Bundestagswahl in Berlin: Kampf um Kreuzberg
Der Wahlkampf in Berlin-Kreuzberg wird härter. Linken-Kandidat Pascal Meiser wirft Grünen-Frau Canan Bayram „politische Erbschleicherei“ vor.
Elf Tage vor der Abstimmung spitzt die Berliner Linke den fast harmonischen Wahlkampf ein wenig zu – und greift in Kreuzberg die Grünen an. Anlass sind auch im Tagesspiegel gemachte Äußerungen von Spitzenkandidat Cem Özdemir, wonach sich die Grünen indirekt der CDU als Koalitionspartner anbieten. Der Kreuzberger Linken-Bundestagskandidat, Pascal Meiser, fordert nun die örtliche Gründen-Kandidatin Canan Bayram zu klaren Aussagen auf.
„Friedrichshain-Kreuzberg tickt links und viele grüne Wähler ebenso“, sagte Meiser am Dienstag. „Aber die grüne Parteiführung im Bund mobilisiert praktisch nur für Schwarz-Grün. Da wissen grüne Wähler gar nicht mehr, was sie bekommen.“ Bayram solle Antworten geben: „Wird sie Merkel zur Kanzlerin wählen, wenn ihre Partei eine solche Koalition wie angekündigt durch die Basis beschließen lässt? Und wird sie einer schwarz-grünen oder schwarz-grün-gelben Koalition angehören?“
Noch führt Bayram in den Umfragen
Aus der Grünen-Führung war am Dienstag zu hören, die Äußerungen Özdemirs würden der Kandidatin kaum schaden, schließlich stehe Bayram nicht für Schwarz-Grün. Allerdings, räumten andere Grüne ein, sei der eigene Anspruch tatsächlich „gespreizt“ – das Staatstragende im Bund vertrage sich nicht immer mit dem Image der Hausbesetzer-Sympathisantin in Berlin. Bayram fiel durch Unterstützung des umstrittenen autonomen Wohnprojekts in der Rigaer Straße auf.
Zudem hatte sie der Berliner Ex-Grünen-Fraktionschef, Volker Ratzmann, intern als „unwählbar“ bezeichnet. Bayram war am Dienstag wegen zahlreicher Wahlkampftermine zunächst nicht zu erreichen. Laut Hochrechnung von Mandatsrechner.de in Kooperation mit dem Tagesspiegel führt Bayram ihren Wahlkreis derzeit „sicher“.
Grundlage sind Umfragen, wonach die Grünen bei bundesweit sieben Prozent liegen. Bisher gewann Grünen-Veteran Christian Ströbele den Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg/Prenzlauer Berg-Ost souverän.
Linke: Sind die Grünen Erbschleicher?
Linken-Kandidat Meiser dürfte koalitionspolitisch kaum Rechtfertigungsdruck verspüren. Seine Parteispitze hat gerade erst die SPD kritisiert: Den Sozialdemokraten warf Linken-Chefin Katja Kipping kürzlich „Verrat der eigenen Ideale“ vor, die SPD habe „keine der Schikanen“ gegenüber Erwerbslosen gemildert, sie betreibe im Bund eine „Sozialpolitik von Merkels Gnaden“.
Am Dienstagabend wollte Meiser noch mit Linken-Star Gregor Gysi im Festsaal Kreuzberg auftreten. Dabei sollte es auch um die Grünen gehen, die Meiser zufolge mit „linken Stimmen für Merkels vierte Kanzlermehrheit“ sorgen könnten, was „politische Erbschleicherei“ wäre.
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