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In Berlin-Mitte dürfen Parteien Schulräume für Wahlkampfveranstaltungen nutzen.
© dpa/Peter Endig

Berlin-Wedding: SPD macht Wahlkampf in der Schule - AfD will auch

Weil die SPD zu einer Veranstaltung in eine Schule lädt, dürfen in Berlin-Mitte jetzt alle Parteien in Schulräumen Wahlkampf machen. Auch die AfD will hier für sich werben.

Wenn einer – dann alle. So lässt sich die Rechtslage beim Thema „Parteiveranstaltungen in Schulen“ zusammenfassen, seitdem die NPD sich vor Gericht die Möglichkeit erstritt, im Januar 2011 einen Parteitag in der Aula der Lichtenberger Max-Taut-Schule zu veranstalten. Seither hielten sich die Schulträger bei der Vergabe von Schulräumen an Parteien zurück, um keine Präzedenzfälle für künftige erfolgreiche Klagen zu schaffen. In Mitte gilt das nun nicht mehr.

„Bildungspolitik in Berlin – woher, wohin wie weiter?“ lautet der Titel der Wahlveranstaltung, zu der die SPD an diesem Mittwoch in die Weddinger Anna-Lindh-Grundschule einladen darf. Die „sehr geehrten Eltern und sehr geehrten Lehrerinnen und Lehrer“ dürfen mit Bildungs-Staatssekretär Mark Rackles darüber diskutieren, welche „bildungspolitischen Schwerpunkte und Herausforderungen“ der stellvertretende SPD-Vorsitzende auf die Stadt zukommen sieht. Juristisch hat diese Entscheidung zur Folge, dass jede Partei in diesem Wahlkampf Schulräume des Bezirks nutzen darf. Andernfalls würde gegen den allgemeinen Grundsatz der Gleichbehandlung politischer Parteien verstoßen, der in der Verwaltungspraxis berücksichtigt werden muss.

AfD hat schon an der Max-Taut-Schule angefragt

Angesichts der Wahlen im Herbst ist dieser Zusammenhang nicht ohne Brisanz, denn er bedeutet, dass jede Partei sich auf diesen zeitnahen Präzedenzfall beziehen kann. Lediglich in den letzten sechs Wochen vor Wahlen schließt die „Nutzungs- und Entgeltordnung“ des Bezirks eine derartige Vermietung von Räumen aus Gründen der Neutralität aus.

Längst hat auch die Alternative für Deutschland (AfD) ihre Fühler nach Schulräumen ausgestreckt. „Wir hatten zu dem gewünschten Termin allerdings keinen Termin frei“, berichtet der Leiter der Max-Taut-Schule, Michael Nitsche. Er fühlt sich seit der Erfahrung mit der NDP-Klage als „gebranntes Kind“, weil seine Schule im Netz immer wieder mit der NPD in Verbindung gebracht wird, seitdem der Parteitag dort stattfand: „Mein Vorgänger hat sehr darunter gelitten“, erinnert sich Nitsche.

Der Leiter der Anna-Lindh-Schule, Mathias Hörold, würde sich wünschen, dass die Verwaltung den Schulleitern rechtzeitig erklärt, wie sie mit solchen Ansinnen von Parteien umzugehen haben. Da er von dem Fall an der Max-Taut-Schule nichts wusste und ihm auch nicht bekannt war, dass mit derartigen Veranstaltungen neue Präzedenzfälle geschaffen werden, hatte er gegen das Ansinnen der SPD keine Einwände erhoben und den Vorgang an das Bezirksamt weitergeleitet, das dann die Nutzung durch die AG Bildung der SPD gestattete.

Schulleiter waren Konsequenzen nicht bewusst

Ob Bildungsstadträtin Sabine Smentek (SPD) wusste, dass diese Erlaubnis Folgen für künftige Anfragen von Parteien hat, war am Dienstag nicht zu erfahren. Die SPD selbst verwies auf die Vorsitzende ihrer AG Bildung, Monika Buttgereit, die allerdings am Dienstag nicht zu erreichen war.

Einige Eltern finden es aber gar nicht so verkehrt, dass der einflussreiche Staatssekretär zu ihnen kommen wird: Sie hoffen, dass er mal an den Toiletten vorbeigeht, die so verrottet sind, dass es schon im Flur – meterweit von den Toiletten entfernt – erbarmungswürdig riecht. Oder dass er einen Blick auf das Fenster über der Eingangstür wirft, das seit Jahren mit Klebeband zusammengehalten wird. „Das würde doch gut zum Thema des Abends passen“, sagt ein pragmatischer Vater.

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Wie es weiterging, lesen Sie unter diesem Tagesspiegel-Link.

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