Berliner Schwimmbäder: Senat und Bäderbetriebe suchen neues Konzept
Die Besucherzahlen sinken, die Zahl der Straftaten ist gestiegen. Nun wird nach einem neuen Konzept gesucht. Ab Ostern gibt es auch eine App.
Verkürzte Öffnungszeiten, unangekündigte Schließungen wegen Personalmangels und ein Sanierungsstau in Höhe von 170 Millionen Euro: Die Berliner Bäder brauchen dringend selbst Erfrischung und Erneuerung; seit Jahren laufen ihnen die Kunden weg. Wie sich das das neue Tarifsystem, das einfacher und zumindest für einige Besuchergruppen auch günstiger sein sollte, auswirkt, ist noch unklar. Am Donnerstag wurde obendrein noch in acht Bädern für höhere Löhne gestreikt.
Kein Wunder, meint der FDP-Innenpolitiker Marcel Luthe. „Ein schlechtes Angebot wird nicht dadurch besser, dass es billiger wird – die hochsubventionierten Bäderbetriebe müssen endlich marktwirtschaftlich agieren und für Kunden attraktiv werden“, fordert Luthe. „Wenn die Serviceorientierung fehlt, wenn Freibäder trotz Badewetters nicht eröffnen, weil man planwirtschaftlich gutes Wetter nicht vorgesehen hat, dann muss sich niemand über die rückläufigen Besucherzahlen wundern. Dann ist geschenkt noch zu teuer.“ Luthe hat in zwei aktuellen parlamentarischen Anfragen die Sicherheitslage und die Besucherzahlen in den Berliner Bädern abgefragt.
Weniger Diebstähle, mehr Beleidigungen
Aus den Antworten geht hervor, dass speziell beim Früh- und Spätschwimmen immer weniger Besucher kommen – kamen im Jahr 2013 noch 810.800 Schwimmer vor zehn Uhr, so waren es im vergangenen Jahr nur noch 580.450. Nach 20 Uhr schwammen statt rund 206.000 Menschen nur rund 91.400. Die Zahl der Straftaten stieg von 80 im Jahr 2014 auf 134 im vergangenen Jahr; stark gesunken sind hierbei Diebstähle, gestiegen Beleidigungen und Graffiti-Schmierereien. Wer mit seiner Familie einen entspannten Tag in einem Bad verbringen will, der fährt eher in die privat betriebenen Spaßbäder im Umland oder ins Tropical Islands. Die Berliner Hallenbäder widmen rund 80 Prozent der Wasserfläche dem sportlichen Schwimmen, nur 3,8 Prozent sind Planschbecken für kleine Kinder.
Zu viel Spaß dürfen die staatlichen Bäder nicht bieten, denn sie dienen der Daseinsvorsorge. „Spaßbäder dürfen wir gar nicht betreiben“, sagt der Sprecher der Berliner Bäderbetriebe, Matthias Oloew. Das widerspreche dem EU-Beihilferecht. Die Kommunen dürften nur solche Eigenbetriebe führen, bei denen das privat nicht möglich sei – sprich: das Defizitäre macht der Staat, denn das kann sich kein Privater leisten.
Die Besucherzahlen hängen in Berlin stark vom Wetter ab. Ist der Sommer verregnet wie 2017 und 2014, kommen wenig Leute, in einem Supersommer wie 2015 sind die Zahlen dagegen gut. In schlechten Sommern friert das Personal und langweilt sich im menschenleeren Freibad bei Regen, die Hallenbäder sind trotzdem zu. In anderen Städten bleiben Hallenbäder im Sommer in Betrieb, in Berlin nicht. „Wir wollen die Attraktivität steigern, mehr Besucher anziehen und auch flexibler werden“, sagte Sportstaatssekretär Christian Gaebler (SPD). Nach Ostern starte zudem die Bäder-App. Jeder könne sich dann als Betatester betätigen und Verbesserungsvorschläge machen. In Pankow und Mariendorf sind zwei sogenannte Multifunktionsbäder geplant, die immerhin etwas mehr Spaß bieten sollen. Vor Ablauf von acht Jahren ist aber nicht mit Eröffnungen der Bäder zu rechen.
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