IHK-Vorstoß: So sollen Flüchtlinge leichter Arbeit in Berlin finden
Bisher steht jedem Asylsuchenden und jedem Flüchtling eine Odyssee durch Berlin bevor, wenn sie hier ankommen. Das schmeckt Berlins IHK gar nicht - sie will helfen, sie schneller in Arbeit zu bringen.
Rund 26 000 Menschen dürften in diesem Jahr in Berlin einen Antrag auf Asyl stellen – dachten Berlins Behörden bisher. Derzeit werden im Schnitt aber täglich rund 100 neue Anträge gestellt. Es dürften bis Dezember also deutlich mehr werden. „Für den Berliner Arbeitsmarkt sind diese Menschen ein Geschenk des Himmels“, sagt Jan Eder, Hauptgeschäftsführer der Berliner Industrie- und Handelskammer (IHK). Allerdings sorge das langwierige und schwer nachvollziehbare Aufnahmeverfahren dafür, dass niemand etwas davon habe.
Am Ende der Verfahren würden dringend gebrauchte und arbeitswillige Fachkräfte mitunter in Regionen weitergeschickt, in denen sie niemand brauche, anstatt sie hier in Berlin an Betriebe zu vermitteln. Um das zu ändern, hat die Kammer zehn Vorschläge erarbeitet, wie man die Regeln anpassen und das Verfahren straffen könnte.
Kreuz und quer durch Berlin
Flüchtlinge und Asylsuchende haben in der Regel eine beschwerliche oder gar lebensgefährliche Reise hinter sich – und nach der Ankunft eine weitere Odyssee kreuz und quer durch Berlin vor sich: So beginnt die Fahrt durch Berlins Behördendschungel stets bei der Zentralen Aufnahmeeinrichtung für Asylbewerber (ZAA) am Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) in der Moabiter Turmstraße. Dort füllen Asylsuchende einen Personalbogen aus und erhalten im besten Fall eine schriftliche Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender (BÜMA) ausgehändigt. Damit sollen sie sich zum Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in den Askanierring nach Spandau begeben, um sich erkennungsdienstlich behandeln zu lassen und eine Aufenthaltsgestattung (AG) zu erhalten. Und das ist erst der Anfang.
Schon an den ersten Kontaktpunkten könnte man vieles verbessern, meinen die Experten der IHK: So solle man frühzeitig Daten zur Berufserfahrung oder Sprachkenntnissen abfragen. Asylbewerber hatten Experten der Kammer geschildert, dass während des monatelangen Verfahrens niemand hätte wissen wollen, was sie gelernt haben. Die IHK moniert auch, dass der Datenaustausch zwischen der Landesbehörde Lageso und der Bundesbehörde BAMF tatsächlich nur über den Papierzettel, den die Bewerber mit sich tragen, erfolgt. Ein elektronischer Datenaustausch findet nicht statt.
Menschen die Möglichkeit geben, eine neue Heimat zu finden
Die IHK wünscht sich eine Aufstockung des Personals beim BAMF. Dort könne man mittel- bis langfristig auch einen sogenannten One-Stop-Shop einrichten, wo Mitarbeiter der Bundesagentur für Arbeit (BA) zusätzlich Kompetenzen der Asylsuchenden abfragen. Im August startet an der Berliner Außenstelle des Bundesamtes ein erster Pilotversuch mit zwei Beratern der BA vor Ort beim BAMF in Spandau.
Die Kammer moniert auch, dass Antragsteller derzeit im Schnitt sieben Monate auf einen Bescheid warten müssen. Vorher dürfen sie keine Arbeit aufnehmen. „Das Asylrecht stammt aus einer Zeit, in der wir uns nicht vorstellen konnten, dass Menschen, die zu uns kommen, auch hier bleiben wollen“, sagte IHK-Chef Eder. „Wir möchten Menschen die Möglichkeit geben, in unserem Land eine neue Heimat zu finden. Das ist für unsere Wirtschaft das Beste – und für diese Menschen“.
Die Kammer belässt es nicht bei Ratschlägen für die Politik und Behörden. Sie selbst wirbt für ihre Infoangebote zur Berufsausbildung, die IHK berät auch Firmen, die Asylbewerber mit entsprechendem Aufenthaltsstatus einstellen möchten, hilft zudem bei den Anträgen für die Arbeitserlaubnis. Zudem berät die Kammer Asylsuchende und Flüchtlinge, die selbst Firmen gründen wollen.
IHK fordert Beschleunigung
„Die Vorschläge gehen in die richtige Richtung“, sagt Rüdiger Lötzer, Gewerkschaftssekretär bei der IG Metall Berlin und Experte für Flüchtlinge und Migranten. Er persönlich würde noch weitergehen und sich wünschen, dass zum Beispiel die Prüfung, ob ein Antragsteller nicht in einem anderen EU-Land unterkommen muss (Dublin-Verordnung), komplett entfällt. Die IHK fordert nur eine Beschleunigung.
Lötzer sagt, ihm sei kein einziger Fall bekannt, in dem ein Flüchtling einen Job bekommen hätte, den ein Einheimischer hätte haben wollen. Sobald Zuwanderer, die arbeiten können, es durch den Behördendschungel bis zur Türschwelle des Betriebes schaffen, stelle der sie in der Regel auf der Stelle ein. „Da steht sonst kein anderer“, sagt Lötzer.
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