Mehr Ausgaben im Berliner Haushalt 2016/2017: Sparen ist so Klaus Wowereit
2016/17 will der Senat für vieles mehr Geld ausgeben - die Zeiten von "Sparen bis es quietscht" scheinen vorbei. Die Opposition spricht schon mal von einem Wahlkampf-Etat.
Drei Herren im Sakko. Aber nur einer mit Krawatte, das ist Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen, der geschäftig dreinschaut und vier Aktenordner dekorativ neben sich aufgebaut hat. Darauf steht: Haushalt 2016/17, Teil I bis IV. Das macht sich prima für die Fotografen. Die beiden Männer mit dem offenen Kragen, der Regierende Bürgermeister Michael Müller und Innensenator Frank Henkel, sind fröhlich und aufgeräumt. Es ist vollbracht, der Etatentwurf fürs Wahlkampfjahr 2016 und fürs erste Jahr der nächsten Koalition 2017 steht.
Wenn man die beiden Spitzenleute von SPD und CDU richtig versteht, entstand das Zahlenwerk in freundlichen Runden. „Ich danke dem Koalitionspartner für die vertrauensvolle Zusammenarbeit bei den Haushaltsverhandlungen“, sagt Henkel im Presseraum des Roten Rathauses. „Wir haben ressortübergreifend an einem Strang gezogen“, sagt Müller und lobt außerdem die „gute Kooperation“ mit den Bezirken. Die Bürgermeister Stefan Komoß (SPD), Norbert Kopp (CDU) und Monika Herrmann (Grüne) nahmen am Dienstag an der Senatssitzung teil. Auch die Bezirke kriegen in den nächsten beiden Jahren mehr Geld.
Mit "Sparen bis es quietscht" ist es vorbei
Der Doppelhaushalt trage den „enormen Herausforderungen durch die wachsende Stadt Rechnung“, sagt Müller. Der Konsolidierungskurs werde trotzdem fortgesetzt. Doch mit dem Sparen, bis es quietscht, wie Klaus Wowereit gern sagte, ist es vorbei. Und Henkel liefert dafür eine Erklärung: „Was quietscht, das läuft nicht wie geschmiert“. Der Etat für 2016/17 bilde die Dynamik Berlins ab. Der Finanzsenator liefert die Philosophie dazu: Die Ausgaben den Einnahmen angleichen, Berlin werde auch in Zukunft leichte Überschüsse erzielen. Die Investitionen „in alle zentralen Bereiche der sozialen und wirtschaftlichen Infrastruktur“ würden verstärkt.
Vielleicht gibt es sogar noch ein Sahnehäubchen obendrauf. Denn der Anteil, den der Bund für die Flüchtlingsbetreuung in Ländern und Gemeinden übernehmen soll, ist noch nicht ausgehandelt. Außerdem spricht manches dafür, dass Berlin 2015 und in den kommenden Jahren höhere Steuereinnahmen hat als jetzt eingeplant. Und über 2019 hinaus könnte die Reform des Länderfinanzausgleichs zusätzliches Geld einbringen. Das ist alles noch nicht in Sack und Tüten, aber wenn es so kommt, könnte das Land Berlin auch in den Haushaltsjahren 2016/17 kräftige Überschüsse erzielen.
"Fettester Wahlkampfhaushalt seit 20 Jahren“
Die Hälfte dieses Geldes könnte dem neuen Sondervermögen „Infrastruktur der wachsenden Stadt“ zugutekommen, in dem jetzt schon rund 500 Millionen Euro stecken. Eine erste Anzahlung, um den Investitionsstau Berlins im Laufe der nächsten 10 bis 15 Jahre aufzulösen. Die Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB) und die Industrie- und Handelskammer (IHK) sind zufrieden mit dem Haushaltsentwurf. Die Balance aus Sparen und Investieren werde gewahrt. Zu begrüßen sei auch die Aufstockung der Personalausgaben für die öffentliche Verwaltung. Grundlage für die erfreuliche Entwicklung der Steuereinnahmen sei aber die „Dynamik der Berliner Wirtschaft“. Der Senat müsse alles daransetzen, den Investoren auch künftig attraktive Rahmenbedingungen zu geben.
Das dicke Lob des CDU-Fraktionschefs Florian Graf, dass der neue Etatentwurf „für die Zukunftsfähigkeit Berlins beispielhaft ist“, lässt die Opposition allerdings nicht gelten. Der Grünen-Finanzexperte Jochen Esser spricht vom „fettesten Wahlkampfhaushalt seit 20 Jahren“. Der Anstieg der Ausgaben sei atemberaubend, der Katzenjammer für alle werde folgen. Ärgerlich sei auch, dass der Senat in das Milliardengrab BER und in die Staatsoper-Baustelle 500 Millionen Euro investive Mittel versenke.
Die Linken-Haushälterin Manuela Schmidt hat ähnliche Gedanken: „Der Wahlkampf im kommenden Jahr lässt grüßen.“ Sie sieht aber weniger das Problem, dass Berlin zu viel Geld ausgibt, sondern „nach wie vor an den falschen Stellen“. Das Abgeordnetenhaus berät den Etatentwurf ab September. Am 12. Dezember soll er beschlossen werden.