„Das Klein-Klein muss jetzt aufhören“: Unternehmerverband legt Drei-Stufen-Plan für Neustart der Wirtschaft vor
So viel Normalität wie möglich und Innovationen aus der Krise nutzen: Der Unternehmerverband Berlin-Brandenburg fordert, den „Corona-Modus“ zu beenden.
Welche Wege können aus der Krise führen, sodass es mit der Wirtschaft in Berlin und Brandenburg wieder bergauf geht?
Für Christian Amsinck, den Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB), gibt es nur eine Möglichkeit: „Wir müssen jetzt umschalten vom Corona-Modus in den Restart-Modus“, sagte er am Donnerstag und präsentierte ein dreistufiges Konzept, das die Mitglieder des Spitzenverbandes in den vergangenen Wochen erarbeitet haben.
Der Verband ist der Ansicht, bei noch 500 aktiven Corona-Fällen in Berlin und 90 in Brandenburg (Stand 3. Juni), gebe es kaum Gründe für Beschränkungen im Wirtschaftsleben.
So lange Hygiene- und Abstandsregeln gewahrt seien, müsse in einem ersten Schritt „so viel Normalität wie möglich im Geschäftsleben“ zugelassen werden, meint Amsinck.
Beispielsweise könne man im Einzelhandel mehr Kunden zulassen. Das Umschalten habe auch einen psychologischen Effekt, „es ist ein Signal an die Verbraucher, die dann auch wieder mehr konsumieren“, ist Amsinck überzeugt.
Alles, was höhere Kosten und mehr Bürokratie bedeute, müsse „spätestens jetzt tabu sein“, sagte Amsinck und verwies auf das von Rot-Rot-Grün trotz der Coronakrise verabschiedete Vergabegesetz, „das mit komplizierten Regelungen und einem höheren Vergabe-Mindestlohn den Mittelstand belastet“.
Digitalisierung in Schulen und Verwaltung fördern
Im zweiten Schritt gelte es, Defizite anzugehen. Hier sieht der UVB ganz klar den Mangel an Digitalisierung in Schulen und in der Verwaltung, der durch die Pandemie offengelegt wurde. Eine angemessene IT-Infrastruktur, leistungsfähige Breitbandnetze und die Verbesserung digitaler Kompetenzen nannte Amsinck als Beispiele für beide großen Bereiche.
Klar sei zudem, dass die Haushaltslage sich binnen Wochen fundamental verändert habe. „Die sechs Milliarden Euro aus acht Jahren Konsolidierung sind mit dem Nachtragshaushalt erledigt“, sagte Amsinck. Neue Schulden müssten zeitnah getilgt werden. „Ziel sollte es sein, die Corona-Kredite binnen zehn Jahren zurückzuzahlen.“
15.000 Lehrstellen in der Region sind noch unbesetzt
Besondere Sorgen bereitet Betrieben etlicher Branchen die Ausbildung junger Menschen. Derzeit seien 15.000 Lehrstellen in der Region noch unbesetzt. Aufgrund der Krise sehen sich insbesondere Hotellerie oder Gastgewerbe nur schwer in der Lage, Ausbildungsplätze anzubieten.
Doch der Fachkräftebedarf bleibt hoch. Um die Firmen zu unterstützen, sei es wichtig, dass „die Beratungsteams von Schulen, die Jugendberufsagenturen und die Arbeitsagenturen schnell zum Normalbetrieb zurückkehren“, sagte Amsinck.
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Als dritten Punkt des Konzepts rät der UVB, Chancen zu nutzen, die sich aus den jetzigen Strukturveränderungen durch Corona ergeben. Beispiel: Viele Unternehmen überlegen, ihre Lieferketten umzubauen, um beispielsweise nicht bei der Fertigung von Einzelteilen von China oder anderen Ländern abhängig zu sein. Warum also nicht die Region nutzen? Sie könne davon profitieren. „Es geht darum, zusätzliche Produktion hier bei uns anzusiedeln“, sagt Amsinck.
Vor allem für die Gesundheitswirtschaft mit der Verbindung zu Wissenschaft, Forschung, Kliniken und Pharma- und Medizinunternehmen sei das eine „Riesen-Chance“.
Für den Verband sei es entscheidend, wegzukommen von der bisherigen Linie, „auf Sicht zu fahren“ – das ganze „Klein-Klein kann nicht die Grundlage für wirtschaftliches Handeln sein“, meint der UVB-Chef. Tanja A. Buntrock
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