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Traditioneller Abiball, aufgenommen im Jahr 2011.
© Jens Wolf dpa/lbn

Angst vor Stornierungsgebühren: Warum Abschlussklassen mit der Absage ihrer Abibälle warten sollten

Die traditionellen Abibälle können wegen der Coronakrise wohl nicht stattfinden. Jetzt befürchten die Absolventen, auf einem Teil der Kosten sitzenzubleiben.

Glitzernde Kleider, gebügelte Anzüge, ein üppiges Buffett und klassische Tänze – in normalen Zeiten endet die Schulzeit pompös. Doch an Abibälle scheint mitten in der Coronavirus-Pandemie kaum zu denken zu sein. Einige Abschlussklassen befürchten jetzt, statt eines traumhaften Tanzabends einen finanziellen Albtraum zu erleben und auf einem Teil der Kosten sitzen zu bleiben. 

Deshalb fordert der Landesschülerausschuss (LSA) Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) auf, „öffentlich Stellung zur Durchführung von Abibällen im Jahr 2020 zu beziehen, damit Organisationen zur Planung von Abibällen keine Stornogebühren anfordern können.“ 

Die Senatsverwaltung für Bildung teilte mit, Abibälle seien keine schulischen Veranstaltungen. "Es handelt sich um private Veranstaltungen von Schülerinnen und Schülern. Welche Möglichkeiten es gibt, geleistete Zahlungen zurückzuverlangen bzw. Zahlungen zu verweigern, kann nicht generell beantwortet werden."

Das Problem der Schüler: Nur wenn es eine behördliche Anordnung gibt, die die Zusammenkünfte verbietet, sind die Veranstalter dazu verpflichtet, den Schülern die gesamten Kosten zu erlassen. Doch die Berliner Verordnung gilt bisher nur bis zum 5. Juni. Dass in den Abiball-Monaten Juni und Juli große Freizeitveranstaltungen erlaubt sein werden, hängt von der Infektionsentwicklung ab, ist aber äußerst unwahrscheinlich.

Während sich einige Unternehmen bei der Stornierung kulant zeigen würden, habe sich laut LSA-Sprecher Miguel Góngora zum Beispiel die Organisation „Abiplaner“, die jährlich rund 90 Abifeiern organisiere, nicht dazu bereit erklärt. Wer hier storniert, muss 6000 Euro Stornogebühren entrichten – so ist es im Vertrag festgehalten. Als Alternative biete die Firma an, das Event zu verschieben oder Gutscheine auszustellen. Das sei nicht richtig, sagt Góngora, schließlich würden die Klassen ja nicht freiwillig stornieren, sondern wegen der Krise.

Olaf Marsson, Geschäftsführer von "Abiplaner", bittet um Verständnis. Die Agentur habe ihrerseits Verträge abgeschlossen, von denen sie nicht zurücktreten könne. "Wir können Verträge, zum Beispiel für die Räumlichkeiten, nach aktueller Rechtslage nicht stornieren." Deshalb müsse "Abiplaner" derzeit davon ausgehen, dass die Veranstaltungen stattfinden. Marsson appelliert an die Schüler, sich an die Agentur zu wenden und gemeinsam Kompromisse auszuarbeiten.

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Allgemein ist es wohl ratsam, dass sich Abiturienten zunächst überlegen, ob sie ihren Abiball im Fall der Verlängerung der Maßnahmen lieber verschieben oder ganz absagen möchten. „Wenn die jetzigen Einschränkungen verlängert werden, müssen die Schüler ihr Geld zurückbekommen“, sagt Marion Weitemeier, Redakteurin bei der Stiftung Warentest. „Denn dadurch, dass der Veranstalter die Leistung nicht erbringen kann, müssen die Abiturienten sie auch nicht bezahlen.“ 

Gutscheine oder Verlegungen müssten sie nicht akzeptieren. Wer hingegen bereits jetzt für einen Zeitraum storniert, für den bislang keine Einschränkungen bekannt sind, muss mit Stornierungskosten rechnen. 

Das heißt: Für Abschlussklassen, die nicht feiern wollen, könnte es sich lohnen, auf die Verlängerung der Corona-Bekämpfungsmaßnahmen zu warten. LSA-Sprecher Góngora spricht indes von einer „unnötigen weiteren Stressituation für Abiturienten“. Es sei belastend für die Schüler, das Event weiter zu organisieren, zum Beispiel Musik und Deko auszusuchen. Deshalb fordert er „Nachsicht“ von den Unternehmen.

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