„Sicherung der Aufenthaltsqualität“: Touristen sollen in Berlin Eintrittsgeld für Parks zahlen
Der Mauerpark zieht massenhaft Gäste aus aller Welt an. Mit den Folgen ist der Bezirk Pankow überfordert. Andernorts gibt es Probleme mit Müll und Vandalismus.
Touristen sollen Eintrittsgeld für Pankows Grünanlagen zahlen – zumindest für besonders stark von ihnen genutzte wie den Mauerpark. Dort soll auch der Einlass begrenzt werden. Das sieht das „Tourismuskonzept Pankow 2018+“ vor, das nun vom Bezirksamt veröffentlicht wurde. Das Konzept stelle das „konkrete strategische Fundament“ für die „weitere touristische Entwicklung im Bezirk Pankow“ dar, so das Amt. Es beinhalte „praxisnahe Handlungsempfehlungen“ und „umsetzbare Maßnahmenpakete“. Erstellt hat es die „BTE Tourismus- und Regionalberatung“ im Auftrag des Bezirks.
Als wesentlicher Punkt wird im Konzept die „Sicherung der Aufenthaltsqualität in der Stadt“ aufgeführt. Denn an beliebten Touristenorten entstünden „Konflikte, durch die sich viele Anwohner mehr und mehr zurückgedrängt und in ihrem Alltag beeinträchtigt fühlen“. Man müsse daher „die tourismusinduzierten Überlastungserscheinungen“ minimieren und steuern. Dazu gehöre auch die „intensive Pflege der öffentlichen Infrastruktur“ wie Müllbeseitigung und Grünflächenpflege.
Damit ist Pankow derzeit überfordert – auch wegen Personalmangels im Straßen- und Grünflächenamt. Das Tourismuskonzept sieht daher für den Bezirk die Einführung von „Regulierungsinstrumenten zur Minimierung bzw. Steuerung von lokalen Overcrowding-Effekten“ vor.
Die Parks machen einen erheblichen Teil des Reizes dieser Stadt aus. Sie tragen dazu bei, auch bei beschleunigter Taktung und wachsender Bevölkerungsdichte, bei Verstand zu bleiben. Ich hoffe sehr, dass der Stadt zur Entmüllung und Erhaltung der Ordnung etwas Besseres einfällt.
schreibt NutzerIn affogato
Anwohner sollen von Gebühren ausgenommen sein
Neben „Sensibilisierungs- und Respekt-Kampagnen“ wird als Priorität aufgeführt, Einlassbeschränkungen zu veranlassen und „Eintrittsgelder mit Teilerstattungssystem“ zu erheben, „bei dem ein Teil des Geldes für die Grünflächen-/Infrastrukturpflege des Parks aufgewendet wird, der andere Teil des Geldes kann in Form eines Gutscheins bei teilnehmenden Leistungsträgern und im Einzelhandel als Rabatt eingelöst werden“. Wichtig sei dabei, die Besucher „über den Grund und die Verwendung der Eintrittsgeldgenerierung“ aufzuklären.
Unklar bleibt, wie die Einlasskontrollen umgesetzt werden könnten, ob auch Anwohner zur Kasse gebeten werden sollen und wie diese von Touristen unterschieden werden können. Dass Anwohner zahlen, lehnt Christoph Schmidt strikt ab. Der Mauerpark sei „ein ganz typischer Volkspark, da kann man kein Geld nehmen“, sagt der Geschäftsführer der Grün Berlin GmbH. Das landeseigene Unternehmen managt zahlreiche große Parks in Berlin und künftig auch die sieben Hektar Erweiterungsfläche des Mauerparks, während für den alten Teil der Bezirk zuständig bleibt, sofern nichts anderes vereinbart wird. Nur bei den Verbesserungen im alten Teil sei die Grün Berlin involviert und ergänzt: „Wir würden gern den Gesamtpark managen.“
Anders als die Bezirke kommt die Grün Berlin – mithilfe externer Firmen – mit der Pflege ihrer Parks offensichtlich zurecht. Der Aufwand, der jeweils getrieben werden muss, hängt nach Auskunft von Schmidt unmittelbar mit der Sicherung der Areale zusammen: Im umzäunten und mit Kassenhäuschen versehenen Britzer Garten gebe es überhaupt keinen Vandalismus, ebenso wenig – mit Ausnahme eines Einbruchs – in den Gärten der Welt in Marzahn. Im Südgelände und dem Botanischen Volkspark Blankenfelde, wo nachts abgeschlossen und tagsüber an Automaten ein Euro Eintritt kassiert wird, seien die Schäden gering – und der Ertrag mit je etwa 100.000 Euro pro Jahr wichtig fürs Unterhaltungsbudget, obwohl bekanntermaßen nicht alle Gäste Geld einwerfen.
Bekommt der Gleisdreieckpark einen Zaun?
Völlig anders ist die Lage nach Angaben von Schmidt im Gleisdreieckpark, der jederzeit frei zugänglich ist. Tagsüber tummeln sich dort Menschenmassen – und nachts würden Bewässerungsanlagen herausgerissen, Gebäude mit Farbbeuteln beworfen, Brände gelegt und kürzlich „eine komplette Toilettenanlage auseinandergenommen“. Schmidt geht davon aus, dass die größten Schäden im Gefolge nächtlicher Saufgelage entstehen. „Könnte man da nachts zuschließen wie am Tempelhofer Feld, wäre das schon besser.“
Die Entscheidung für einen Zaun sei eine politische, betont Schmidt. Er könne nur konstatieren, dass ein Zaun viel Schaden verhindere. Von der Struktur her wäre der teils von Mauern und Brücken begrenzte Mauerpark für eine Umzäunung geeignet. Am Tempelhofer Feld könne man sehen, dass eine solche Barriere niemanden ausschließe (sehen Sie hier unser großes Multimedia-Spezial über die Menschen auf dem Tempelhofer Feld). Dort werden die Tore bei Einbruch der Dunkelheit, also im Sommer spätabends, geschlossen. Während der Öffnungszeit sind Park Guides unterwegs, die einerseits Tausende Ermahnungen etwa wegen unangeleinter Hunde aussprächen, aber andererseits damit die Verwahrlosung des riesigen Geländes verhinderten.
Vor Jahren war auch diskutiert worden, den Tiergarten einzuzäunen – für die Sicherheit von Großveranstaltungen.
Sollte Pankow den Eintritt in den Mauerpark für Touristen reglementieren, würde der Bezirk einem weltweiten Trend folgen: Auch in Venedig, Dubrovnik oder Amsterdam begrenzt und bepreist man inzwischen die Nutzung der öffentlichen Infrastruktur durch Touristen. In Florenz ist wegen des zunehmenden Mülls seit Kurzem sogar der Verzehr von To-go-Essen auf der Straße verboten.