Berlin: Streit um Energienetze vorerst beigelegt: Senat will sich an Gas- und Stromunternehmen beteiligen
SPD und CDU einigten sich darauf, mit Gasag und Vattenfall über Anteile zu verhandeln. Viele wichtige Fragen blieben trotz der mehrstündigen Diskussion im Senat aber offen.
SPD und CDU haben ihren Streit um die Berliner Energienetze (Gas, Strom, Wärme) vorerst beigelegt. Allerdings blieben wichtige Fragen offen. Nach mehrstündiger, zäher und schlecht vorbereiteter Diskussion einigte sich der Senat am Dienstag darauf, mit Gasag und Vattenfall über eine Beteiligung an den Berliner Gas- und Stromunternehmen beziehungsweise deren Netzgesellschaften zu verhandeln. Bei der Gasag wird mit deren Anteilseignern – Eon, Vattenfall und Gaz de France – gesprochen. Das Ziel des Senats: „Maximaler Einfluss bei strategischen Rechten, der Beteiligungshöhe sowie der Unternehmensstruktur.“
Industrieller Partner bevorzugt
Welcher Gasag-Gesellschafter für eine unternehmerische Kooperation in Betracht kommt, darauf wollte sich der Senat nicht festlegen. Es hieß lediglich: „Bevorzugt wird ein industrieller Partner.“ Vattenfall und Eon sind stark interessiert. „Die neue Strategie von Eon mit der klaren Fokussierung auf intelligente Netze, erneuerbare Energien und innovative Kundenlösungen passt hervorragend zu den energiepolitischen Zielen Berlins“, sagte ein Sprecher des Konzerns. Das Unternehmen stehe für den Dialog über eine kooperative Lösung sehr gern zur Verfügung. Ende August sollen die Gespräche mit den Gasag-Eigentümern abgeschlossen sein. Danach will der Senat eine „Grundsatzentscheidung“ treffen.
Es geht um "bestmöglichen Einfluss" auf das Unternehmen
Nach der Senatsklausur blieb offen, ob Berlin bei der Gasag eine Mehrheits- oder Minderheitsbeteiligung anstrebt. Die SPD favorisiert eine vollständige Rekommunalisierung, der CDU geht es eher um eine Minderheitsbeteiligung. Die Gespräche würden ergebnisoffen geführt, sagte Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU). Es gehe darum, den „bestmöglichen Einfluss“ auf das Unternehmen sicherzustellen. Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) sprach von einer „Maximierung der Beteiligungshöhe im Rahmen dessen, was möglich ist“. Wenn zwei oder drei Anteilseigner der Gasag verkaufen wollten und der Preis stimme, wäre das gut. Wenn es nur einer sei, dann müsse man sehen.
Bei der Neuvergabe der Gas- und Stromkonzession will das Land Berlin im Rennen bleiben. Deshalb soll das landeseigene Unternehmen Berlin Energie „bieterfähig ausgestattet“ werden. Was aus dem vorläufig gestoppten Verfahren zur Stromnetzvergabe wird, wurde am Dienstag nicht entschieden. Geprüft werde ein Neustart des Verfahrens, aber auch die Weiterführung, sagte der Finanzsenator. Aus seiner Sicht soll die Neuvergabe der Stromnetzkonzession noch in dieser Wahlperiode abgeschlossen werden. Eine Beteiligung am Berliner Fernwärmenetz, das zu 90 Prozent von Vattenfall betrieben wird, strebt der Senat in dieser Wahlperiode aber nicht mehr an.
Es geht um Milliarden
Die geplante „strategische Beteiligung Berlins an den Netzen und am Energiemanagement“ muss nach Ansicht des Senats einen Innovationsschub für den Energiestandort Berlin bringen. Das erfordere intelligente Versorgungsnetze, sogenannte Smart Grids. Das werde erhebliche Investitionen nach sich ziehen, sagte Wirtschaftssenatorin Yzer. Nicht beteiligen will sich der Senat an zentraler oder überregionaler Energieerzeugung, auch nicht an überregionalem Handel und Vertrieb.
„Es geht uns um Themen mit großer kommunaler Nähe“, sagte Kollatz-Ahnen. Die haushaltspolitischen Ziele Berlins dürften durch Landesbeteiligungen im Energiesektor nicht beeinträchtigt werden, forderte der Finanzsenator. Das heißt: Der Kauf der Netze oder eine Unternehmensbeteiligung muss sich in absehbarer Zeit aus den laufenden Einnahmen refinanzieren. Es geht dabei um ein Engagement in Milliardenhöhe.
"Stromnetz in Bürgerhand" rückt in weite Ferne
Eine klare Strategie des Senats in der Energiepolitik und zur Rekommunalisierung sei nach dieser Klausur nicht zu erkennen, kritisierte der Linken-Abgeordnete Harald Wolf. Der Senat habe sich von der Rekommunalisierung des Energiesektors verabschiedet, beklagte der Bund für Umwelt und Naturschutz. Auch die Grünen sehen ein „Stromnetz in Bürgerhand“ jetzt in weite Ferne gerückt.