Coronavirus-Krise in Berliner Landespolitik: SPD-Landesparteitag wird voraussichtlich verschoben
Michael Müller bleibt vorerst SPD-Chef: Wegen der Corona-Krise wird der Parteitag wohl verschoben. Auch Grüne und Freie Demokraten frieren das Parteileben ein.
Der schrittweise Rückzug des Regierenden Bürgermeisters und SPD-Landeschefs Michael Müller aus der Landespolitik wird sich verzögern. Das hat keine politischen, sondern pandemische Gründe: Wegen der Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus friert die Berliner SPD ihr Parteileben vorläufig ein. Der SPD-Landesparteitag, auf dem am 16. Mai ein neuer Vorstand gewählt werden sollte, wird voraussichtlich verschoben.
Dort sollte Müller als Berliner Parteichef durch ein neues Führungsduo abgelöst werden. Für den SPD-Landesvorsitz kandidieren die Bundesfamilienministerin Franziska Giffey und der SPD-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, Raed Saleh. Nun müssen sie warten, bis man sich in Berlin nicht mehr vor vollen Sälen fürchtet.
Nach den Osterferien, die am 20. April enden, wollen die Sozialdemokraten die Lage neu bewerten und endgültig entscheiden, ob der Wahlparteitag doch noch pünktlich stattfinden kann – oder ob er vertagt werden muss. „Die Gesundheit aller hat für uns Priorität“, heißt es in einem internen Rundbrief der SPD-Landesgeschäftsführerin Anett Seltz.
Deshalb habe der Geschäftsführende Landesvorstand beschlossen, „das Parteileben der SPD Berlin ruhen zu lassen“. Vorerst fallen sämtliche Veranstaltungen und Gremiensitzungen der Sozialdemokraten aus.
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Auch Jusos sagten Konferenz ab
Davon betroffen sind auch die Neuwahl der zwölf Kreisvorstände, die am Sonnabend in Lichtenberg beginnen und Anfang April beendet werden sollten.
An diesem Wochenende mussten auch die Jungsozialisten ihre dreitägige Landesdelegiertenkonferenz absagen, einschließlich der Wahl eines neuen Vorstands. Die bisherige Juso-Landesvorsitzende Annika Klose, die seit fünf Jahren den sozialdemokratischen Nachwuchs in Berlin anführt, wollte nicht wieder antreten. Nun bleibt auch sie vorerst im Amt.
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Betroffen von der Coronavirus-Vorsorge ist ebenfalls die SPD-Parteizentrale in Wedding. Das Kurt-Schumacher-Haus wird ab sofort für den Publikumsverkehr geschlossen, alle Veranstaltungen und Sitzungen fallen dort aus. Auch die Büros der Kreisverbände sind nicht mehr öffentlich zugänglich.
Auch andere Parteien sagen Veranstaltungen ab
Der Rundbrief der Landesgeschäftsführerin endet mit dem Aufruf, solidarisch zu sein und denjenigen zu helfen, die besonders gefährdet sind. „Dazu können wir alle unseren Beitrag leisten – durch regelmäßiges und gründliches Händewaschen, durch zu Hause bleiben und indem wir größere Menschenansammlungen vermeiden“.
Den anderen Parteien geht es nicht viel besser. Der Landesvorstand der Grünen hatte schon am Donnerstag beschlossen, alle nicht zwingend notwendigen Veranstaltungen abzusagen oder zu verschieben. Dies gelte vorerst bis zum Ende der Osterferien.
Betroffen ist davon auch der Berliner Grünen-Parteitag am 28. März. Dies sei „ein Akt der Solidarität mit den besonders gefährdeten Menschen in unserer Gesellschaft, um alles Mögliche zur Eindämmung des Virus zu tun“, erklärten die Landesvorsitzenden Nina Stahr und Werner Graf.
Ähnlich ist die Situation bei den Berliner Liberalen: Angesichts der Pandemie wackelt der für das Wochenende 24. und 25. April geplante Landesparteitag erheblich. Eine endgültige Entscheidung soll am Dienstag fallen, wenn sich der FDP-Landesvorstand trifft. Gleiches gilt für den am 25. März geplanten Landesausschuss der Liberalen.
Auch alle übrigen Parteiveranstaltungen der Freien Demokraten, wie die Treffen der verschiedenen Landesfachausschüsse, werden laut Mitteilung der FDP bis in den April hinein abgesagt.