Familienkolumne: Schwitzen für ein besseres Klima
Die Tochter unserer Redakteurin Tanja Buntrock entdeckt den Klimaschutz. Zeit, sich unter die Protestierenden von "Fridays for Future" zu mischen.
Neulich hat meine neunjährige Tochter mit ihrer Freundin Clara ein Bild gemalt. „Frydays vor Futcha“ steht drüber und darunter ist eine Erdkugel erkennbar: einmal mit grünen Kontinenten und blauem Wasser. Und einmal ein schwarzer, verrauchter Planet. Ich war berührt und beschämt zugleich. Berührt, weil meine Drittklässlerin sich Sorgen um den Fortbestand unseres Lebensraums macht und schon jetzt mehr über die Folgen des Klimawandels weiß als ich im Teenager-Alter. Beschämt, weil ich feststelle, dass wir damals gar nicht oder sehr zurückhaltend auf die Straßen gegangen sind.
Kuscheltier-Protest gegen die Erderwärmung
Kürzlich erzählte meine Tochter, ihre Freundin Clara und sie hätten einen Kuscheltier-Protest gegen die Erderwärmung initiiert. Alle Stofftiere bekamen kleine Schildchen aus Zahnstocher und Pappe an die Pfoten geklebt. Darauf stand das Motto: „Wir sind hier und wir sind laut, weil Ihr uns das Leben klaut.“ Mein Gott, dachte ich: Diese Generation tickt wirklich anders. Mit neun habe ich noch mit Playmobil-Figuren heteronormatives Mutter-Vater-Kind-Leben in einem Bremer Vorort nachgespielt.
Diese Generation tickt wirklich anders
Über Himmelfahrt waren wir kürzlich in Wien. Nachdem ich mir einen Morgen lang drei Stunden auf Wunsch meiner Tochter in der Spanischen Hofreitschule das morgendliche „Gymnastizieren“ von Lippizanerhengsten angetan habe, konfrontierte ich sie am nächsten Tag mit Folgendem: Ich hatte mitbekommen, dass Greta Thunberg diesmal bei „Fridays for Future“ in Wien dabei ist. Ich stellte mein Kind vor die Entscheidung: Entweder wir fahren raus ins Märchenschloss Schönbrunn, wo Kaiserin Sisi jahrelang residierte. Oder aber wir begeben uns in die glühende Hitze auf den Heldenplatz und setzen uns für den Klimaschutz ein. „Du hast die Wahl“, sagte ich.
Entweder Märchenschloss oder Demonstration
Das Manöver war zugegebenermaßen etwas gemein, denn ich hatte das Kind bereits in Richtung Heldenplatz gelotst, wo Hunderte junger Menschen herbeiströmten. „Gut, wir bleiben hier vorne an der Bühne und protestieren“, sagte meine Tochter. „Yes. Bye-bye, Sisi“, dachte ich. Greta bekamen wir aber nicht zu sehen: Sie sollte erst viel später auf dem Schwarzenbergplatz auftreten. Dafür verfolgten wir etliche Reden, hörten selbst komponierte Protestsongs und waren am Ende ein Teil von 35 000 Menschen, die Gesicht zeigten.
Zurück in Berlin fasste mein Kind für die Oma zusammen, dass wir jetzt Mehrzwecknetze im Laden benutzen, sowieso keine Wasserflaschen aus Plastik kaufen, Autos leihen und meistens Rad fahren. Ich finde das für den Anfang gar nicht so schlecht. Erst recht, als mein Mädchen bemerkte, dass es gar nicht so klug war, mit dem Flieger nach Wien gereist zu sein. Man hätte den Zug nehmen können. Ich hoffe, dass die Proteste noch mehr, noch lauter werden. Sie erinnern und auf noch nie da gewesene Art und Weise an unsere Verantwortung. Oder, um es mit einem alten Song von The Who zu sagen: „The Kids Are Alright“.