Offener Brief an Berliner Polizei in Amri-Affäre: Senator Geisel und seine Truppe
Mit einem Brief an die Berliner Polizisten möchte Innensenator Andreas Geisel (SPD) mehr Ärger vermeiden. Beamte äußern sich zum Untersuchungsausschuss.
Während die Fraktionen von SPD, Linken und Grünen in Berlin einen eigenen Untersuchungsausschuss zur Anis-Amri-Affäre einsetzen wollen, geht der Streit in den Behörden zum gleichem Fall weiter. Innensenator Andreas Geisel (SPD), der vergangenen Mittwoch zwei Staatsschutzbeamte wegen etwaiger Strafvereitelung und Urkundenfälschung angezeigt hatte, wehrt sich gegen den Vorwurf der Vorverurteilung seiner Untergebenen. In einem offenen Brief an die insgesamt fast 23.000 Mitarbeiter der Berliner Polizei schreibt Geisel: "Sie haben weiterhin meine volle Unterstützung und Rückendeckung." Gerade weil die Polizei für die Stadt jedoch so wichtig sei, "dürfen wir uns Vergehen in den Reihen der Polizei nicht erlauben". Die Erkenntnisse des Sonderermittlers Bruno Jost seien aber "leider so schwerwiegend, dass eine Strafanzeige zur Aufklärung des Sachverhalts unumgänglich war". Jost hatte, wie berichtet, herausgefunden, dass Akten über Amri nachträglich verändert wurden. Senator Geisel schreibt weiter: "Es scheint nach Lage der Dinge offensichtlich, dass Fehler gemacht wurden."
Bund Deutscher Kriminalbeamter: Ermittlungen der Staatsanwaltschaft abwarten
Viele Polizisten sehen das Vorgehen des Senats kritisch. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK), die Gewerkschaft der Fahnder, erklärte, dass man mit einem Untersuchungsausschuss leben könne. Allerdings, sagte Berliner BDK-Vizechef Carsten Milius, wäre es ratsam, die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft abzuwarten – diese befasse sich seit der Anzeige durch Senator Geisel ja mit dem Fall. Und auch Benjamin Jendro von der Gewerkschaft der Polizei sagte: „Die Berliner Polizei hat aufgrund schlechter Kommunikation der Behördenleitung im Fall Anis Amri viel an Glaubwürdigkeit verloren. Diese wird man nicht zurückgewinnen, wenn man mit eigenen Leuten die Arbeit im eigenen Haus überprüfen lässt.“ Ein Untersuchungsausschuss schaffe da andere Möglichkeiten, er bündele aber auch Kapazitäten. Angesichts der vielen Schwierigkeiten in Berlin sollte man sich dies genau überlegen, sagte Jendro: „Es ist richtig, alles lückenlos aufzuklären, aber vielleicht sollte man Sonderermittler Jost erst einmal in Ruhe arbeiten lassen.“
Der als Dealer aktive Asylbewerber Anis Amri hatte im Dezember 2016 bei einem Anschlag zwölf Menschen getötet, als er mit einem Truck in den Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche gefahren war.
Der Tagesspiegel kooperiert mit dem Umfrageinstitut Civey. Wenn Sie sich registrieren, tragen Sie zu besseren Ergebnissen bei. Mehr Informationen hier.