Berlin-Lichtenberg: Hausdurchsuchung bei AfD-Stadtratskandidaten
Keine Fraktion, außer der AfD selbst, will Wolfgang Hebold ins Bezirksamt Lichtenberg wählen. Gegen ihn wird wegen des Verdachts auf Volksverhetzung ermittelt. Jetzt wurden Beweismittel sichergestellt.
Die AfD wird sich in Lichtenberg einen Ersatzkandidaten suchen müssen. Keine Fraktion, außer der AfD selbst, will Wolfgang Hebold ins Bezirksamt wählen. „Wir halten Wolfgang Hebold für unwählbar“, sagt Michael Grunst (Linke). Am Donnerstag soll die Wahl stattfinden, doch die Fraktionen sind sich einig: Hebold wollen sie nicht. Gegen den Dozenten wird nach wie vor wegen des Verdachts auf Volksverhetzung ermittelt.
Wie erst jetzt bekannt wurde, ist kürzlich sein Haus durchsucht worden, dabei sei Beweismaterial sichergestellt worden, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Martin Steltner am Dienstag. Hebold hatte in diesem Sommer zwei Lehraufträge und eine Anstellung an einer Berliner Hochschule verloren. Hintergrund waren fremdenfeindliche Kommentare im Netz, die Hebold bestreitet. Auf seinem Blog „Die Verheerung Europas“ pflegt Hebold eine höchst kritische Haltung gegenüber Migranten und Muslimen.
In Pankow wird am Mittwoch entschieden
„Die AfD muss Kandidaten aufstellen, die tauglich sind. Das ist bei Hebold nicht der Fall“, sagt der CDU-Abgeordnete für Lichtenberg, Danny Freymark. Michael Grunst von den Linken bezweifelt, dass die Lichtenberger AfD-Fraktion überhaupt über geeignete Kandidaten verfügt. „Wir glauben, dass die Partei ein Abgrenzungsproblem nach rechts hat“, sagt Grunst. Hebold ist nicht der erste umstrittene AfD-Mann in Lichtenberg. Kay Nerstheimer, der ins Abgeordnetenhaus zog und kurz danach aus der Fraktion ausgeschlossen wurde, kommt ebenfalls aus dem Bezirk. Auch der Bezirksverordnete Heribert Eisenhardt wird von den anderen Parteien kritisiert, weil er auf Internetvideos als Sprecher der rechtsradikalen Bärgida-Bewegung auftritt.
Die Grünen hatten bereits nach der vergangenen Sitzung der BVV im Oktober angekündigt, Wolfgang Hebold auf keinen Fall zu unterstützen. Ole Kreins, Kreisvorsitzender der SPD, bestätigt das auch für seine Partei. Wolfgang Hebold wollte sich zur anstehenden Wahl nicht äußern.
In Pankow soll am Mittwoch über den AfD-Stadtrat entschieden werden. Auch hier droht die AfD zu scheitern. Vergangene Woche war ein Video bekannt geworden, das den AfD-Kandidaten Nicolas Seifert in Handgreiflichkeiten mit einem Reporter der ZDF-Heute- Show zeigt. Der war im Clownskostüm auf eine AfD-Demonstration gegangen. Seifert empfand das als Provokation, zog ihm die Perücke vom Kopf und lief davon. Im Tagesspiegel hatte er diese Reaktion verteidigt.
Anzahl der Wahlgänge nicht festgeschrieben
„Wenn das die Position der Fraktion bleibt, dann ist seine Wahl chancenlos“, sagt Michael van der Meer, Vorsteher der Bezirksverordnetenversammlung in Pankow. Möglicherweise wird Seifert aber trotz der Ablehnung der anderen Parteien Stadtrat. Wie das geht? In Berlin regelt das Bezirksverwaltungsgesetz die Wahl des fünfköpfigen Bezirksamts. Jede Partei, die aufgrund ihrer Stärke in der Versammlung einen Bezirksamtsposten erhält, darf einen Kandidaten nominieren. Die 55 Verordneten müssen ihn durch eine einfache Mehrheit bestätigen.
Passt der AfD-Kandidat den anderen Parteien nicht, können sie mit Nein stimmen, und der Wahlgang ist verloren. Die Anzahl der Wahlgänge ist allerdings gesetzlich nicht festgeschrieben. Theoretisch könnten sie unendlich wiederholt werden. Üblicherweise enthalten sich dabei mehr und mehr Verordnete, die Grundgesamtheit der Wählenden schrumpft, übrig bleiben die Ja-Stimmen der eigenen Fraktion und möglicherweise vereinzelte Unterstützer anderer Parteien. So kam auch der AfD-Kandidat in Treptow-Köpenick zu seinem Amt. In Pankow könnte dieses Verhalten dazu führen, dass Nicolas Seifert Stadtrat wird. In Lichtenberg schließen die anderen Parteien Enthaltungen aus – Hebold wird also voraussichtlich auf diesem Wege nicht gewählt werden.
Wahl in Neukölln steht noch an
Wenn es keine Einigung gibt – bleibt der Platz im Bezirksamt dann leer? Nein, sagt Michael van der Meer. Die AfD müsste einen Alternativkandidaten vorstellen. Im Gespräch mit dem Tagesspiegel sagte AfD-Sprecher Ronald Gläser aber, dass es den nicht gäbe: „Nicolas Seifert ist unser Kandidat, da gibt es keinen Plan B.“
In Neukölln steht die Wahl des AfD-Stadtrats ebenfalls noch an. Die BVV–Sitzung fällt in dieser Woche aber aus, man hätte sich über die Ausschussbesetzung noch nicht einigen können, heißt es aus dem Amt. Die AfD stellt den Künstler Bernward Eberenz zur Wahl, die nächste Sitzung ist am 7. Dezember. In Marzahn-Hellersdorf, Reinickendorf und Treptow sind die Kandidaten bereits bestätigt. Der Spandauer Kandidat ist schon lange aufgestellt, muss sich aber noch gedulden. Die nächste BVV-Sitzung findet hier am 30. November statt.
Lisa McMinn