Bundestagswahl 2017: So feiert die Berliner FDP den Wahlabend
Die Liberalen sind im Siegesrausch: Nach dem Tegel-Votum will die FDP neuen Druck auf den Senat machen.
Sebastian Czaja sorgte sich nicht um den Ausgang der Tegel-Abstimmung. Als noch niemand ahnte, dass sich die Berliner für die Offenhaltung des Flughafens ausgesprochen haben, zog der FDP-Fraktionschef schon positive Schlüsse. Dass man der Stadt eine Debatte über Mobilität aufgezwungen habe, sei ein Gewinn, sagt Czaja.
Selbst wenn der Volksentscheid nicht im Sinne der FDP ausgehe, also für die Offenhaltung des Flughafens, wenn also die Mehrheit so entscheide, wie der Senat es will, müsse der Regierende Bürgermeister Michael Müller endlich ein verbindliches Datum für die Eröffnung des Flughafens BER nennen. Das sei er den Berlinern schuldig.
„für das Werbebriefchen danken“
Der liberale Wahlabend in Berlin-Mitte hatte gerade erst begonnen, als schon mutmaßliche Tegel-Ergebnisse verbreitet wurden. Hoffnungen und Erwartungen waren nicht zu trennen in den „60 Prozent dafür“, die immer wieder genannt wurden (am Ende ware es etwas weniger). Ein paar Optimisten machten sich mit Michael-Müller-Spott Mut.
Man müsse dem Regierenden „für das Werbebriefchen danken“, das er geschrieben habe, höhnte ein Jungliberaler. Ein anderer erinnerte an „das Video“. Wer nicht wisse, was „fremdschämen“ bedeute, könne es mit dem Beitrag gegen die Offenhaltung von Tegel lernen.
Freibier als Therapie
Kein Wunder, dass Sebastian Czaja noch positiver zu denken schien als sonst. Die Berliner FDP kochte vor Feier-Freude. Der Landesverband hatte das Restaurant „Cinque“ in der Reinhardtstraße in Mitte gemietet. Schräg gegenüber, in der Parteizentrale, war nicht genug Platz für all die, die mit den Liberalen feiern wollten.
Schon kurz nach 18 Uhr hatte Landeschefin Sibylle Meister „Freibier“ für alle versprochen. Das „Cinque“ schwitzte und feierte und jubelte bei neuen Ansagen auf den beiden großen Fernsehbildschirmen. Lars Lindemann, Ex-Bundestagsabgeordneter, Schatzmeister des Landesverbands und einer derer, die den Hinausschmiss der FDP aus dem Bundestag und dem Abgeordnetenhaus mit aller Wucht mitbekommen hatten, lächelte versonnen: „Für die, die damals ’rausgeflogen sind“, sagt der große Mann mit der Glatze, „ist das Psychotherapie.“
Die Tegel-Retter feiern
Das parlamentarische Comeback ist das eine. Christoph Meyer, ausweislich seiner Wahlplakate „Tegelretter“, wird dem nächsten Bundestag angehören, mindestens zwei weitere Berliner Liberale ebenso. Meyer kennt die Härten eines liberalen Politikerdaseins wie kaum ein anderer: 2011 war er der Frontmann, der nach einem 1,8-Prozent-Ergebnis bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus den Betrieb an der Niederkirchnerstraße abwickeln musste, bis zum Aktenverpacken.
Jetzt, da im „Cinque“ das Freibier schäumt, fragten sie schon alle: „Und Tegel?“ Und Czaja wusste außerdem, was er von Müller alles wird wissen wollen in den kommenden Tagen – wenn es denn so ausgeht, wie sie hoffen in der Berliner FDP, nachdem sie noch am Samstag vor der Wahl für Tegel geworben haben.
Der Regierende Bürgermeister werde sehr schnell Geld für den Lärmschutz in den Haushalt einstellen müssen. Und er werde eine Regierungserklärung zum Thema abgeben müssen. Spannend fand Czaja auch, wie denn die Berliner SPD bei dieser Wahl abgeschnitten hat, auch mit Blick auf den Volksentscheid.
Nur eins erstaunte ihn noch an diesem Abend – dass sie in seinem Wahllokal zwei Urnen aufgestellt hatten: eine für die Bundestagswahl, die andere für die Tegel-Abstimmung. Ob das korrekt war, fragte sich mancher in der FDP. Am Ende war’s egal.