Berliner Flughäfen: Volksbegehren für Tegel fordert Politiker und Juristen
Die Berliner stimmen über die Zukunft des Flughafens Tegel ab. Und Juristen suchen eine Lösung, die den Hauptstadtflughafen BER nicht gefährdet.
18 Prozent für die FDP – mit diesem Ziel zogen die Liberalen einst in den Bundestagswahlkampf. Nun wollen sie am Wahltag im September, um die Mehrheit aller Stimmen kämpfen – jedenfalls um die der Berliner Wahlberechtigten: damit Tegel offen bleibt. Dass die Chancen nicht gar so schlecht sind, zeigt das offizielle Endergebnis des Volksbegehrens: Ungefähr 18 Prozent mehr als die erforderlichen 174.000 Unterschriften kamen laut Landesabstimmungsleiterin zusammen.
Kann aber Tegel überhaupt in Betrieb bleiben, wenn das Volk es wirklich will? Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos, für Grüne) sagt auf Anfrage: Nein. „Der Flughafen Tegel kann nach bisherigem Stand nicht einfach so offen gehalten werden, wie es die Initiatoren des Volksentscheids behaupten.“ Denn nicht allein Berlin entscheide darüber, so Günther weiter, sondern auch Brandenburg und der Bund. Und „beide haben nicht signalisiert, ihre Meinung ändern zu wollen.“
Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits gesprochen
Ob der Berliner Senat sich aber wirklich hinter dem Bund und Brandenburg verstecken und gegen den Willen des Volkes durchregieren kann? Für den Mitinitiator des Volksentscheids Sebastian Czaja, Generalsekretär der FDP, wäre eine solche „fortdauernde Blockade der Offenhaltung Tegels durch den Senat ein Irrtum mit fatalen Folgen für die Weltmetropole Berlin“. Und es wäre auch eine politische Instinktlosigkeit, die die Opposition dem Senat wohl immer wieder vorhalten würde.
Eher wird der Kampf um Tegel wohl auf dem Feld der Paragrafen entschieden. Und da führt der ehemalige Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) das wohl stärkste Argument für die Schließung Tegels auf: Das Urteil des Bundesverwaltungsgericht aus dem Jahr 2006. Die oberste Instanz hatte unmissverständlich festgestellt: „Das Ausbauvorhaben in Schönefeld (BER) und die Schließung der beiden Stadtflughäfen (Tegel und Tempelhof) bedingen einander und sind untrennbar miteinander verbunden.“
Der Rechts- ist der Königsweg
Ein kluger politischer Schachzug der FDP war es deshalb, dem Volk eben keinen Gesetzesentwurf zur Abstimmung vorzulegen – sondern einfach nur ein politisches Ziel. Wo ein (politischer) Wille ist, da findet sich ein Weg, gab Generalsekretär Czaja als Losung aus und wies den Weg: „Neben dem Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags hat auch der Wissenschaftliche Dienst des Abgeordnetenhauses bereits 2013 klar festgestellt, dass ein Weiterbetrieb des Flughafens rechtlich möglich ist.“ Der Rechtsweg ist eben nicht ausgeschlossen im Fall von Tegel, sondern ganz im Gegenteil der Königsweg. Und um diesen zu ebnen, will die FDP ein Team von Rechtsexperten zusammenbringen, die wenige Tage nach dem Volksentscheid dem Senat Auswege aus der rechtlichen Sackgasse vorlegen sollen. Einer könnte darin bestehen, grob gesagt, die wegen der ständig verschobenen Eröffnung des BER ebenso oft verschobene Schließung von Tegel einfach auf Dauer fortzusetzen.
Ein neuer Landesentwicklungsplan würde Jahre brauchen
Eine Voraussetzung dafür ist nach Auffassung einer von der FDP verbreiteten Rechtsauffassung, dass Berlin und Brandenburg die Ziele ihrer Raumordnung dahingehend ändern, dass der BER nicht länger zum „Single-Airport“ erklärt wird. Dann könne das Land Berlin den bereits erlassenen „Entwidmungsbescheid“ von Tegel für den Flugbetrieb widerrufen. Nach dieser Rechtsauffassung müsste der „Landesentwicklungsplan Flughafen“ zur Neuordnung des Flugverkehrs in der Region nicht angetastet werden.
Und darin besteht das größte Risiko des Manövers: Müsste ein neuer Landesentwicklungsplan erarbeitet werden, würde das Jahre dauern – und so lange dürfte der BER nicht ans Netz gehen. Genau damit rechnet der frühere Wirtschaftssenator Harald Wolf für den Fall, dass Tegel offen bleibt.
Das Wohl Berlins hängt an der Schließung Tegels
Die Grünen wiederum fürchten, dass Tegel ohnehin nicht von den großen Fluglinien wie Lufthansa angeflogen werden würde, wenn der BER erst einmal auf ist, sondern zu einem elitären Airport für „einige Wenige“ umgestaltet würde. Der Preis dafür wäre hoch, weil Millionen oder sogar Milliarden in den Lärmschutz investiert werden müssten für die „Hunderttausende“ in Tegel, die der Krach krank macht. Für Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek hängt gar das „Wohl der ganzen Stadt“ an der Schließung von Tegel, weil Berlin diese Flächen für bezahlbares Wohnen und neue Arbeitsplätze brauche.
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