Monate nach der Kündigung von BerlinOnline: Senat will Stadtportal Berlin.de kaufen
Berlins Stadtportal wird von einem Privatunternehmen betrieben, hinter dem das Unternehmer-Paar Friedrich steckt. Doch ab 2022 soll wohl alles anders werden.
Berlins Senatskanzlei-Chef Christian Gaebler (SPD) hat Pläne bestätigt, wonach das Unternehmen BerlinOnline und damit das Stadtportal Berlin.de in Landeshand gelangen sollen. In einer Sitzung des Medienausschusses am Mittwoch erklärte er: „Wir müssen da zu einer Neuaufstellung kommen und halten die vollständige Kommunalisierung für zielführend.“ Der Erwerb der Anteile könne für das Land Berlin „von Vorteil sein“, sagte Gaebler.
Zuvor hatte es entsprechende Forderungen aus den Fraktionen des Berliner Abgeordnetenhauses gegeben. Dass nun der Senat die Absicht äußert, BerlinOnline – und damit Berlin.de – zu erwerben, ist neu.
Erste Überlegungen dazu, wie der Deal vonstatten gehen könnte, scheint es bereits gegeben zu haben. Gaebler erklärte, als Käufer käme die landeseigene Investitionsbank Berlin (IBB) infrage. Ohne genauere Angaben zu möglichen Kosten für den Erwerb der Anteile zu machen, sagte er weiter: „Wir gehen davon aus, dass es sich um Beträge handelt, die die IBB verantworten kann.“
Aktuell hält das Land Berlin 25,2 Prozent an BerlinOnline. Die restlichen 74,8 Prozent gehören dem Berliner Verlag, seit dem 1. November in der Hand des Unternehmer-Ehepaars Friedrich.
Darüber hinaus erklärte Gaebler, nach deren Übernahme des Berliner Verlages habe es zwei Gesprächsrunden mit dessen neuen Eigentümern gegeben. Diese hätten „durchaus Interesse an einer weiteren Zusammenarbeit geäußert“, sagte Gaebler. Endgültig gefallen sei die Entscheidung einer Beendigung der Zusammenarbeit und den Kauf der Anteile an BerlinOnline zwar noch nicht, „bis Jahresende“ solle allerdings Klarheit herrschen.
FDP kritisiert Vorgehen des Senats
Die 1998 abgeschlossene Partnerschaft zwischen dem Land Berlin und BerlinOnline hatte im Zuge der Übernahme des Unternehmen durch die Friedrichs für Wirbel gesorgt. Anlass war ein Interview Holger Friedrichs, in dem er seine Vision digitaler Bürgerdienstleistungen darlegte.
Datenschützer hatten Alarm geschlagen und auch Vertreter aus Politik und Verwaltung zeigten sich empört. Die Senatskanzlei und IT-Staatssekretärin Sabine Smentek sahen sich veranlasst, Bedenken hinsichtlich der Nutzung von Bürgerdaten durch Privatunternehmer wie den Friedrichs zu zerstreuen. Selbst der Regierende Bürgermeister Michael Müller meldete sich zu Wort.
Aus den Fraktionen kamen direkt im Anschluss an die Ausschuss-Sitzung unterschiedliche Reaktionen auf die Ankündigung Gaeblers. Während sich Linken-Vize Tobias Schulze zufrieden zeigte und die Bestätigung des Koalitionsvorhabens der Kommunalisierung begrüßte, kritisierte Bernd Schlömer (FDP) das Vorgehen des Senates. Erstaunlich sei es, „dass man im Jahre 2018 den Betreibervertrag einseitig kündigt und Ende 2019 überhaupt kein Konzept hat, wie ein möglicher Eigenbetrieb aussehen soll.“ Der Stoßrichtung der Entscheidung, das Stadtportal zu kommunalisieren, schloss sich Schlömer jedoch an.
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Der FDP-Politiker hatte die Ende 2018 vorgenommene Kündigung des Vertrages mit BerlinOnline überhaupt erst öffentlich gemacht. Weil zu diesem Zeitpunkt ganz offenbar noch die von Gaebler am Mittwoch genannte Option auf dem Tisch lag, die Zusammenarbeit mit BerlinOnline fortzusetzen, hielt sich die Senatskanzlei damals sehr bedeckt.
Am Mittwoch dagegen sprach Gaebler von „Zielkonflikten“ in der Zusammenarbeit mit dem Unternehmen. Diese ende 2021. Wie bis dahin die Zusammenarbeit mit BerlinOnline aussehen wird, soll auf einer Gesellschafterversammlung des Unternehmens im Dezember besprochen werden.