Kurt-Tucholsky-Oberschule: Besser als Gymnasium
Integrierte Sekundarschulen wie die Kurt-Tucholsky-Oberschule in Pankow sind für immer mehr Eltern eine Alternative zum Gymnasium. SPD-Landeschef Michael Müller hat sich angeschaut, wie eines der Großprojekte des Senats in der Praxis funktioniert.
Ein Mann begegnet dem Besucher im Treppenhaus bei jedem Schritt: Kurt Tucholsky. Knallrot leuchtet sein Kopf von einer Säule im zweiten Stock, der Weg zu jeder neuen Etage führt vorbei an einem anderen Zitat des Schriftstellers in blau und orange. Die Kurt-Tucholsky-Oberschule in Pankow ist ganz offensichtlich stolz auf ihren berühmten Namensgeber. Auch wenn in dem breiten Angebot an Arbeitsgemeinschaften und Kooperationen „noch was Literarisches fehlt“, wie Michael Müller, SPD-Landeschef und Fraktionschef im Berliner Abgeordnetenhaus, bei seinem Besuch in der Schule scherzhaft bemerkte.
Gemeinsam mit Sandra Scheeres, SPD-Abgeordnete aus Pankow-Süd, ist Müller am Mittwochvormittag in die Kurt-Tucholsky-Oberschule gekommen, um sich ein Bild davon zu machen, wie die Umsetzung eines der Großprojekte des rot-roten Senats in der Praxis funktioniert: die Schulstrukturreform. Seit diesem Schuljahr ist die Hauptschule in Berlin de facto abgeschafft, Hauptschulen sind mit Realschulen zu Integrierten Sekundarschulen zusammengelegt worden. Die erste Bilanz der Pankower Tucholsky-Schule: „Bei uns läuft es gut“, sagte Schulleiterin Marianne Baltrusch.
Allerdings war der Sprung für die Tucholsky-Schule kleiner als für manch andere Schule: Vor der Reform war sie bereits eine Gesamtschule, „das ist vom Konzept der Integrierten Sekundarschule gar nicht so weit entfernt“, sagte Baltrusch. Die Tucholsky-Schule ist die einzige Pankower Schule, die seit der Reform 60 Prozent ihrer Siebtklässler nach dem Schulprofil auswählt. Die Schule setzt auf Kunst, Musik und Theater – vor allem künstlerisch begabte Schüler bekommen einen Platz. Für das kommende Schuljahr gab es 177 Anmeldungen für 130 Plätze. „Das freut uns natürlich“, sagte die Schulleiterin. Auch wegen der veränderten Auswahl habe sich seit der Schulreform die Mischung der Schüler deutlich geändert, sagte Baltrusch. Kamen vor der Reform nur zehn Prozent der Schüler mit einer Gymnasialempfehlung auf die Tucholsky-Schule, sind es jetzt mehr als 30 Prozent. „Wir konkurrieren jetzt mit den Gymnasien“, sagte Baltrusch – zum Beispiel mit dem Rosa-Luxemburg-Gymnasium ein paar Häuser weiter. Platz für die Aufnahme von Rückläufern – Schüler, denen nach einer Probezeit das Gymnasium doch zu schwer ist – bleibt da nicht:17 Anfragen von Eltern, musste Mittelstufenleiterin Cornelia Schneider mit einer Absage beantworten.
Diese Schüler werden vermutlich in einer der weniger stark nachgefragten Sekundarschulen unterkommen. Denn auch solche Schulen gibt es – und manche haben seit der Schulreform noch größere Probleme, ihre Klassen zu füllen, als vorher. Er wisse etwa von Schulen im Bezirk Tempelhof-Schöneberg, in denen für das neue Schuljahr nur etwa ein Dutzend Schüler angemeldet worden sind, sagte Thomas Duveneck von der Senatsbildungsverwaltung, der in der Pankower Schule ebenfalls dabei war. „Das zeigt doch, dass die Eltern genauer hinschauen, wo sie ihr Kind anmelden“, sagte SPD-Chef Michael Müller.