBR wird es nicht geben, im Gegenteil: Das Bundesamt soll mehr Kompetenz, Macht und Personal erhalten. Für die kommenden Jahre seien „im Bereich der Projektsteuerung umfangreich neue Stellen beantragt“, erklärte das BBR auf Anfrage. Das sei Ausdruck einer Kurskorrektur des Bundesbauministerium: In früheren Legislaturperioden sei „in den Bauverwaltungen gespart und auf die Verlagerung der Aufgabenwahrnehmung durch die Privatwirtschaft gesetzt“ worden. Nun soll das „Projektmanagement“ wieder „essenzielle Bauherrenaufgabe“ werden. Kurzum: „Die Reform Bundesbau des Bundesbauministerium setzt auf ein starkes Projektmanagement als Kernkompetenz der Bauverwaltung.“

134 Millionen statt 71 Millionen Euro

Die Wende ist auch eine politische: von CSU-Mann Peter Ramsauer als Bauminister zu SPD-Ministerin Barbara Hendricks. Diese war kurz nach ihrem Amtsantritt offenbar so schockiert über das CSU-Erbe, dass sie eine „Übersicht zu zivilen Großen Bundesbaumaßnehmen“ öffentlich machte. Diese Giftliste wurde, wie berichtet, im Juni des Jahres aktualisiert – und beförderte als neuste Chaosbaustelle die Sanierung des Pergamon-Museums zutage.
Auf der Liste finden sich außerdem die altbekannten Problemfälle, wie der Neubau für den Bundesnachrichtendienst: mit 720 Millionen Euro ursprünglich geplant, stiegen die zurzeit geschätzten Gesamtkosten auf 1,04 Milliarden Euro. „Kündigungen, Insolvenzen, ungenügende Planungsleistungen Dritter, Prozessrisiken und Terminsicherungsvereinbarungen“ nennen die Experten der Bauverwaltung als Ursachen.

Einen neuen Stand gibt es bei der bekannten Kostenexplosion beim Neubau der James-Simon-Galerie, wie das Pergamonmuseum Teil des Masterplan Museumsinsels: 134 Millionen statt 71 Millionen Euro kostet diese. Wie berichtet sind „schwierige Gründungsarbeiten“ schuld am Desaster, die Fundamente mussten unter Wasser gestützt werden. Aufs Konto von Schlamperei, mangelhafter Kontrolle sowie späte Sonderwünsche exaltierter Nutzer geht nur ein Teil der Extra-Kosten von Bundesprojekten. Ein Fehler im System liegt darin, dass in den prognostizierten Kosten generell die „Inflation“ der Baupreise nicht enthalten sind, obwohl diese konjunkturbedingt rasant steigen. Dadurch ist es gleichsam unmöglich, Bundesprojekte im Kostenrahmen fertig zu stellen, schon gar nicht wenn die Kosten wie bei der Staatsbibliothek Unter den Linden vor mehr als einem Jahrzehnt im Jahr 2003 geschätzt wurden. Diese wird statt 326 Millionen Euro 427 Millionen kosten. Hendricks Reform will dies künftig berücksichtigen.

Wie berichtet ist auch das Regierungsviertel eine Problembaustelle: Die Erweiterung des Lüders-Hauses wird „nicht vor 2020“ fertig, die Kostensteigerung ist noch gar nicht zu beziffern. Die Bundestagsbüros in der früheren Bankgebäude Wilhelmstraße 64 und 65 werden wegen des Nutzers teurer: „Mehrkosten und Verzögerungen durch nachträglichen zusätzliche Wunsch nach einem Fußgängertunnel“ verzeichnet die Giftliste, weshalb die Kosten von knapp 34 auf 45 Millionen Euro steigen.

Zur Startseite