City-Maut für Berlin: Verkehrssenatorin Günther will alte Debatte neu beleben
Sollten Autobesitzer Geld bezahlen, sobald sie die Innenstadt befahren? Regine Günther hält das für sinnvoll. Auch von anderer Stelle kommt Zustimmung.
Berlins Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos, für Grüne) legt sich einmal mehr mit den Autofahrern in der Stadt an. Keine zwei Monate, nachdem sie mit dem Satz "Wir möchten, dass die Menschen ihr Auto abschaffen" für Furore gesorgt hatte, sorgt sie nun mit einer Äußerung zur Einführung einer City-Maut für Autofahrer für Schlagzeilen. Der "Berliner Zeitung" sagte Günther: "Über kurz oder lang" werde man auch in Berlin über eine solche Abgabe diskutieren müssen. Der Platz in der Stadt werde immer knapper. Diesen durch sein Auto zu besetzen, müsse in Zukunft teuer werden.
Die nun von Günther wiederbelebte Diskussion wurde bei den Grünen immer wieder geführt. 2006 hatten sie einen Antrag auf Einführung der City-Maut verabschiedet. Dieser wurde damals fraktionsübergreifend abgelehnt. Die SPD-geführte Stadtentwicklungsverwaltung lehnte die Einführung einer City-Maut ab.
Bei den rot-rot-grünen Koalitionsverhandlungen im Jahr 2016 war die City-Maut auch kein strittiges Thema. 2017 wiederum lehnten Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) und SPD-Fraktionschef Raed Saleh ein Papier vor, in dem sie die Einführung einer City-maut kategorisch ausschlossen.
Für die Grünen bleibt das Thema aktuell: Am Donnerstag sagte Grünen-Parteichef Werner Graf dem Tagesspiegel, die Debatte über die City-Maut müsse man führen. "Aber das ist kein Thema für diese Legislaturperiode." Die wachsende Stadt werde nicht als "autogerechte Stadt" funktionieren. Man müsse überlegen, wie eine faire Verteilung funktionieren könnte. Es gehe jetzt darum, zunächst die Parkraumbewirtschaftung auszudehnen, den öffentlichen Nahverkehr auszubauen, die Radverkehrsstrategie und den Luftreinhalteplan umzusetzen.
Oliver Friederici, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, bezeichnete die Pläne unumwunden als "Murks". "Mit einer City-Maut würde Anti-Auto-Senatorin Günther Autofahren daher nur teurer machen, unsere Straßen dadurch aber kaum entlasten", erklärte Friederici und bezog sich dabei auf den nur schleppend vorankommen Ausbau des Rad- und Nahverkehrs. Weil Rot-Rot-Grün den Ausbau von Park&Ride-Plätzen - eine Forderung der CDU - ablehne, fehlten Autofahrern "Anreize für einen Umstieg auf Busse und Bahnen". Er warf den Koalitionären vor, einen "blindwütigen Kulturkampf gegen das Auto" zu führen.
SPD: „Bessere Alternative zu Fahrverboten“
Auch die Koalitionspartner der Grünen zeigten sich skeptisch. Tino Schopf, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, veröffentlichte am Mittwoch einen Kommentar zu den Aussagen Günthers. Darin bezeichnet er die City-Maut als eine mögliche "Stellschraube" für den Umbau der Verkehrsinfrastruktur in der Stadt. Sie sei die "bessere Alternative zu möglichen Fahrverboten", dürfe aber keine Ausweichverkehre schaffen und müsse einhergehen mit Alternativen wie dem Ausbau des ÖPNV. Schopfs Fraktionskollege Sven Kohlmeier kommentierte die Überlegungen Günthers auf Twitter wie folgt:
Klar ist: Mit ihrer Äußerung zur City-Maut in Berlin hat Günther auch bundesweit einen Nerv getroffen.
Am Donnerstag sprach sich der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy, dafür aus, eine City-Maut in interessierten Kommunen zu erproben. „Denkbar wäre beispielsweise, eine City-Maut oder Nahverkehrsabgaben in einzelnen Städten zu erproben, die dies wünschen.“ Diese könnte mit Bürgertickets für Busse und Bahnen kombiniert werden.
Robert Kiesel, Sabine Beikler