Preußische Eisenbahn: Vor 180 Jahren eröffnete die erste Bahnstrecke zwischen Berlin und Potsdam
Am 29. Oktober 1838 fuhr die erste Eisenbahn auf der neuen Strecke. Dabei war der König Friedrich Wilhelm III. zunächst skeptisch. Ein Rückblick.
Selbstverständlich war der Zug nicht pünktlich, startete aus Berlin mit einigen Minuten Verspätung, aber das dürfte die Reisenden an jenem 29. Oktober 1838 nur wenig gestört haben, ja, es machte die Reise doch nur noch spannender. Und das konnte ihnen sowieso niemand nehmen: Sie würden die ersten Berliner Eisenbahn-Reisenden sein.
Es ist in den vergangenen Jahren oft von der gewünschten, geplanten, abgelehnten Wiedereröffnung der Stammbahn die Rede gewesen, dem Lückenschluss der Bahnverbindung zwischen Berlin und Potsdam. Erst vor wenigen Tagen hat die Deutsche Bahn ihre Pläne bezüglich einer Erneuerung dieses Schienenweges noch einmal bekräftigt. Ob aber wohl jeder Teilnehmer an der oft heftig geführten Diskussion die Herkunft des Namens Stammbahn erklären könnte, sei dahingestellt. Dabei ist es so einfach: Die Strecke Berlin-Potsdam war die erste Eisenbahnverbindung Preußens, teileröffnet am 22. September 1838, als es von Potsdam aus nur bis nach Zehlendorf ging, komplett in Betrieb genommen heute vor 180 Jahren.
Skeptische Preußen
Erst drei Jahre zuvor war zwischen Nürnberg und Fürth das Eisenbahnzeitalter auch in Deutschland eröffnet worden, in Preußen dagegen war man bei Hofe anfangs skeptisch. „Kann mir keine große Seligkeit davon versprechen, ein paar Stunden früher von Berlin in Potsdam zu sein“, grummelte Friedrich Wilhelm III. Sein Thronfolger, der spätere Friedrich Wilhelm IV., dagegen erkannte die Zeichen der Zeit und jubelte nach der – angeblich sogar auf der Lok absolvierten – Jungfernfahrt: „Diesen Karren, der durch die Welt rollt, hält kein Menschenarm mehr auf.“ Womit er wohl eher den Zeitgeist traf als der eher auf Gemütlichkeit schwörende Herr Papa. Die „Berlinischen Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen“ schwärmten denn auch von einem „lichten Moment in der Geschichte Berlins“, während die „Vossische Zeitung“ in der Eröffnung der kompletten Strecke gar den „Anfangspunkt einer höchst segensreichen, bedeutungsvollen Zukunft“ sah.
Im Jahr vor der Eröffnung der Strecke hatte die Berlin-Potsdamer Eisenbahngesellschaft vor dem Potsdamer Tor ein zuvor für das Bleichen von Stoffen genutztes Grundstück erworben und dort, nahe dem Potsdamer Platz, den ersten Bahnhof Berlins errichtet. Das Gegenstück in Potsdam befand sich etwa dort, wo sich noch heute der Hauptbahnhof von Brandenburgs Landeshauptstadt befindet. Auch Zehlendorf hatte eine Station, 1839 folgte Steglitz.
Die Züge, vorneweg Robert Stephensons „Adler“, stammten noch aus englischer Produktion. Die erste Lok des Berliner Eisenbahnkönigs August Borsig wurde erst 1840 montiert. Da hatte es bereits den ersten Eisenbahnunfall gegeben.
Der 13. Tag war der Unglückstag
Für den Bahnhof vor dem Potsdamer Tor hatte die Berliner Polizei strenge Verhaltensregeln erlassen, ordnete „größte Vorsicht bei dem Verkehr in der Nähe der Bahn und auf den Übergängen derselben“ an: „Die zur Befriedung der Bahn und zur Sicherung der Übergänge dienenden Verschluss-Anlagen dürfen nicht bestiegen werden, auch darf niemand an solche andrängen.“ Aber ausgerechnet am 13. Tag nach Eröffnung fuhr eine Lok auf einen vor ihr fahrenden Zug auf. Köpfe stießen zusammen, es gab Beulen und eine Frau verlor zwei Zähne.
Täglich vier „Dampfwagen-Fahrten“ hin und zurück gab es anfangs, um die 40 Minuten wurden für die 26 Kilometer benötigt. Einer der regelmäßig das neue Transportmittel nutzenden Berliner war der Maler Adolph Menzel, der in Potsdam gern seinen Freund Wilhelm Puhlmann besuchte. Der erwarb auch die Ölskizze „Die Berlin-Potsdamer Bahn“ (1847), die sich heute in der Nationalgalerie befindet. Zwei Jahre zuvor hatte Menzel dazu eine Bleistiftskizze angefertigt, die Bahngleise noch ohne Zug.
Nun dampft die Lok mit ihren Waggons unten aus dem Bild heraus, während im Hintergrund Berlin zu sehen ist. Der letzte Wagen hat soeben einen Bahnübergang passiert, Menzel selbst muss dort gestanden haben, wo sich heute der S-Bahnhof Großgörschen-/Yorckstraße befindet – also auf freiem Feld.