Gymnasium oder Sekundarschule: Welche Schule ist die richtige?
Am Mittwoch beginnen die Anmeldungen für die siebten Klassen. Eltern sollten bei der Wahl der weiterführenden Schule die Begabungen des Kindes einschätzen – und die richtige Strategie wählen.
Wie soll es nach der Grundschulzeit weitergehen? Soll das Kind auf ein Gymnasium oder auf eine Sekundarschule wechseln? Und welche Schule ist die richtige? Vor diesen Fragen stehen jetzt rund 24.500 Sechstklässler und ihre Eltern, denn am Mittwoch beginnt die Anmeldefrist für die Oberschulen. Eine der künftigen Siebtklässlerinnen ist die zwölfjährige Olivia. Sie möchte auf die Sophie-Scholl-Schule in Schöneberg gehen. „Für uns war die Entscheidung nicht so schwer, weil Olivia gesagt hat, was sie wollte und auch von ihren Neigungen her klar war, welches Profil zu ihr passt“, sagt ihre Mutter Martina Reuter. Olivia malt und zeichnet gern und näht bereits seit vier Jahren an ihrer eigenen Nähmaschine Kleider. Als sie beim Tag der offenen Tür in der Sophie-Scholl-Schule die Werkstätten für den Schwerpunkt „Wirtschaft, Arbeit, Technik“ gesehen haben, waren Mutter und Tochter begeistert. Ob Olivia den Platz an der beliebten Schule allerdings auch bekommt, entscheidet sich erst nach einem Aufnahmegespräch, bei dem sie ihre Eignung für die Profilklasse unter Beweis stellen muss.
Im letzten Jahr wurde das Anmeldeverfahren für die Oberschulen im Zuge der Sekundarschulreform geändert. Seitdem können Eltern ihre Kinder an jeder Schule im Stadtgebiet anmelden, und die Schulen können – sofern die Zahl der Anmeldungen die freien Plätze übersteigt – auswählen, welche Schüler sie aufnehmen möchten. Bei einigen Eltern führte das neue Verfahren zu Verunsicherungen. Manche meldeten ihre Kinder absichtlich nicht an beliebten Schulen an, weil sie dachten, diese seien überlaufen und ihr Kind deshalb chancenlos. Im Nachhinein stellte sich dann bei einigen üblicherweise stark nachgefragten Schulen, etwa dem Werner-von-Siemens-Gymnasium in Nikolassee, dem Rosa-Luxemburg-Gymnasium in Pankow oder dem Käthe-Kollwitz-Gymnasium in Prenzlauer Berg heraus, dass es dort noch freie Plätze gegeben hätte.
An dem Verfahren selbst habe sich in diesem Jahr nichts Grundlegendes geändert, sagt Thorsten Metter, Sprecher der Bildungsverwaltung. Die Situation sei in diesem Jahrgang insgesamt entspannter, weil es 16 Prozent weniger Schüler als 2011 gebe, sagte Metter. Im letzten Jahr hatte sich die Herabsetzung des Einschulungsalters ausgewirkt, damals gab es 29.109 Sechstklässler. Eltern können bei der Anmeldung drei Wunschschulen angeben.
Gibt es mehr Anmeldungen als Plätze, können die Schulen 60 Prozent der Plätze nach einem bestimmten Verfahren vergeben. Die weitaus meisten Schulen, nämlich 146, ziehen als Auswahlkriterium die Durchschnittsnote der Förderprognose heran, sie vergeben die Plätze also an die Kinder mit den besten Noten. Welcher Schnitt für einen Platz ausreichend ist, stellt sich erst am Ende der Anmeldefrist heraus. Einige Eltern warteten deshalb bis kurz vor Schluss und versuchten von den Schulen zu erfahren, welcher Notendurchschnitt reichen würde. Doch nicht alle gaben diese Informationen preis, einige hielten ein geheimes Verfahren für fairer.
44 Schulen haben sich in diesem Jahr für ein anderes Auswahlkriterium als die Förderprognose entschieden. Meistens sind das Schulen mit speziellen Angeboten wie Sport- oder Begabtenförderung, mathematisch-naturwissenschaftlichen, musischen oder künstlerischen Schwerpunkten. Diese Schulen achten verstärkt darauf, ob die Schüler bestimmte Kenntnisse, Talente oder außerschulisches Engagement nachweisen können, manche führen Eingangstests oder Auswahlgespräche durch. Nach welchen Kriterien eine Schule entscheidet, erfährt man von der Schule selbst, die meisten Schulen beschreiben das Verfahren auf ihren Webseiten im Internet. Auch bei Tagen der offenen Tür kann man sich über die besonderen Angebote der Schulen informieren. „Am meisten geholfen haben mir aber Gespräche mit anderen Eltern und Kindern, die schon auf der Schule waren“, sagt Martina Reuter.
Viele Eltern finden es schwierig, die richtige Strategie für die Wahl der Zweit- und Drittwunschschule zu finden. Bei beliebten Schulen ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie bereits im ersten Auswahldurchgang alle Plätze vergeben, so dass es chancenlos sein könnte, diese als Zweit- oder Drittschule anzugeben. Dann könnte es sinnvoller sein, eine Zweitschule zu wählen, die nicht zu den begehrtesten gehört, aber dennoch zum Kind passt. Denken allerdings alle Eltern so, stößt die Taktiererei an Grenzen.
Wie groß die Nachfrage im letzten Jahr war, können Eltern bei der Schule selbst erfragen. Auch die Schulämter der Bezirke geben Auskunft. 2011 entschieden sich 44 Prozent der Schüler für ein Gymnasium, 56 Prozent für eine Sekundarschule.
Besonders beliebt waren Sekundarschulen mit gymnasialer Oberstufe. Kleinere Klassen, praxisorientierteres Arbeiten, weniger Wochenstunden und ein Jahr mehr Zeit bis zum Abitur – diese Merkmale von Sekundarschulen haben offenbar viele Eltern und Schüler überzeugt. Auf dem Gymnasium wird leistungsorientierter, selbstständiger und schneller gearbeitet. Die siebte Klasse ist ein Probejahr, wer das nicht schafft, muss auf eine Sekundarschule wechseln. „Die Kinder sind ganz schön unter Druck“, erzählt Martina Reuter über Freundinnen ihrer Tochter, die aufs Gymnasium gehen. Obwohl Olivia eine klare Gymnasialempfehlung bekommen hat, möchte sie lieber auf die Sekundarschule: „Da habe ich mehr Zeit, den Lernstoff wirklich zu begreifen.“
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