Personalmangel: Über 500 Stellen bei der Berliner Polizei sind unbesetzt
Der Berliner Polizei fehlt Personal. Großflächige Kontrollen, etwa von Falschparkern auf Busspuren und Radwegen, sind deshalb kaum möglich.
Genau 21 694 Polizistenstellen gibt es in Berlin, davon 13 483 bei der Schutzpolizei. Sie müssen alle schützen, von Staatsgästen bis Demonstranten, aber auch Schulkinder vor Rasern oder Radfahrer vor Falschparkern. Allerdings sind 525 Stellen unbesetzt – wegen Elternzeit oder Beurlaubung, wie eine Anfrage der Linkspartei ergab. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) warf Innensenator Frank Henkel (CDU) deshalb vor, die Öffentlichkeit mit seiner Behauptung zu täuschen, dass angeblich 1000 neue Stellen geschaffen wurden. Wie aus der Anfrage hervorgeht, sind es nur 275, so die GdP. Die Innenverwaltung rechnet lieber so: Bis 2017 werden es fast 22 300 Stellen sein, also 870 mehr als zu Henkels Amtsantritt. Seit fünf Jahren wirbt der Senator damit, hier „umgesteuert“ zu haben. Dass es so langsam geht, begründet die Innenverwaltung mit der dreijährigen Ausbildung. „Die Früchte werden jetzt geerntet“, teilte die CDU mit.
Die 21 694 Polizisten werden aber auch gern mit einer zu kurzen Bettdecke verglichen. Oder, anders formuliert: Gleichzeitige Einsätze bei einem Staatsbesuch und einer Verkehrssonderkontrolle schließen einander aus (wobei der Staatsbesuch Vorrang hat). Es gibt aber noch mehr Beispiele: Seitdem verstärkt die Dealer im Görlitzer Park in Kreuzberg und die Taschendiebe auf dem RAW-Gelände in Friedrichshain kontrolliert werden, ist im restlichen Bezirk so gut wie kein Polizist mehr zu sehen. Dies hat Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) bereits bemängelt.
40 Straßenzüge sollen kontrolliert werden
In dieser Woche widmet sich das Polizeipräsidium verstärkt Falschparkern auf Busspuren und Radwegen. Dabei darf man aus der Größe der Ankündigung (mit Stellungnahmen zweier Senatoren) nicht auf die Größe der Aktion schließen: Auf 40 Straßenzügen wolle die Polizei gemeinsam mit den Ordnungsämtern kontrollieren, teilte das Präsidium mit. Tatsächlich gibt es in jeder dieser Straßen nur eine Aktion, die nach zwei bis drei Stunden auch schon wieder vorbei ist. Am Dienstag wurden Radspuren in Wilmersdorf überprüft, so auf der Uhlandstraße, der Westfälischen Straße, der Brandenburgischen Straße und der Joachim-Friedrich-Straße. Im Einsatz jeweils vier Beamte für zweieinhalb Stunden.
Ein Beispiel aus der Vergangenheit: Als vor fünf Jahren hunderte Autos nachts brannten, wurde der politische Druck so groß, dass die Polizei sich nahezu ausschließlich auf die Jagd nach dem oder den Tätern machte. Hunderte Polizisten standen nachts in bestimmten Straßen herum und warteten auf die Zündler. Eine Folge: Für die Fahndung nach Einbrechern gab es keine Kapazitäten mehr, die Fallzahlen stiegen rapide an. Zum Glück für die Polizei wurde der Haupttäter bei den Autobrandstiftungen medienwirksam gefasst, dadurch gingen die Fallzahlen deutlich zurück, das Interesse erlahmte. Mittlerweile war der Druck der Öffentlichkeit umgeschwenkt auf Einbrüche. 2012 gab es hier einen neuen, absoluten Zehn-Jahres-Rekord. Also schickte der Innensenator die Polizisten an die Einbrecherfront.
Lasergeräte für Tempomessungen werden kaum genutzt
Dazwischen gibt es immer wieder Sonderaktionen, die genau geplant werden müssen: Sind überhaupt genug Beamte einsetzbar? In der Woche vor und nach dem 1. Mai oder eben bei Staatsbesuchen ist das sicher nicht der Fall.
Der Personalmangel wirkt sich noch in anderen Bereichen aus: So kam durch eine Anfrage der Grünen heraus, dass die Polizei ihre Lasermessgeräte für Tempokontrollen kaum nutzt. Jedes der 61 Geräte wird am Tag durchschnittlich für 19 Minuten genutzt.
Der Streit um die Personalstärke der Polizei schwelt schon lange. 2005 waren es noch 23 300 Stellen. Dann kam der Spardruck, Rot-Rot strich mehr als 1800 Stellen. Doch parallel dazu wächst die Stadt, die Zahl der Demonstrationen ist auf einen Rekord von 5000 gestiegen.
Nachwuchs gesucht
Die Polizei hat jetzt wieder ihr Onlineportal für Bewerber freigeschaltet. Bis zum 31. Juli können sich Interessierte für eine Ausbildung bewerben. Die Polizei will insgesamt 240 Anwärter im mittleren Dienst der Schutzpolizei, d 210 Anwärter/innen im gehobenen Dienst der Schutzpolizei und 90 im gehobenen Dienst der Kriminalpolizei einstellen. Bei erfolgreicher Absolvierung des Einstellungstests sowie der ärztlichen Untersuchung beginnt die Ausbildung am 1. März 2017 (mittlerer Dienst) bzw. am 3. April 2017 (gehobener Dienst).
Details zu den Voraussetzungen, um eine Ausbildung als Polizist beginnen zu können, findet man im Internet unter dem Link www.berlin.de/polizei/beruf/polizist-polizistin-werden.