Untersuchungsausschuss zu Staatsoper: Stardirigent Barenboim kritisiert Entscheidung gegen modernen Saal
Daniel Barenboim war heute als Zeuge im Untersuchungsausschuss zur Staatsoper geladen. Er sieht in Klaus Wowereits Entscheidung für die traditionelle Optik des Opernsaals den Anfang der Probleme.
Es wirkt schon ziemlich skurril, wenn Daniel Barenboim vom Linken-Politiker Wolfgang Brauer aufgefordert wird, nun bittesehr seinen vollständigen Namen, Geburtstag sowie Wohnort anzugeben. Doch der Vorsitzende des Staatsopern- Untersuchungsausschusses hält sich nur an das Prozedere – und dem muss sich auch einer der bekanntesten Musiker des Planeten unterwerfen: Feststellung der ordnungsgemäßen Vorladung, Belehrung des Zeugen über sein Auskunftsverweigerungsrecht, Hinweis auf strafrechtliche Konsequenzen bei Falschaussage.
Zuvorkommend und geduldig wird Barenboim in der folgenden Stunde die Fragen der Abgeordneten beantworten. Ohne dass inhaltlich wirklich etwas Erhellendes zutage käme, was den Untersuchungsauftrag des Gremiums betrifft, also die Ursache für Kostensteigerungen und Zeitverzögerungen bei der Generalsanierung der Lindenoper. Immer wieder betont Barenboim, er habe sich ausschließlich um musikalische Belange gekümmert, um angemessene Probensäle und die Verbesserung der Akustik. „Mehr lag nicht in meiner Kompetenz.“
„Wenn man einen Wettbewerb macht, muss man zur Entscheidung stehen"
Um so interessanter wird es, wenn sich der Maestro grundsätzlich zur Art und Weise der politischen Entscheidungsfindung bei der Ertüchtigung des historischen Gebäudes äußert. Als der Architekt Klaus Roth 2008 mit seinem Entwurf eines modernen Zuschauerraumes siegreich aus dem Wettbewerb hervorging, war Barenboim begeistert. So wie einst die Berliner Philharmonie stilbildend für den Konzertsaalbau wurde, hätte auch mit Roths Entwurf ein Zukunftssignal von Berlin ausgehen können, findet Barenboim. Denn: „Ein Opernhaus ist kein Museumsstück.“ Zudem handele es sich ja bei dem Gebäude nicht um das Original von 1742, sondern lediglich um einen Wiederaufbau aus der Nachkriegszeit. Um so enttäuschter war der Dirigent, als der damalige Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) die Juryentscheidung wenig später kippte: „Wenn man einen Wettbewerb macht, muss man zur Entscheidung stehen, ob es einem gefällt oder nicht.“ Doch Wowereit knickte vor den konservativen Kräften ein, die mit aller Macht eine traditionelle Optik für die Staatsoper einforderten. „Ironisch“ findet Barenboim dabei die Tatsache, dass die schärfsten Kämpfer für die Neo-Rokoko-Optik nicht etwas aus dem Osten, sondern aus dem ehemaligen West-Berlin kamen.
Feintuning für die Akustik
Aus dieser, von einer vermeintlichen Mehrheit erzwungenen Kehrtwende der Politik, resümiert Barenboim, seien dann alle weiteren Probleme erwachsen, mit denen sich die Senatsbauverwaltung bis heute herumschlage. Er sage das „ohne Bitterkeit“, betont der Maestro: „Es bringt nichts, darüber zu lamentieren.“ Lieber gibt der Künstler den Politikern eine Nachhilfestunde in Sachen Akustik. Im Wiederaufbau von 1955 war die Nachhallzeit von Anfang an zu gering, erklärt er. Mit der Folge, dass sich der Orchesterklang nicht voll entfalten konnte. Immerhin dafür wurde ein Kompromiss mit dem Denkmalschutz gefunden: Durch die künftig höher gelagerte Saaldecke wird das Raumvolumen so erweitert, dass sich die Nachhallzeit verlängert – ohne dass es den Fans des festlichen Opernabends groß auffallen wird.
Lesen Sie auch Daniel Barenboims Gastbeitrag über Freiheit anlässlich von 70 Jahren Tagesspiegel.
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