Wer ist Fayez Kanfash?: Syrischer Youtuber verbrennt in Neukölln Macron-Masken
Die Aktion eines syrischen Youtubers beschäftigt jetzt den Staatsschutz. Der 23-Jährige wollte "dem Westen" die Grenzen der Meinungsfreiheit aufzeigen.
- Muhamad Abdi
- Julius Betschka
Der 23 Jahre alte Syrer provoziert. Seine Videos wirken teils nach Spaß, teils absurd. Fast eine Million Follower erreicht "Fayez Kanfash", so nennt er sich, damit mittlerweile bei Youtube, einige Tausend weitere auf TikTok. Seinen Bart trägt er sauber geschnitten, die dunklen Haare an den Seiten kurz geschoren.
Sein jüngstes Video hat für Empörung in der deutschen Politik gesorgt. Darin ist zu sehen, wie er eine Person mit Anzug, blonder Perücke und einer Maske des französischen Präsidenten Emmanuel Macron an einem Strick die Neuköllner Sonnenallee entlangzerrt.
Videos, die von Passanten aufgenommen wurden, zeigen, dass die Hände des Macron-Darstellers gefesselt sind, Fayez Kanfash schlägt ihn mit einem Gürtel, erniedrigt ihn, verbrennt die Maske des französischen Präsidenten, stachelt Jugendliche an, ihm zu folgen, ruft: "Allahu Akbar". Es ist die Inszenierung einer Demütigung.
Er nahm das Video in Neukölln am Sonnabendnachmittag auf, wenige Stunden später wurde er auf dem Alexanderplatz von der Berliner Polizei festgenommen, mit ihm drei Begleiter zwischen 17 und 33 Jahren. Zwei stammen ebenfalls aus Syrien, bei einem konnte die Polizei keine Staatsangehörigkeit herausfinden. Gegen Fayez Kanfash prüft der Staatsschutz Ermittlungen.
Noch immer ist nicht völlig klar, was der Hintergrund der Aktion ist: Handelt es sich um reine Provokation? Eine Satire? Oder handelt Fayez Kanfash aus verletztem religiösem Stolz?
Keine Kontakte in die Islamisten-Szene bekannt
Der französische Staatschef Emmanuel Macron ist zu einem der größten Feindbilder in der islamischen Welt geworden. Er hatte nach der Enthauptung des Lehrers Samuel Paty durch einen Islamisten in Frankreich die Meinungsfreiheit und die Veröffentlichung auch religionskritischer Karikaturen verteidigt.
Nach Tagesspiegel-Informationen stammt der 23-Jährige Youtuber aus Damaskus, floh vor vier Jahren nach Berlin. Er ist nicht vorbestraft, Ermittlern sind auch keine Kontakte in die Islamisten-Szene bekannt.
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Auf Tagesspiegel-Anfragen reagierte er nicht. Der Nachrichtenagentur "Reuters" sagte er am Montagabend, seine Aktion sollte dem Westen vor Augen führen, dass Meinungsfreiheit ihre Grenzen habe. "Es war nicht meine Absicht, zu Gewalt anzuregen", sagte Fayez Kanfash.
Weiter erklärte der Youtuber: "Wir wollten damit nur sagen: Wenn die Meinungsfreiheit es Ihnen erlaubt, unseren Propheten zu beleidigen, dann seien Sie nicht beleidigt, wenn wir Ihre Führer beleidigen."
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Auf seinem YouTube-Kanal macht er ansonsten soziale Experimente, wie er selbst behauptet, die meisten Videos wurden am Alexanderplatz gedreht. Eines seiner letzten Videos wurde Ende Oktober veröffentlicht und hat schon mehr als 200.000 Aufrufe. Er spricht darin Leuten auf der Straße an, hauptsächlich junge Frauen, Minderjährige. Er hat iPhones in der Hand und fragt die Leute, ob sie zwei Sätze wiederholen würden.
Die zwei Sätze sagt er auf Arabisch. Die Übersetzung auf Deutsch lautet: „Ich bezeuge, dass es keinen Gott gibt außer Allah, und ich bezeuge, dass Mohammed der Gesandte Allahs ist“. Wer diese zwei Sätze wiederholt, bekommt scheinbar ein iPhone von ihm. Im Islam gilt, wer dieses Glaubensbekenntnis - die Shahada - spricht, als konvertiert.
Am Ende seines Videos schreibt er: „Gott sei Dank für den Segen des Islam. Ich war sehr glücklich, dass ich das Video gedreht habe.“ Er sagt:“ Ich habe viele Menschen zum Islam konvertiert. Frankreichs Entscheidungen werden dem Land nicht guttun.“ Es wirkt ernst.
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Diese Aktionen kommen in der muslimischen Community in Berlin nicht nur gut an. Auf einer arabischsprachigen Facebook-Seite aus Berlin mit mehr als 90.000 Mitgliedern wurde Fayez Kanfashs oben beschriebenes Video geteilt.
Hunderte Menschen kommentierten und kritisierten die Aktion. Solche Aktionen würden den Muslimen in Berlin und in ganz Deutschland schaden. Einige Kommentare lauteten auch: „Das ist nicht eine Beleidigung für Macron, sondern eine Beleidigung für den Islam, Muslime und den Prophet Mohammed selbst."
„Denkst du, du hast etwas Gutes gemacht? Du hast mit dieser Aktion uns als Muslime beleidigt und nicht Macron“, schreibt jemand „Wir sollen ein bisschen Respekt zeigen für das Land, das uns aufgenommen hat und solche Menschen wie Kanfash schaden unserer Kultur und Religion in diesem Land“, schreibt ein anderer.
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Am Montagnachmittag hat Fayez Kanfash das Video seiner Aktion selbst auf Youtube veröffentlicht. Es hatte nach wenigen Stunden bereits 60.000 Aufrufe.
Unter dem Video kommentierte Kanfash, der deutschen Kriminalpolizei gefalle nicht, was er tue, er werde deshalb jetzt untersucht. "Ich sage Ihnen aber: Alles, außer der Prophet!", war dort zu lesen. Es bedeutet: Wir werden nicht akzeptieren, wenn jemand Mohammed beleidigt. Einige Stunden später hatte er das Statement gelöscht.
Korrektur: In einer früheren Version des Artikels hieß es, Fayez Kanfash hätte in seinem Video geschrieben "Alles, außer der Prophet". Tatsächlich stand die Aussage in einem Statement, das er selbst unter sein Video postete. Später löschte er unter diesem und anderen Videos Aussagen, die mit dem Islam in Verbindung stehen.