Restaurants und Café wieder geöffnet: So war der erste Tag für Berlins Gastronomie
Endlich wieder auswärts essen – viele Berliner haben schon reserviert. Doch sind die Gäste auch gekommen? Eindrücke aus Mitte, Wilmersdorf und Kreuzberg.
Endlich ist es so weit, vorerst. Die Berliner Restaurants sind seit Freitag aus dem Shutdown entlassen. Unter Auflagen: bei der Hygiene, den Abständen zwischen den Tischen und mit Kontaktlisten der Gäste – damit im Fall einer Ansteckung die Infektionskette nachverfolgt werden kann. Aber kehrt nun wirklich Leben in die Straßen zurück?
Am Hackeschen Markt waren am Freitagmittag noch wenige Gäste zu sehen. In einigen Restaurants saßen Menschen zu zweit oder viert zusammen, in anderen blieben die Stühle komplett leer - von meterlangen Warteschlangen keine Spur.
Anders in Wilmersdorf: Auf der Terrasse vor dem „Ristorante Michelangelo“ am Wilmersdorfer Breitenbachplatz sind vier Tische besetzt. Drinnen sitzt Geschäftsführer Daniyel Kozul an einem Tisch und wiegt die Trüffel ab, die ihm sein Lieferant aus Lazio in Mittelitalien mitgebracht hat. „Wir haben Reservierungen bis zum Abwinken“.
110 Plätze gibt es im Innenraum des Restaurants im Schatten der Autobahnbrücke am Breitenbachplatz. Drei Dutzend auf der Terrasse. Und wie hat er die erzwungene Auszeit überstanden? „Für mich war’s wie Urlaub“ – zu Hause bleiben, Zeit haben. Er hat die Wohnung renoviert. Und das Michelangelo. Klar, die Zuschüsse der Förderbank IBB halfen. Und die Mitarbeiter seien in Kurzarbeit gewesen. Aber „wenn du die Jahre zuvor gut gewirtschaftet hast, dann überstehst du zwei Monate Stillstand“.
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Fünf Fahrradminuten weiter Richtung Zentrum ist der Rüdesheimer Platz fast vollständig aus der Corona-Apathie erwacht: Die kleine Terrasse vor dem „Pastis“ ist voll besetzt, auch drinnen sind beim Franzosen viele Tische besetzt. Der „Garçon“ wirbelt umher, entschuldigt sich, aber Zeit für ein Plausch hat er keine: „Vielleicht in zwei Stunden“, und es klingt so wie früher, wenn man ohne Reservierung mal auf eine warme Blutwurst oder Flammkuchen reinschauen wollte.
Vor der „Confiserie Emilia“ sitzt ein Pärchen mittleren Alters an einem Tisch in der Sonne und plauscht mit der Bedienung. Dagegen ist die schattige Terrasse von „la vucciria“ leer, aber die Tische sind gedeckt. Eröffnet wird in einer Stunde. Ausgebucht sei er bis Montag sagt Chris Schneider und lockert den Mundschutz, den alle Gastwirte an diesem Tag tragen. Klagen will er nicht über die Auszeit, „aber jetzt reicht’s auch“.
In dem kleinen Gastraum, wo vor der Krise die Tische so eng wie in süditalienischen Tavernen zusammenstanden, gibt es jetzt große Abstände zwischen den Sitzplätzen. Auch draußen. „Da ist der Chef mit dem Zollstock durch“, sagt Chris. Klagt er denn über die verlorenen Einnahmen?
„Nein, immer positiv bleiben“. Zumal der Vorteil von Restaurants am Rüdesheimer Platz sei, „dass wir nicht von Touristen abhängig sind wie in Mitte“. Und die Stammkundschaft sorgt seit diesem Tag eins der Öffnung für volle Reservierungsbücher.
Kreuzberger Kneipenbesitzer fühlen sich
Auch in Kreuzberg nehmen Cafés und Restaurants wieder den Betrieb auf. Nur reine "Schankwirtschaften" dürfen nicht öffnen - und das wollen nicht alle einfach so schlucken. Vor dem „Turandot“, einer klassischen Raucherkneipe in der Kreuzberger Bergmannstraße, stehen Tische und Stühle, die Abstände sauber abgemessen. Hier wäre Platz für 20 Gäste.
Nur sind die Möbel mit Absperrband umwickelt und damit nicht benutzbar. „Wir sind kein Krisenherd!“, steht auf Plakaten an der Fassade. „Wir können auch Abstand halten“. Und: „Wir fordern Gleichbehandlung“.
Das Wirtepaar Frauke Schmidt-Theilig und Roman Theilig kann nicht verstehen, warum der Senat nicht auch ihnen eine Möglichkeit gibt, wieder Geld zu verdienen. „Wir wollen öffnen - so wie andere Cafés“, sagt Theilig.
Am liebsten natürlich draußen und drinnen. „Aber im Sommer wären wir mit der Außengastronomie gut bedient“, sagt seine Frau. Von 12 bis 22 Uhr öffnen zu können, das wäre nach ihrem Geschmack. Zwei Mini-Jobbern könnten sie dann auch Arbeit bieten, sagen sie.
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Im Juni sind es 30 Jahre, dass die beiden das „Turandot“ betreiben. Seit acht Wochen liegt der Betrieb brach. Nur etwas „Coffee to go“ und Getränke in Flaschen zum Mitnehmen können sie verkaufen, Schmidt-Theilig stellt ihre Kunst im Fenster aus und gibt Gutscheine aus.
Für drei Monate, den nächsten eingeschlossen, haben sie die Soforthilfe des Bundes bekommen, damit können sie wenigstens die Miete zahlen. Davon leben können sie nicht. Auf einem weiteren Plakat steht: „Warum öffnen Kneipen in anderen Bundesländern?“
Vor der Markthalle ist mehr Ordnung als vorher
Die Imbisse in der Marheineke-Markthalle in Kreuzberg ziehen normalerweise viel Imbisspublikum an. Nach Wochen der Flaute ist am Freitag gleich recht viel los. Drinnen können die Gäste entlang der Fensterfront essen, nur dass nun Plätze mit Abstand markiert sind und viel weniger Hocker bereitstehen als sonst.
Draußen stehen nur wenige Tische, die meist belegt sind. In den vergangenen Wochen standen hier oft viele Stammgäste - wohl kaum nur aus ein oder zwei Haushalten - in größeren Runden mit ihrem Glas Wein zusammen. Jetzt geht es sogar etwas geordneter zu. Nur vereinzelt hocken mehrere Gäste eng zusammen.
Gut 20 Gäste genießen am Nachmittag wieder die Sonne vorm Restaurant Matzbach, das zur Markthalle gehört. Die Tische stehen weit auseinander, meist haben nur ein oder zwei Leute daran Platz genommen. Das Matzbach war in den vergangenen Wochen vollständig geschlossen, es gab nicht mal Speisen zum Mitnehmen.
Was auch auffällt: In der Bergmannstraße wird es an einigen Stellen auf dem Gehweg jetzt wieder eng. Das Abstandhalten dürfte so zur Herausforderung werden.