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Der Unfallort an der Brunsbütteler Damm und Nauener Straße (rechts).
© dpa
Update

Berlin-Spandau: Tödlicher Unfall: Lkw überrollt Kind auf Fahrrad

In Spandau ist ein acht Jahre alter Junge auf dem Weg zur Schule gestorben, als ein Lastwagenfahrer ihn beim Rechtsabbiegen übersah. Die Mutter war dabei.

Bei einem Verkehrsunfall in Berlin-Spandau ist am Mittwochmorgen ein Kind gestorben. Ein Lastwagen hat den achtjährigen Radfahrer beim Rechtsabbiegen erfasst. Der Junge fuhr nach Angaben der Polizei auf dem Radweg der Nauener Straße Richtung Süden. Der Lkw war in gleicher Richtung unterwegs. An der Kreuzung Brunsbütteler Damm habe der Junge zunächst vor der roten Ampel gewartet, bei Grün habe er weiter geradeaus fahren wollen, der Lkw-Fahrer bog ab, erklärte die Polizei. Am späten Nachmittag wurde bekannt, dass der Junge in Begleitung seiner 39-jährigen Mutter unterwegs war.

Als Fotografen später vor Ort waren, klemmte das Kinderrad unter dem Lkw. Welche Verletzungen zum Tod des Jungen geführt haben, konnte die Polizei bislang nicht sagen. "Er starb noch am Unfallort". Sein Leichnam soll obduziert werden. Der 59-jährige Lkw-Fahrer und eine Zeugin kamen ins Krankenhaus, sie erlitten einen Schock. Die Mutter wurde vor Ort von Seelsorgern betreut.

Das Kind überlebte das Unglück leider nicht.
Das Kind überlebte das Unglück leider nicht.
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Das Fahrrad unter dem Lastwagen.
Das Fahrrad unter dem Lastwagen.
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Kind war offenbar auf dem Weg zur Schule

Der Unfall geschah gegen 7.30 Uhr und somit kurz vor Schulbeginn. Der Unfallort liegt im Industriekiez am Brunsbütteler Damm. Dort führt die Nauener Straße aus einer Troglage zum Brunsbütteler Damm. Fahrbahn und Radweg sind bis kurz vor der Kreuzung durch einen Zaun getrennt.

Experten untersuchen den Unglücks-Lastwagen.
Experten untersuchen den Unglücks-Lastwagen.
© dpa
Die Polizei setzt Drohnen ein, die den Ort vermessen.
Die Polizei setzt Drohnen ein, die den Ort vermessen.
© dpa

Haben Kinder den Unfall gesehen? Feuerwehr mit 20 Leuten vor Ort

"Wir sind mit 20 Kräften vor Ort, mehrere Personen werden betreut", twitterte die Feuerwehr. Die Polizei war ebenfalls mit zahlreichen Einsatzkräften vor Ort. Das Verkehrsunfallkommando und die Gerichtsmedizin rückten an. Die Straße ist belebt; dort wird es viele Zeugen auch in Autos gegeben haben. Vor Ort ist zudem ein weiteres Kinderfahrrad zu sehen, das am Straßenrand steht. Ob das Opfer mit weiteren Kindern unterwegs war, ist noch nicht bekannt. Unter diesem Link finden Sie die Kreuzung in der Übersicht. Die BVG leitete die Linie M32 in Richtung Nennhauser Damm bzw. Havelpark über Grünhofer Weg und Altonaer Str. um. Gegen Mittag wurde die gesperrte Kreuzung wieder freigegeben.

Das Industriegebiet ist nur noch über Umwege zu erreichen.
Das Industriegebiet ist nur noch über Umwege zu erreichen.
© dpa

Am Vortag starb eine 13-Jährige unter einer Tram

Nach Angaben der Polizei ist es das zweite in diesem Jahr im Straßenverkehr getötete Kind - erst gestern war ein 13-jähriges Mädchen bei einem Tram-Unfall in Rummelsburg tödlich verletzt worden, das Mädchen war auch mit dem Rad unterwegs. Die Zahl der getöteten Radfahrer erhöht sich damit auf fünf, die der Verkehrstoten insgesamt auf 19. In den letzten Jahren ist die Zahl der Unfälle mit Kindern kontinuierlich gesunken, im vergangenen Jahr aber wieder leicht gestiegen. Insgesamt gab es 2017 917 Verkehrsunfälle mit Kindern, das entspricht einem Anteil von 0,6 Prozent am Unfallgeschehen. 157 Kinder wurden dabei schwer verletzt, ein Kind starb. Nach Angaben der Polizei haben Kinder 64 Prozent der Unfälle "durch falsches Verhalten im Straßenverkehr" selbst verursacht, Jungen deutlich häufiger als Mädchen. Die häufigste Ursache seien "Fehler beim Einfahren in den Fließverkehr". Zu Rechtsabbiegeunfällen macht die Polizei keine Angaben.

Fuhrgewerbe-Innung setzt auf Prävention

"Wir bedauern jeden Einzelfall, solche Unfälle sind bei den Mitgliedsunternehmen ein ständiges Thema", sagt Gerd Bretschneider, Geschäftsführer der Berliner Fuhrgewerbe-Innung. Betroffene Fahrer hätten oft "traumatische Konsequenzen" zu tragen und könnten nicht mehr weiterarbeiten. Zum Problem toter Winkel und mangelhafte Sicht beim Rechtabbiegen von Lkw gebe es schon seit Mitte der 90er Jahre Aufklärungsaktionen an Grundschulen. Den Rückgang der Unfallzahlen mit Kindern wertet Bretschneider auch als Beleg für den Erfolg dieser Prävention. "Die Risikogruppe sind heute eher die Älteren."

Die Innung fährt mit einem Lkw an die Schulen, um konkret vorzuführen, wie begrenzt die Sicht eines Lkw-Fahrers ist. Auch den Fahrern sei das Problem bewusst. "Jeder Einzelfall ist eine Verkettung unglücklicher Umstände." Bretschneider setzt genau wie die Politik auf technische Lösungen wie Abbiegeassistenten, die mit Kameras und Sensoren den toten Winkel ausleuchten. Experten fordern, dass solche Assistenten auch zu einer automatischen Bremsung führen. Solche Lösungen gibt es noch nicht auf dem Markt.

Lkw-Fahrer sollten an Kreuzungen besser anhalten

Unfälle mit radfahrenden Kindern passieren meist auf dem Schulweg, erklärt Siegfried Brockmann, Leiter der Unfallforschung der Versicherer. „Wir empfehlen, Kinder bis zur Fahrradprüfung in der 4. Klasse nicht alleine fahren zu lassen“ – in diesem Fall kam es dennoch zum Unfall. Lkw-Fahrer sollten an schlecht einsehbaren Kreuzungen besser anhalten. Sinnvoll seien auch technische Hilfsmittel wie Abbiegeassistenten. Bisher sind solche Systeme aber nicht vorgeschrieben.

André Görke, Alexander Fröhlich, Thomas Loy

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