8,5 Millionen Euro Überschuss bei Berliner Klinikkette: Vivantes macht Gewinn - aber auf wessen Kosten?
Berlins landeseigene Kliniken schreiben schwarze Zahlen – in diesem Jahr sollen es sogar elf Millionen Euro sein. Das kann wohl nur klappen, wenn die prekär Beschäftigten weiter wenig verdienen.
Die Berliner Vivantes-Kliniken haben das vergangene Geschäftsjahr erneut mit einem Bilanzplus abgeschlossen. Und zur Freude des SPD-CDU-Senats ihren – wenn auch vergleichsweise kleinen – Gewinn gesteigert. Vivantes ist der drittgrößte Arbeitgeber der Hauptstadt; mit seinen neun Krankenhäusern, 15 Heimen, zwölf Versorgungszentren und einem Pflegedienst setzte der kommunale Konzern 2015 fast 1,1 Milliarden Euro um.
Verglichen damit ist der Überschuss mit 8,5 Millionen Euro also bescheiden, weniger als ein Prozent. Allerdings waren es 2014 nur 7,9 Millionen Euro. Das Geschäft von Privatkrankenhäusern wirft oft bis zu 15 Prozent Gewinn ab; die Eigentümer erwarten Gewinne in dieser Größenordnung. Vivantes aber versorgt als Landesunternehmen auch Patienten, deren Behandlung von den Krankenkassen unzureichend vergütet wird. Kleinere Kliniken versuchen dagegen gern, vorzugsweise Patienten mit lukrativen Diagnosen zu behandeln. Bei Vivantes wird zudem saniert, einige Gebäude stehen unter Denkmalschutz, was Modernisierungen besonders teuer macht.
Für 2016 plant Vivantes elf Millionen Euro Plus
„Für uns ist das Ergebnis also ein Erfolg“, sagt Vivantes-Chefin Andrea Grebe am Donnerstag. „Und in diesem Jahr peilen wir sogar elf Millionen Euro an.“ Angesichts der skizzierten Probleme fragen nicht nur Ärzte und Pflegekräfte: Wie soll das gehen? Eigentlich drohen der Klinikkette arge Finanzprobleme, zumindest solange der Senat die Krankenhäuser knapp hält.
Erstens: Die Gewerkschaft Verdi fordert gerade, alle Vivantes-Mitarbeiter nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst zu bezahlen. Das hieße, bis zu 2000 Mitarbeiter in den Tochterfirmen für Technik, Catering und Reinigung besser zu bezahlen. Vivantes-Chefin Grebe wird deshalb nicht müde zu betonen, dass für solche Servicekräfte „marktkonforme Tarife“ nötig seien. Tausende Mitarbeiter müssten sich also mit weniger zufrieden geben, wenn der Konzern „kosteneffizient“ mit anderen Kliniken konkurrieren soll. Gleichzeitig kündigte Grebe an, bald neue Mitarbeiter einzustellen, Berlin wachse schließlich.
Vivantes-Mitarbeiter protestieren, Herz-Behandlungen fallen weg, Krankenhausreform droht
Zweitens: Bestimmte Herzeingriffe, Tavis genannt, sind lukrativ. Die Krankenkassen zahlen dafür tendenziell mehr, als eine Klinik für diese Behandlungen ausgibt. Nur dürfen Tavis bald nur noch dort durchgeführt werden, wo es eine Herzchirurgie gibt. Der Senat als Eigentümer aber hatte Vivantes angewiesen, auf eine Herzchirurgie zu verzichten: In Berlin soll es nach Wunsch der Landesregierung stattdessen eine Zentral-Herzchirurgie in Wedding geben. Die lukrativen Tavis fielen also weg. Grebe sagt diplomatisch: „Wir halten eine Herzchirurgie nach wie vor für wichtig.“
Drittens: Vivantes könnte unter den Folgen der aktuellen Krankenhausreform leiden. Indirekt bestraft die Reform jene Kliniken, die immer mehr Patienten mit bestimmten Diagnosen behandeln – dazu dürfte etwa der Einsatz von Hüft-Prothesen gehören. Vivantes macht fast alles, setzt also auch Hüft-Prothesen ein. Und zumindest fachübergreifend werden es mehr Patienten. Vergangenes Jahr wurden rund 558 000 Patienten in den Vivantes-Häusern versorgt – ein Rekord.
Wenigstens beim Sanieren helfen der Klinikkette 17 Millionen Euro der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder; eine einmalige Rückzahlung aus dieser Art Rentenkasse. Das Geld soll etwa im Klinikum Neukölln eingesetzt werden. Außerdem will der Vorstand in Spandau, Hellersdorf und Prenzlauer Berg klinikeigene Grundstücke verkaufen.
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