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Bett unterm Korb - immer noch leben Geflüchtete in Turnhallen
© Thilo Rückeis

Geflüchtete in Berlins Turnhallen: Sportler werfen Senat und Bezirken "Versagen" vor

Der Präsident des Landessportbundes, Klaus Böger, kritisiert die Verwaltung, weil Vereine viel länger als geplant auf Turnhallen verzichten müssen. Die Politik warnt er vor einem Vertrauensverlust bei den Bürgern.

Heiner Brandi, der Direktor des Landessportbundes (LSB), stellt gerade eine Entwicklung fest, die ihn beunruhigt. „Inzwischen machen uns die Vereine dafür verantwortlich, dass in Turnhallen noch immer Flüchtlinge leben.“ In 38 Hallen ist das der Fall, für 3300 Menschen sind sie immer noch Wohnort. Dazu kommen Flüchtlinge in weiteren Notunterkünften, etwa in früheren Schulen. Und anders als geplant werden bis Jahresende auch keine Turnhallen frei gezogen. Das hat wie berichtet das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) mitgeteilt.

Doch Schuld daran ist nicht der LSB. Dessen Präsident Klaus Böger empört sich sogar: Die Entscheidung, die Hallen erstmal nicht freizuziehen, „ist ein Eingeständnis des totalen Scheiterns und mangelhafter Planung“. Brandi sekundiert: „Ein Zeichen von Unfähigkeit der Berliner Bürokratie. Bei den Ausschreibungen wurden handwerkliche Fehler gemacht.“

Definitiv, das hat ja sogar das LAF eingestanden. Die Ersatzstandorte für die Flüchtlinge, sind zwar ausgeschrieben worden und Betreiber konnten sich bewerben. Doch die komplizierte EU-weite Ausschreibung war so mangelhaft, dass jeder ausgeschriebene Standort beklagt wird. Und so lange die Klagen vor der Vergabekammer liegen, passiert nichts. Keine Freizug, keine Hallensanierung.

Sieben Millionen Euro für Experten nicht bewilligt

Deshalb kommt von Böger, ohnehin ein Mann deutlicher Worte, auch sehr harte Kritik. „Es ist ein Bürokratie-Versagen von Senat und Bezirken auf der ganzen Linie und stellt dem Berliner Verwaltungshandeln ein schlechtes Zeugnis aus.“ Berlin sei im Hinblick „auf Freizug und Wiederherstellung der sichergestellten Hallen für den Schul- und Vereinssport das absolute Schlusslicht in Deutschland. Das gilt auch für die unzumutbare Situation der Flüchtlinge.“ Die mehr als einjährige Unterbringung in Sporthallen sei menschenunwürdig. Böger fragt sich, „ob den Verantwortlichen in der Stadt überhaupt bewusst ist, dass hier bei vielen Bürgerinnen und Bürgern Vertrauen in die Verlässlichkeit von Politik und Verwaltung verspielt wird“.

Der Grund für die erneute Verzögerung beim Freizug liegt mal wieder berlintypisch in den Abstimmungsprozessen der zuständigen Behörden. Das LAF hatte im Frühsommer sieben Millionen Euro für die Honorierung von externen Experten im Vergaberecht gefordert, weil solche Fachleute behördenintern rar sind. Doch bewilligt wurden erstmal nur 1,3 Millionen Euro. Und dieses Geld wird dazu verwendet, die Ausschreibungen neu zu gestalten.

Das alles kostet Zeit. Wie schleppend der Prozess verläuft, schildert Brandi am Beispiel des Horst-Korber-Zentrums, das der LSB betreibt. „Am 9. Mai wurde es frei gezogen. Erst im September stand die Höhe der Sanierungskosten fest. Am 14. Oktober haben wir eine Freigabe dieser Mittel erhalten. Die braucht unser Architekt, um die Ausschreibungen planen zu können.“ Anfang Dezember werde dann die Ausschreibung veröffentlicht. Wenigstens ein Trost hat Brandi parat: Diese Ausschreibung ist nicht EU-, sondern nur deutschlandweit. Die Gewerke liegen unter der Grenze, die für den EU-Bereich nötig sind.

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