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Fast fertig. Nun soll die künftige Gigafactory um Batterieherstellung erweitert werden.
© Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa

Showdown um Giga Berlin von Tesla: Umweltverbände drohen mit Klagen – Produktionsstart 2021 erneut in Gefahr

Brandenburgs Wirtschaftsminister rechnet mit E-Autos noch in diesem Jahr. Umweltverbände werfen Behörden vor, sich über ein kritisches Gutachten hinwegzusetzen.

Die Europa-Gigafactory von Tesla in Grünheide steuert auf einen Showdown zu. „Das Projekt steht viel besser da als viele glauben“, sagte Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) dem Tagesspiegel.  Er rechne damit, dass „das erste verkaufsfähige Auto aus Grünheide noch 2021 vom Band rollen kann“. 

Doch nun gibt es neue Hürden und Risiken: Umweltverbände wie die Grüne Liga wollen gegen die jüngste Vorabgenehmigung des Landesumweltamtes für Prüfläufe in der Lackiererei klagen, weil nach ihrer Einschätzung über Störfallrisiken hinweggegangen worden ist.

Die Grüne Liga legt zunächst Widerspruch ein, bestätigte Geschäftsführer Michael Ganschow dem Tagesspiegel. Der Naturschutzbund Brandenburgs prüft juristische Schritte. In einem Schreiben an Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel (Grüne) hatten vier Umweltverbände wegen Störfallrisiken vor weiteren Zulassungen gewarnt, vergeblich. Das Landesumweltamt hält die Mängel für nicht gravierend und abstellbar. Und Tesla, die Energiewende ist das Geschäftsmodell der Firma, hat das Projekt um eine Batteriezellenfertigung erweitert und noch einmal umgeplant. 

So drohen nach dem juristischen Konflikt um Waldrodungen im vorigen Jahr, wo im Sommer der Bau der Fabrik ein halbes Jahr nach Elon Musks erster Ankündigung begonnen hatte, erneut Gerichtsverfahren. Sie bergen das Risiko, den neu anpeilten Produktionsstart der Gigafactory Ende 2021 zu gefährden, nachdem der Juli-Beginn platzte.

Konkret werden Brandenburger Umweltverbände nach Tagesspiegel-Recherchen voraussichtlich dagegen klagen, dass das Landesumweltamt dem US-Hersteller von E-Autos vorzeitig „Funktionsprüfungen“ von Maschinen etwa in der Lackiererei gestattet hat, obwohl ein Störfallgutachten Mängel im Sicherheitskonzept des Werkes offenbarte.

Naturschutzbund nennt Agieren von Politik und Behörden ein „Trauerspiel“

Es sei ein „Trauerspiel, wie sorglos Behörde und Politik mit unser aller Lebensgrundlagen umgehen“, sagte Schröder.  Es werde in Kauf genommen, dass womöglich die Trinkwasserversorgung einer Region kontaminiert werde. „Klar, Arbeitsplätze sind wichtig, aber nicht um diesen Preis und in dieser Geschwindigkeit“. Die Bürgerinitiative Grünheide fordert einen Baustopp. „Mit der Gigafactory darf kein Präzedenzfall zur Aushöhlung des Umweltrechtes in Deutschland geschaffen werden“, sagte deren Sprecher Steffen Schorcht.

Die Reaktion ist auch deshalb so harsch, weil alle Umweltverbände des Landes – Naturschutzbund, Grüne Liga, BUND und Naturfreunde – in einem Schreiben vom 28.5.2021 an Umweltminister Axel Vogel (Grüne) eindringlich gewarnt hatten, dass trotz der aktuellen Gutachten zur Störfallsicherheit dem Unternehmen „weiterhin ungebremst Zulassungen für den vorzeitigen Beginn eingeräumt“ werden. 

Vier Tage später erlaubte das Landesumweltamt – parallel zum weiter laufenden Hauptgenehmigungsverfahren – Tesla mit der mittlerweile 16. vorzeitigen Zulassung „Funktionsprüfungen“ von Anlagen unter anderem in der Lackiererei oder der Gießerei. Dort darf Tesla schon einmal 25 Tonnen Aluminium verarbeiten, um Schmelzöfen zu erproben. Das Landesumweltamt hält die Mängel aus dem Störfallgutachten dagegen sämtlich für behebbar und eine höhere Gefährdungsklasse der Fabrik für nicht nötig.

Das Verhältnis zwischen Verbänden und dem von Vogel geführten Umweltministerium gilt wegen des Tesla-Projekts inzwischen als belastet. In dem Brief hatten die Verbände angemahnt, dass nach dem Störfallgutachen „insbesondere der als am schwerwiegendsten einzustufende Störfall eines Kühlmittelaustritts verbunden mit der Entstehung von hochgiftigem Fluorwasserstoff von Grunde auf neu betrachtet und bewertet werden“ müsse.

Die vier Verbände hatten in dem Brief, unterschrieben von Nabu-Chef Friedhelm Schmitz-Jersch, Landeschef Heinz-Herwig Mascher (Grüne Liga), Axel Kruschat (BUND) und Grit Nehrau (Nehrau), einen Widerruf aller bisherigen vorzeitigen Zulassungen gefordert.

Mit Vorabzulassungen kann Tesla Bau weiter vorantreiben

Mit den jüngst erteilten Vorab-Erlaubnissen für den 24-Stunden-Betrieb sowie den Einbau von Schornsteinen, Robotern und Regenwasserbecken sowie die Prüfläufe kann Tesla auf eigenes Risiko in den kommenden Monaten den Bau der schon weit fertigen Fabrik weiter vorantreiben, während das Hauptgenehmigungsverfahren in eine neue Runde geht: Ursprünglich sollte es ein reines E-Auto-Werk mit einer geplanten Jahresproduktion von 500 000 Teslas der Y-Modellreihe sein.

Inzwischen hat Tesla mit dem am Donnerstag eingereichten neuen Antrag die Erweiterung um eine Batteriezellenproduktion beantragt und die Konfiguration der Fabrik noch einmal grundlegend umgeplant. Wie diese Zeitung publik machte, kommt Tesla trotz Erweiterung um die Batteriefabrik ohne höheren Wasserverbrauch aus, womit nicht zu rechnen war. 

Da das Presswerk erweitert wird, sind demnach weitere 1180 Gründungspfähle nötig. Das hat Brisanz, da Teile des Werkgeländes in einem Trinkwasserschutzgebiet liegen. Schon die bisher genehmigten rund 500 Gründungspfähle waren umstritten. Wegen der umfangreichen Umplanungen werden die Unterlagen in Kürze erneut öffentlich ausgelegt, mit der Möglichkeit für neue Einwendungen. Die interne „Task Force“, die Tesla in der Gigafactory für die heiße Endphase des Projektes eingerichtet hat, bekommt immer mehr zu tun. 

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