Streit um Ladenöffnung am Sonntag: Spätis in Berlin verbünden sich
Viele Späti-Betreiber fühlen sich durch Sonntags-Kontrollen diskriminiert und kriminalisiert. Jetzt haben sie einen Verein gegründet
Mustafa ärgert sich. „Seit zwei Jahren wird mein Späti immer wieder sonntags vom Ordnungsamt und der Polizei kontrolliert. Für den Späti gegenüber interessiert sich aber niemand“, sagt der Geschäftsmann, dem ein kleiner Laden in Friedrichshain gehört. Wegen der strengen Kontrollen verliere er jährlich 60 000 bis 70 000 Euro Umsatz. Seinen Nachnamen möchte er lieber nicht nennen, da er oft an Sonn- und Feiertagen öffne – heimlich. Eine langfristige Lösung könne das aber nicht sein. Wie Mustafa ärgern sich viele Späti-Besitzer über die Behörden. Ihre Hoffnung setzen sie auf den neuen Verein „Berliner Späti“, der sich am Montagabend in einem Kreuzberger Restaurant vorstellte.
Spätis wollen gleiche Rechte wie Tankstellen
Rund 100 Interessierte waren zum ersten öffentlichen Treffen gekommen und wurden vom Vereinsvorsitzenden Alper Baba begrüßt, der vier Läden in Neukölln betreibt. Und der zweite Vorsitzende Ahmet Razi formulierte die Ziele des Vereins, den es seit März gibt und bislang bislang 50 Mitglieder hat: „Wir wollen ein freies Verkaufsrecht an Sonn- und Feiertagen und damit dieselben Rechte wie Bäckereien und Tankstellen.“ Er beklagte, dass in Neukölln seit etwa zwei Jahren das Berliner Ladenschlussgesetz rigoros durchgesetzt werde – und nach dem ist Sonntagsverkauf in der Regel verboten. Allerdings guckten die Ämter jahrelang weg. Jetzt aber werden in einigen Bezirken immer höhere Bußgelder verhängt. Bis zu 2500 Euro können dafür fällig werden. „Existenzbedrohend“ nannte Ahmet Razi das und berichtete von Ladenschließungen im Bekanntenkreis. „Wirtschaftlich sind das enorme Einbußen, weil Sonntag der umsatzstärkste Tag für uns ist“, sagte der Betreiber eines Spätis in der Saalestraße. Die Vereinsmitglieder ärgern sich auch, weil sie durch den extra Verkaufstag ja zusätzliche Steuern zahlen und Arbeitsplätze schaffen.
Notfalls ein Volksbegehren
Der Späti-Verein plant jetzt auch eine Petition. „Wir müssen noch überlegen, ob wir das vor oder nach September starten“, sagte Baba mit Blick auf die Abgeordnetenhauswahl im Herbst. Notfalls wolle man auch den Weg eines Volksbegehrens gehen.
Ausgenommen von der Kritik waren ausdrücklich die Grünen, die bereits zwei Späti-Dialoge geführt haben. Stellvertretend waren die beiden Neuköllner Abgeordneten Anja Kofbinger und Susanna Kahlefeld zum Treffen gekommen.
Kofbinger plädiert, wie berichtet, dafür, das Ladenschlussgesetz ergänzen. Dieses sieht für Verkaufsstellen, die zum Beispiel Bedarfsartikel für Touristen anbieten, Ausnahmen vor. Und das betreffe die die meisten Spätis im Innenstadtbereich , so Kofbinger, die Vize-Fraktionschefin im Abgeordnetenhaus ist.
Einen entsprechenden Antrag hat die Fraktion bereits im März ins Parlament eingebracht und war damit - überraschend für die Grünen - auf Interesse der CDU gestoßen, wie Kofbinger sagte. „Ich bin mir einigermaßen sicher, dass wir da etwas hinbekommen“, sagte sie und verteilte grün- gelbe „I love my Späti“-Sticker.
Auf die Politik wollen sich die Späti-Besitzer allerdings nicht allein verlassen. Am Rande des Treffens am Montag wurden weitere Mitgliederanträge verteilt. Auch Mustafa unterschrieb. Die 20 Euro Jahresbeitrag sind es ihm wert. „Es muss sich etwas verändern.“