„Querdenker“ mobilisieren bundesweit: Vier Corona-Demos in Berlin-Mitte verboten
„Querdenker“ wollen am Mittwoch gegen das Infektionsschutzgesetz protestieren. Die Polizei stellt sich auf Tausende Teilnehmer ein und verbietet einige Demos.
Die Berliner Polizei hat am Dienstag mehrere für Mittwoch angekündigte Demonstrationen gegen die Corona-Politik im Regierungsviertel verboten. Das sagte ein Sprecher der Polizei am Abend. Vier von mehreren angemeldeten Demonstrationen seien untersagt worden.
Die Versammlungsbehörde begründet ihre Entscheidung mit den Erkenntnissen zur erwarteten Teilnehmerzahl, mit dem mobilisierten Personenspektrum und den angekündigten Verstößen gegen die Infektionsschutzmaßnahmen. Die Polizei selbst rechnet mit Beschwerden vor dem Verwaltungsgericht gegen die Verbote. Zudem sind andere Corona-Demonstrationen nicht verboten worden. Kundgebungen, auch als Ausweichziel, gibt es daher auf jeden Fall.
Gegner der Corona-Politik wollen vor dem Bundestag gegen die Neufassung des Infektionsschutzgesetzes demonstrieren, das erweiterte Durchgriffsrechte des Bundes auf Länderebene vorsieht.
Die Polizei spricht von einer „sehr dynamischen Lage“ und rechnet mit bis zu 10.000 Demonstranten, teils aus der gewaltbereiten rechtsextremistischen Szene. Rund 2500 Beamte werden im Einsatz sein, darunter Einheiten aus Nordrhein-Westfalen, Bremen, Brandenburg, Sachsen und der Bundespolizei. Wasserwerfer stehen bereit.
Die Behörden stellen sich auf eine ähnliche Lage wie am 18. November 2020 ein, als sich tausende Gegner der Corona-Maßnahmen heftige Scharmützel mit der Polizei lieferten, während im Bundestag ein neues Infektionsschutzgesetz beschlossen wurde. Hunderte Demonstranten wurden festgenommen, dutzende Sicherheitskräfte verletzt.
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Konkret sind für den Vormittag diverse Kundgebungen im Regierungsviertel angemeldet worden, verboten wurden Versammlungen am Brandenburger Tor, an der Reichstagswiese und vor dem Kanzleramt. Es wird aber damit gerechnet, dass Demonstranten sich ohnehin auf der Straße des 17. Juni sammeln werden.
Ein besonderes Augenmerk des Einsatzes liegt laut Polizei auf dem Schutz von Pressevertretern, die in der Vergangenheit immer wieder bei „Querdenken“-Demonstrationen angegriffen und beleidigt geworden sind.
Bereits am Dienstagmittag begannen Berliner Polizisten mit dem Aufbau von Hamburger Gittern im Regierungsviertel. Autofahrer sollten sich auf erhebliche Einschränkungen in Mitte einstellen.
In sozialen Netzwerken wird seit Tagen bundesweit für unterschiedliche Demonstrationen im Regierungsviertel mobilisiert. An dem Aufruf beteiligen sich auch diverse prominente Gesichter der Szene, wie „Querdenken“-Gründer Michael Ballweg oder die rechten Aktivisten Jürgen Elsässer, Heinrich Fiechtner und Thorsten Schulte. Auch der Verschwörungsideologe Ken Jebsen und die rechtsextreme Partei „Freie Sachsen“ rufen ihre Anhänger nach Berlin auf.
Auf dem Platz des 18. März sollten laut Ankündigungen auch die AfD-Bundestagsabgeordneten Karsten Hilse und Hansjörg Müller auftreten. Beide fielen in der Vergangenheit durch das Teilen von verschwörungsideologischen Inhalten auf.
In dem von „Querdenkern“ bevorzugten Messengerdienst Telegram wird von einigen Usern ein sogenanntes „Tag X-Szenario“ herbeifantasiert. In verschiedenen Screenshots, die dem Tagesspiegel vorliegen, heißt es unter anderem, man wolle sich „festketten“, um so eine möglichen Auflösung der Demo zu erschweren.
In anderen Telegram-Gruppen ist die Rede davon, „geschlossen zum Reichstag“ zu gehen. „Männer sichern die Demo“ und „der Spaß ist vorbei“, schrieb ein unbekannter User. Der ultrarechte Aktivist Heinrich Fiechtner sprach in einem Videoaufruf von einem „Ermächtigungsgesetz“, welches am Mittwoch von „Reichsführerin SS Merkel“ durchgesetzt werden soll.
In Friedrichshain und Prenzlauer Berg tauchten am Dienstag Plakate mit verschiedenen „Fahndungsfotos“ von Politikern des Bundeskabinetts auf, die für die Demos mobilisieren sollen. Verantwortlich dafür ist offenbar die verschwörungsideologische Berliner „Freedomparade“.
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