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Update

Besuch von Robbie Williams: Alles nur gelogen

Eine Wohnung am Checkpoint Charlie habe er, behauptete Robbie Williams einst. Nun gibt er zu: Das hat er sich ausgedacht. Und auch sonst ist es nicht weit her mit seiner Liebe zu Berlin. Zum Konzert kommt der Popstar ohnehin nicht mehr. Dafür will er die Bewohner besser anziehen – mit seinem eigenen Label.

So kommt’s dann eben doch raus. Irgendwie war es ja zu ahnen, nachdem die Andeutungen äußerst nebulös geblieben waren. Trotzdem hatten sich die Gerüchte lange gehalten, Robbie Williams habe eine Wohnung in Berlin. Der Popstar selbst hat sie einst in die Welt gesetzt. „In der Nähe des Checkpoint Charlie“, hatte er 2010 in einem Interview gesagt. Scharen von Fotografen lungerten, suchten, warteten, Tage, Monate, Jahre. Dass nie irgendjemand irgendetwas fand, liegt ziemlich wahrscheinlich daran, dass es die Wohnung gar nicht gibt.
Immerhin ein Erkenntnisgewinn, der aus dem Kurzbesuch des Sängers am Dienstag in Berlin resultiert. Kein Spontankonzert gab es diesmal wie 2009, kein Fußballtraining beim BFC Preußen, wo der Brite heute noch Ehrenmitglied ist. Diesmal sollte es ganz gesittet zugehen – schließlich kam Williams mit einem ernsten Anliegen: Der Sänger, der nach Drogen- und Alkoholexzessen nun mit Frau und Kind einigermaßen gesetzt erscheint, macht nun in Mode. Im KaDeWe stellte er am Abend sein Modelabel „Farrell“ vor, Männermode, die perfekt zu Berlin passen soll. Für den gesitteten Ablauf ist in solchen Fällen vor allem das Management zuständig, das den Superstar abschirmt und das unberechenbare Pressevolk auffordert, doch bitte Fragen im Vorfeld einzureichen. In diesem Fall genau eine zum Menschen Robbie Williams und genau eine weitere zu seinem neuen Label. Zeit für Klartext also: Wie oft ist er denn nun in dieser Wohnung am Checkpoint Charlie und was macht er da so, wenn er in town ist? Die Antwort kam, gänzlich unerwartet, schon vor dem für Dienstagabend anberaumten Gespräch mit Williams, bereits 20 Minuten später per Mail: Stimmt nicht, die Wohnung gibt’s nicht, bitte neue Frage einreichen! Aha.
„Mir wird manchmal langweilig, dann lüge ich“, erklärt er. „Ich muss doch nicht die Wahrheit sagen, oder?“ Muss er wohl nicht. Die besondere Beziehung zu Berlin, das „Berlin, ich bin dein Sohn!“, dass er dem jauchzenden Volke beim Gratiskonzert vor der Max-Schmeling-Halle einst entgegenrief, „alles erfunden“.

Die kreischenden Massen scheint das wenig zu kümmern. Hunderte sind gekommen, zerquetschen sich an den Ballustraden der vier Etagen rund um den Lichthof des KaDeWe, während ihr Robbiiiiiie unten seine Kollektion zeigt. Blaue Anzughose, mit passender Weste, hellblaues Hemd, die Haare zu einer Tolle nach hinten geföhnt. Kurzer Gruß hier, Händeschütteln da, ein paar Fotos, dann steigt der Star im gläsernen Fahrstuhl über die Köpfe der Fans empor und verschwindet in den Wirrungen der achten Etage. Dort lässt er die Medienvertreter eine gute Stunde warten, während sein Management lustige Bäumchen-wechsle-Dich-Spielchen veranstaltet: das Büro der Chefin, nein doch der Konferenzraum, die Hälfte bitte wieder zurück ins Chef-Büro. Als sich dann trotz der Vorkehrung auch noch ein Fan ins Interviewgrüppchen gemischt hat, droht die Sache zu platzen.
Williams selbst aber bleibt ganz der Gentleman: Sie soll doch bitte bleiben, wo sie es doch schon so weit geschafft hat. „Sitting in the Dschungel“, trällert er vergnügt, eine Zeile aus David Bowies neuem Berlin-Song. Weiß er denn auch wo der Dschungel einst war? „Klar, hier gleich um die Ecke!“ Na bitte, etwas Berlin-Kompetenz ist ja dann doch vorhanden.

Überhaupt ist Robbie Williams dann doch mehr in Plauderlaune als die Allüren der Medienprofis suggeriert hatten. Darüber dass der Windelinhalt seiner Tochter aussehe wie Chicken Korma. Dass seine Frau seine Muse sei, weil sie so schöne Brüste habe, aber auch ihr Charakter ganz nett sei. Darüber, dass er es mit seinem Label die Weltherrschaft übernehmen wolle, weil er süchtig nach Erfolg sei. „Ich war doch früher auch der kleine Dicke bei Take That“, sagt er. „Und heute bin ich dieses Robbie-Williams-Ding. Warum sollte das nicht noch mal klappen?“ Und darüber, dass er zwölf Kilo abgenommen habe („Ich habe seit Weihnachten nichts gegessen“), damit er auch in die von ihm geschaffenen Klamotten passe. „In der Mode isst doch eigentlich nie irgendjemand, oder?“ Es scheint ihm schwerzufallen, so oft wie er die Gurkensandwiches auf dem Tisch anschielt.

Über eben jene Klamotten ist kaum mehr zu sagen, als dass man ihnen ansieht, dass Designer Ben Dickins früher bei Burberry war: Schlichte Männermode, Anzüge, Hosen, Mäntel. Und die passten schließlich perfekt zu Berlin. „Immer wenn ich nach Berlin komme, ist es kalt, zum Glück haben wir viele Mäntel, die die Leute warm halten.“ Womit er schon wieder beim Thema ist.

Im Sommer kommt er nämlich wieder nicht, bespaßt mit seiner Solotour zum neuen Album „Take The Crown“ lieber die Hannoveraner, Münchener, Stuttgarter und Gelsenkirchener. Auch seine wiedervereinigte, inzwischen gereifte Boygroup Take That hatte Berlin 2011 einfach ausgelassen. „Ich kann ja nicht überall spielen“, sagt Williams bockig. „Alle wollen immer, dass ich bei ihnen spiele, aber ich bin doch kein öffentlicher Dienst, ich bin doch keine BBC“ Das sitzt.

Doch natürlich betont er dann brav, dass er das nächste Mal sicher wieder kommen werde. Im März geht er wieder ins Studio, soviel verrät Williams. Vielleicht ist es Zufall, dass sein Take-That-Kumpane Gary Barlow kürzlich andeutete, die fünf wollten wieder gemeinsam ins Studio, ab März. Vielleicht stimmt aber auch mal irgendetwas, das Robbie Williams so von sich gibt.

Anke Myrrhe

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