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Michael Müller (SPD), Regierender Bürgermeister von Berlin, spricht am 14.09.2017.
© dpa

Bundestagswahl 2017: Trotz Umfragetief der SPD ist Müller nicht in Gefahr

Die Umfragewerte für die Berliner SPD sind katastrophal. Doch vorerst sägt niemand an Michael Müllers Stuhl.

Die Berliner SPD steuert bei der Bundestagswahl am 24. September auf das schlechteste Ergebnis zu, das sie jemals erleiden musste. Der bisherige Tiefpunkt war 2009, als der Landesverband in der Hauptstadt nur noch auf 20,2 Prozent der Stimmen kam. Jetzt sagt Infratest dimap, im Auftrag von RBB und „Morgenpost“, den Sozialdemokraten 19 Prozent voraus. Das sind noch einmal drei Prozentpunkte weniger als bei der Umfrage im August – und diese Prognose liegt nahe bei jenen 18,8 Prozent, die für die Berliner SPD bei der Europawahl vor acht Jahren herauskamen.

„Wir kommentieren keine Prognosen, wir kämpfen bis zum Schluss“

Die Parteizentrale im Wedding reagiert darauf trotzig: „Wir kommentieren keine Prognosen, wir kämpfen bis zum Schluss“, sagt die Sprecherin des SPD-Landesverbands, Birte Huizing. Solche Parolen können das negative Grundrauschen in der Partei aber nicht übertönen. Die Stimmung ist schlecht, viele Genossen sind unzufrieden und frustriert. Sie machen für die Misere nicht nur die Bundespartei und deren erfolglose Wahlkampfstrategie verantwortlich, sondern auch die eigenen Führungsleute.

Nur noch 31 Prozent der Berliner sind mit der Arbeit von Müller zufrieden

Denn mit der Arbeit des Senats, an deren Spitze der Regierende Bürgermeister und SPD-Landeschef Michael Müller steht, sind nicht nur die Anhänger der Opposition, sondern auch die Wähler von Linken und Grünen mehrheitlich unzufrieden. Selbst bei den SPD-Sympathisanten findet sich nur eine knappe Mehrheit von 55 Prozent, die mit der Landesregierung einverstanden ist.

Wobei die Stimmung in der Bevölkerung seit Anfang 2015, als Müller ins Rote Rathaus einzog, ständig schlechter wurde. Auch die Beliebtheitswerte für den sozialdemokratischen Regierungschef rutschen immer weiter in den Keller. Jetzt sind nur noch 31 Prozent der Berliner mit seiner Arbeit zufrieden. Kein anderer Länderchef in Deutschland hat so desaströse Werte.

Es fehlt eine überzeugende personelle Alternative

Trotzdem sägt derzeit niemand an Müllers Stuhl. Erst einmal warten auch die Berliner Genossen ab, wie sich die Parteispitze im Bund nach der Wahl neu sortiert. Anschließend stehen im Berliner Landesverband die Parteiwahlen an. Orts- und Kreisvorstände werden neu besetzt, voraussichtlich im Mai 2018 der Landesvorstand. Zwar dominiert in der SPD inzwischen die Einschätzung, dass Müller als Partei- und Regierungschef eher eine Notbesetzung ist. Aber es fehlt eine überzeugende personelle Alternative – vorerst bleibt alles, wie es ist.

Gegen Müller würde Andreas Geisel niemals putschen

Der innerparteiliche Kurswert des SPD-Fraktionschefs Raed Saleh, der sich Chancen ausrechnet, 2021 ins Rote Rathaus einzuziehen, ist kräftig gesunken. Die Neuköllner Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey ist zu klug, um einen überstürzten Wechsel in die Landespolitik zu riskieren. Innensenator und Vize-Parteichef Andreas Geisel fände sicher an der Parteibasis viele Unterstützer, aber gegen Müller würde er niemals putschen. Gelegentlich wird auch Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen als jemand genannt, der mehr kann als Haushalt.

Das stille Leiden der SPD

Die anderen Parteien schauen sich das stille Leiden der SPD entspannt an. Laut jüngster Umfrage kann die Berliner CDU bei der Bundestagswahl 26 Prozent erreichen, die Linke 18 Prozent und die Grünen elf Prozent. Die AfD käme demnach auf zwölf Prozent, die FDP auf sieben Prozent. Das wäre ein Erfolg für Rechtspopulisten und Liberale. Die Linke könnte ihr Ergebnis von 2013 halten, CDU und Grüne müssten leichte Verluste hinnehmen.

Ulrich Zawatka-Gerlach

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