Energieversorgung in Berlin: Vattenfall zieht gegen Stromnetzvergabe vor Gericht
Der Stromkonzern Vattenfall hat einen Antrag auf einstweilige Verfügung gegen das Ausschreibungsverfahren zur Stromnetzvergabe in Berlin gestellt. Damit verzögert sich das Verfahren erneut.
Der Konzern Vattenfall hat vor dem Landgericht Berlin einen Antrag auf einstweilige Verfügung gestellt. Damit verzögert sich das seit sechs Jahren laufende Konzessionsverfahren zur Stromnetzvergabe erneut. Die Vattenfall-Tochter Stromnetz Berlin betreibt das Netz ohne gültigen Konzessionsvertrag weiter. Rot-Rot-Grün hat im Koalitionsvertrag angekündigt, das Stromnetz wieder in Landesregie bringen zu wollen.
Mit der einstweiligen Verfügung werde das Landgericht aufgefordert, „auf der Basis der von Vattenfall erhobenen Rügen dem Land die Nutzung des vorgelegten Kriterienkataloges zu untersagen“, sagte ein Sprecher dem Tagesspiegel. „Aus unserer Sicht ist die gerichtliche Überprüfung von Verwaltungshandeln ein normaler, rechtsstaatlicher Schritt, der ohne Vorbehalte allen Bürgern und Unternehmen offen stehen muss. Sofern es nun zu weiteren Verzögerungen des Vergabeverfahrens kommt, bedauern wir das ausdrücklich.“. Die Vergabestelle habe seit über acht Monaten verbindliche Angebote vorliegen, die eine zügige Entscheidung möglich gemacht hätten.
Vattenfall: Faires Verfahren sei nicht gewährleistet
Die Finanzverwaltung hatte es zuvor abgelehnt, die Rüge der Vattenfall-Tochter aufzunehmen und die im Konzessionsverfahren gesetzten Kriterien für die Bewertung der Angebote aufzunehmen. Die Vattenfall-Tochter wollte eine Anpassung der Kriterien im Vergabeverfahren. Die Mängel seien so erheblich, sagte ein Vattenfall-Sprecher, dass ein faires Verfahren im Sinne des Energiewirtschaftsgesetzes und damit zugunsten der besten Stromversorgung der Stadt nicht gewährleistet sei. Deshalb müssten die Kritikpunkte nun gerichtlich überprüft werden.
Vattenfall ringt mit der landeseigenen Berlin Energie und der Genossenschaft BürgerEnergie Berlin um den Zuschlag für den Netzbetrieb für die nächsten zehn Jahre.
Der schwedische Konzern beklagt seit längerem die Change-of-Control-Klausel. Diese könnte negative Auswirkungen auf den Netzbetreiber haben, sollte der Eigentümer wechseln.
Müssen die Kriterien neu justiert werden?
In dem nun drohenden Gerichtsverfahren geht es zunächst darum, die Validität des Bewertungskatalogs zu klären. Mit der eigentlichen Vergabeentscheidung hat das erst einmal nichts zu tun. Sollte das Gericht aber in zwei Instanzen verfügen, dass die Kriterien neu justiert werden müssen, wäre Berlin gezwungen, einen Teil des Verfahrens neu aufzurollen. Sollte danach eine Entscheidung fallen, könnten unterlegene Bewerber auch dagegen klagen. Insider rechnen damit, dass es sechs oder sieben Jahre dauern könnte, ehe wirklich Klarheit herrscht.
Luise Neumann-Cosel, Vorstand der BürgerEnergie Berlin eG sagte zu der Entscheidung von Vattenfall vor Gericht zu ziehen: „Mit dem Gang vor Gericht sorgt Vattenfall dafür, dass die Berliner womöglich noch Jahre auf eine Stromnetz-Entscheidung warten müssen. Für Vattenfall dagegen bringt die Verfahrensverzögerung erhebliche finanzielle Vorteile. Solange das Netz noch nicht neu vergeben ist, darf Vattenfall es kommissarisch weiter betreiben – und verdient in dieser Zeit auch weiter an den Netzentgelten. Jeder Monat, den das Verfahren länger dauert, ist für Vattenfall bares Geld wert.“